Julia Extra Band 0326
Gedanken lesen.
„Mit Ihrem Freund?“
Unbewusst rieb Maggie ihren leeren Ringfinger. „Nein …“
Rafael war die kleine Geste nicht entgangen, und er machte sich einen mentalen Vermerk für die Zukunft. Eigentlich war sie zu jung, um geschieden zu sein, doch ganz ausschließen wollte er die Möglichkeit nicht.
„Ich bin allein hier. In Ferien …“ Dumme Pute! schalt sie sich in der nächsten Sekunde. Einem völlig Fremden zu signalisieren, dass sie schutzlos im Ausland unterwegs war! „Mit Freunden“, fügte sie rasch hinzu.
„Also allein mit Freunden?“
Maggie errötete und versuchte, nicht allzu schuldbewusst auszusehen. „Auf jeden Fall nicht allein.“
Rafael lachte. „Verstehe …“ Dann schaute er bezeichnend nach rechts und links, hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. „Öffentlicher Platz … jede Menge Menschen, und ich bin absolut ungefährlich.“
Das sah Maggie ganz anders und spürte, wie sich ihre Röte vertiefte.
„Davon bin ich überzeugt“, log sie höflich.
Als ihr Handy einen Signalton abgab, zog sie es aus der Tasche und hörte eine Nachricht ab, die ihre Mum auf der Mailbox hinterlassen hatte. Dabei musterte sie gedankenverloren die ebenmäßigen Züge ihres Retters und kam zu dem Schluss, dass er wirklich eine Augenweide war.
Viele ihrer Geschlechtsgenossinnen würden sich von der demonstrativen Männlichkeit, die dieser umwerfende Spanier so überzeugend verkörperte, sicher angezogen fühlen. Nicht so Maggie Ward! Das war eher etwas für Frauen, die den Moment lebten und sich keine Gedanken über den nächsten Tag machten.
Und sie hatte sich noch nie von einer spontanen Regung mitreißen lassen …
„Schlechte Nachrichten?“, fragte Rafael, irritiert durch ihr widerstreitendes Minenspiel. Maggie schüttelte nur vage den Kopf.
Seine Gedanken überschlugen sich. Er musste unbedingt Angelina warnen und ihr die Möglichkeit geben, mit Alfonso zu reden. Zumindest das schuldete er ihr, wenn er sie schon damals daran gehindert hatte, ihrem Mann den jugendlichen Fehltritt zu gestehen.
Das Mädchen vor ihm mochte eine gewiefte Lügnerin sein, doch etwas an ihr signalisierte ihm, dass sie wenigstens momentan ziemlich verletzlich war – und das galt es auszunutzen. Allerdings musste ihm dafür in den nächsten dreißig Sekunden ein Ort einfallen, wohin er sie, ohne irgendwelche Gesetze zu brechen, entführen konnte. Wenn dabei noch ein paar heiße Küsse für ihn abfielen … umso besser.
„Einer Ihrer vielen Freunde …?“, hakte Rafael nach, und die Röte flutete in ihre Wangen zurück, als sie nickte.
„Wir treffen uns im Hotel“, behauptete sie mit einem Blick auf ihre Uhr. „Was? Schon so spät!“
Zu ihrem Leidwesen schien er den Wink nicht verstanden zu haben, sondern blieb weiter neben ihr stehen und schaute sie an. Er starrte sie an, um es genau zu sagen. Maggie fühlte sich wie auf dem Prüfstand, und damit zunehmend unbehaglicher. Vielleicht war es ja auch das ungewohnte Gefühl, von einem attraktiven Mann eine derart ungeteilte Aufmerksamkeit zu erfahren.
Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf und lachte leise auf. Sich in Selbstmitleid zu ergehen, war nämlich gar nicht ihre Art.
„Was ist so lustig?“
„Nicht lustig … eher traurig“, gestand sie offen. Hoffentlich gab er sich mit ihrer kryptischen Äußerung zufrieden.
Rafael entging weder ihr gezwungenes Lächeln noch die Tatsache, dass es den Schatten, der ihre wundervollen Augen trübte, nicht mildern konnte. Doch er durfte nicht weich werden. Seine Besorgnis hatte der Mutter zu gelten, nicht der Tochter.
Trotzdem zog die ihn wie magisch an. Seltsam, da sie absolut nicht seinem gewohnten Beuteschema entsprach. Doch zum Glück war es ihm nie besonders schwergefallen, seine Libido zu kontrollieren, sobald die Umstände es erforderten. Wenn er Angelinas Tochter anschaute, durfte er sie eben nicht als Frau sehen und an Sex denken, sondern an Business.
Und Pflicht und Kür mixte Rafael grundsätzlich nicht.
Dumm war nur, dass seine Gedanken ständig zu ihrem weichen Mund wanderten, während er sich das Hirn nach einer akzeptablen Lösung zermarterte. Sein wachsender Hunger nach dieser Frau verwirrte und beunruhigte ihn. Zumal sie nicht die madonnenhafte Schönheit ihrer Mutter besaß. Die Ähnlichkeit frappierte ihn zwar, aber sie war keineswegs Angelinas jüngere Kopie, wie er zuerst gedacht hatte.
Dem herzförmigen Gesicht fehlte es an Ebenmäßigkeit, die reizende Nase wies
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