Julia Extra Band 0327
hatte die Lippen zusammengepresst, und ihr Gesicht war verschlossen. Hoffentlich würde die Zusammenarbeit mit ihr nicht zu einem Albtraum.
„Probleme?“, fragte er gedämpft.
„Vielleicht“, erwiderte sie vorsichtig. Erleichtert stellte Luca fest, dass sie so tat, als wäre nichts zwischen ihnen passiert. Vorläufig jedenfalls. Kurz informierte sie ihn über den Stand der Dinge.
„Vielleicht ist ja gar nichts weiter, aber …“ Isabelle zuckte die Schultern.
Luca war klug genug, um die Besorgnis einer erfahrenen Hebamme nicht zu ignorieren. Er nickte knapp. „Gib mir eine Minute. Ich muss nur schnell was notieren, dann bin ich gleich bei euch.“
Isabelle ging zu Julie zurück, und wenige Augenblicke später kam auch Luca. Er rieb sich Gel über die Hände und lächelte die Patientin an.
„Hallo, Mrs. Marchant, ich bin Luca. Wie geht es Ihnen?“, fragte er. Während sie antwortete und er weitere Fragen stellte, blickte er prüfend auf den Wehenschreiber. Gleichzeitig beobachtete er auch Julie genau.
Schließlich meinte er: „Isabelle, könnten wir kurz mal die Eintragungen durchgehen?“
Sie gab ihm die Patientenakte, zeigte ihm das Kurvenblatt und äußerte ihre Bedenken, ohne Julie unnötig zu beunruhigen. Allerdings war der Zustand des Babys nicht allzu alarmierend, und Isabelle fürchtete, Luca würde glauben, dass sie überreagierte.
„Die nächste Wehe“, sagte sie.
Sofort wandte er sich wieder der Patientin zu. Mit einem Lächeln, bei dem jede Frau dahingeschmolzen wäre, meinte er: „Sie gestatten?“ Dann legte er die Hände auf ihren Unterleib. Er spreizte die Finger über dem Köpfchen des Kindes, um dessen Position zu ertasten. Solange die Wehe andauerte, schaute er auf den Wehenschreiber. Dieses Mal fiel die Herzfrequenz des Babys stärker ab als vorher. Sie hatte es sich also nicht eingebildet, sondern es gab tatsächlich ein Problem.
„Hm.“ Nachdenklich sah Luca sie an. „Der Muttermund ist vollständig geöffnet?“
„Ja, und sie hat seit vier Stunden kräftige Wehen.“ Das Köpfchen sollte also eigentlich tiefer liegen, als ob irgendetwas die Senkung behinderte. Die Nabelschnur?
Luca schaute zu Julie. „Sieht aus, als ob Ihr Baby ein kleiner Akrobat wäre. Es könnte sein, dass sich die Nabelschnur etwas verheddert hat. In dem Fall müssen wir ihm helfen. Das bedeutet leider einen Kaiserschnitt. Aber Sie haben ja schon eine Periduralanästhesie und sind daher gut vorbereitet. Wir bringen Sie gleich nach oben, weil gerade ein OP-Raum frei ist. Machen Sie sich keine Sorgen. Wir kriegen das schon hin. Isabelle, könntest du Mrs. Marchant zum OP begleiten?“
„Klar. Ich muss nur schnell meine anderen Patienten an Sarah übergeben.“
Innerhalb kürzester Zeit lag Julie mit Tüchern abgedeckt auf dem OP-Tisch.
„Okay. Zeit, Ihr Baby zu begrüßen“, sagte Luca, sobald er aus dem Waschraum kam. Isabelle war gerade rechtzeitig da, um mitzubekommen, wie er den schnellsten Kaiserschnitt durchführte, den sie je gesehen hatte.
„Gute Entscheidung“, meinte er leise zu ihr. Rasch klemmte er die Nabelschnur ab, die sich ein paar Mal um den Hals des Kindes gewickelt hatte, und schnitt sie durch. Dann hob er das winzige Mädchen heraus und übergab es sofort dem wartenden Team von der Neugeborenenstation.
Isabelle freute sich über das Lob, vergaß es jedoch gleich wieder, denn das Baby gab keinen Laut von sich. In dem sonst so geräuschvollen OP hätte man eine Stecknadel fallen hören können.
„Sie haben eine wunderhübsche kleine Tochter“, sagte Luca mit ruhiger Stimme und lächelte. „Gut gemacht.“
Julie packte Isabelles Hand. „Kann ich sie sehen?“
„Noch nicht.“ Beruhigend drückte Isabelle ihr die Hand. „Sie müssen erst ihre Atemwege freimachen.“
Luca war zwar noch beschäftigt, aber sie merkte, dass er genau wie alle anderen angespannt auf ein Lebenszeichen wartete.
„Warum dauert das so lang?“ Julie traten Tränen in die Augen. „Wieso schreit sie nicht?“
„Das kommt Ihnen nur so lange vor“, erwiderte Luca beschwichtigend. Doch sein Blick ging immer wieder zur Uhr. Eine Minute, zwei …
Alle Anwesenden hielten den Atem an. Und dann, als sie schon fast die Hoffnung aufgegeben hatten, hörte man ein leises Wimmern. Danach ein tiefer Atemzug, gefolgt von lautem Protestgeschrei. Alle lachten zutiefst erleichtert, und endlich durfte Julie ihr Töchterchen in die Arme schließen.
„Gute Arbeit, Dr. Valtieri“, meinte Isabelle
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