Julia Extra Band 0326
Leighton die engste Mitarbeiterin der damaligen Geschäftsführerin gewesen war und somit diejenige, die ihm bei dieser schwierigen Aufgabe am ehesten würde helfen können.
Etienne Gavard war ein erfolgreicher Geschäftsmann. Er kaufte Firmen auf, die vor der Pleite standen, um sie wieder in florierende Unternehmen zu verwandeln, und das war ihm bisher auch jedes Mal gelungen. Sein Privatleben hingegen war ein regelrechter Scherbenhaufen. Seit jenem Unglückstag im August vor drei Jahren, an dem seine Frau Louisa und ihr ungeborenes Kind bei einem Autounfall starben, hatte Etienne sich vollkommen seiner Firma verschrieben, um dieses Drama zu vergessen. Doch auch wenn er wie ein Besessener arbeitete, es gelang ihm einfach nicht, die Geister der Vergangenheit zu verbannen. Er gab sich nach wie vor die Schuld an diesem Unglück, und je näher Louisas Todestag rückte, desto schlechter fühlte er sich.
Etienne verdrängte die düsteren Gedanken und versuchte sich auf die schwierige Aufgabe zu konzentrieren, die er sich für die nächsten drei Monate vorgenommen hatte. Die Lage von Fieldman’s Furnishing war sehr ernst, doch mit unternehmerischem Geschick und seinem hervorragenden Gespür für Innovationen wollte Etienne es schaffen, die Firma vor der Pleite zu retten. Und je härter er dafür arbeitete, desto besser, denn harte Arbeit war für Etienne das einzig wirksame Mittel, um den Schmerz über Louisas Tod zu betäuben.
Aber er brauchte Hilfe, und zwar von Meg Leighton, denn sie kannte, laut ihrer Freundin Edie, Fieldman’s Furnishing am besten. Der einzige Haken an der Sache war, dass Meg seit über einem Jahr nicht mehr für Fieldman’s arbeitete, doch weshalb sie die Firma verlassen hatte, das hatte Edie ihm nicht sagen wollen.
Etienne ging auf das wenig einladende braune Backsteingebäude mit dem ungepflegten Vorgarten zu. Hier also wohnte die Frau, mit deren Unterstützung er sein Ziel erreichen wollte. Etienne war fest entschlossen, sie für seine Pläne zu gewinnen, denn die Existenz und Zukunft vieler Menschen standen auf dem Spiel, und er würde alles dafür tun, um diese vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes zu bewahren.
„Na, da kommt er ja“, sagte Meg zu ihrem Kater Blitz und trat vom Fenster zurück. „Und Edie hatte recht, er sieht verdammt gut aus.“ Blitz antwortete mit einem breiten Gähnen, das Meg zum Lachen brachte. „Was soll denn das schon wieder heißen, hm? Dass ein Mann wie er nichts Besonderes für uns ist, weil wir jeden Tag Besuch von gut aussehenden Franzosen bekommen?“ Sie ging in die Hocke und kraulte ihren Kater zärtlich hinterm Ohr. „Schön wär’s, nicht wahr? Na ja, mal sehen, was er von uns will.“
Was er von ihr wollte, wusste Meg im Grunde schon, denn gerade eben hatte ihre beste Freundin Edie angerufen und ihr erklärt, wer dieser Mann war: Etienne Gavard kam aus Paris und hatte Fieldman’s Furnishing gekauft, um das Unternehmen zu sanieren. Und nun hoffte er auf Megs Unterstützung, weil sie die Einzige war, die sich in der Unternehmensführung auskannte – oder zumindest ausgekannt hatte, als sie noch dort angestellt gewesen war. Zu Fieldman’s Furnishing zurückzukehren kam für Meg jedoch keinesfalls infrage, nach all dem, was sie dort erlebt hatte.
Meg dachte mit Wehmut an die Zeit zurück, in der sie mit ihrer Chefin Mary Fieldman zusammengearbeitet hatte. Mit sechzehn Jahren hatte Meg eine kaufmännische Lehre bei Fieldman’s begonnen und war im Lauf der Jahre zu Marys engster Mitarbeiterin und Vertrauter geworden. Meg hatte sich bei Fieldman’sFurnishing so wohlgefühlt, dass die Firma sozusagen zu ihrem zweiten Zuhause geworden war. Dann aber war der Moment gekommen, der alles verändert hatte, und an diesen schwarzen Tag in ihrem Leben wollte Meg nicht mehr erinnert werden.
Sie atmete tief durch und wappnete sich innerlich für das Gespräch mit Etienne Gavard. Was auch immer er von ihr wollte und ihr für ihre Hilfe bot, sie würde ihm eindeutig zu verstehen geben, dass sie keinerlei Interesse daran hatte, wieder für Fieldman’s zu arbeiten. Allein der Gedanke an die tiefe Demütigung, die sie durch Marys Sohn, Alan Fieldman, erfahren hatte, verursachte Meg regelrecht Bauchschmerzen. Nein, sie wollte nicht mehr daran denken, wie er ihr im Beisein mehrerer Kollegen den Laufpass gegeben und sie gleichzeitig fristlos entlassen hatte.
Das Läuten an der Tür brachte Meg in die Gegenwart zurück, und als sie Etienne Gavard schließlich
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