Julia Extra Band 0332
Stock.
Adam trug die Tasche mit Nancie nach oben. „Weshalb mussten wir so überstürzt den Rückzug antreten?“, erkundigte er sich atemlos.
„Der Anblick von Adam Wavell ohne Hose in meiner Küche wäre der Höhepunkt des Weihnachtsworkshops, über den bestimmt alle Teilnehmerinnen zu Hause berichten würden. Möchtest du darüber in den Klatschspalten lesen?“
„Würde ich das denn?“ Er zog genau so, wie er es früher immer getan hatte, die Brauen hoch.
„Du kannst jede Wette eingehen, dass mindestens eine von ihnen auf die glorreiche Idee käme, du plus ein Baby plus ich ergäbe eine Geschichte, die sich für gutes Geld an die Regenbogenpresse verkaufen ließe.“
„Verstehe. Und was machen wir jetzt?“, fragte er, vom Ernst der Lage offensichtlich überzeugt. „Verstecken wir uns hier oben an der Treppe, bis alle weg sind?“
„Nein, wir gehen in mein Bad, wo ich deine Wunden verarzte“, erwiderte sie und ging ihm in einen langen Flur voraus. „Hoffentlich wacht Nancie nicht auf und fängt zu weinen an.“
Wie aufs Stichwort öffnete die Kleine die Augen und gab einen leisen Klagelaut von sich. May drückte Adam rasch den Erste-Hilfe-Kasten in die Hand und nahm das Baby auf den Arm.
„Ruhig, meine Süße, ganz ruhig“, flüsterte sie beschwichtigend und eilte in ihr Apartment.
Früher war es die Wohnung für das Kindermädchen gewesen, bestehend aus Schlafzimmer, kleiner Küche und Bad. Das ehemalige Kinderzimmer hatte May als großes, helles Wohnzimmer eingerichtet. Seit sie Kurse anbot und bei mehrtägigen Seminaren Übernachtungsgäste im Haus hatte, war sie für ihr kleines Reich, in dem sie ungestört blieb, besonders dankbar.
„Mach bitte die Tür zu“, forderte sie Adam auf, nachdem sie das Zimmer betreten hatten. „Sobald die Damen im Wintergarten sind und sich bei einer Tasse Kaffee unterhalten, hören sie uns nicht einmal, wenn Nancie sich die Seele aus dem Leib schreit.“
Obwohl sie sich mit Kindern nicht auskannte, befürchtete sie, dass die Ruhe nicht lang anhalten würde.
„Das Bad ist dort“, informierte sie Adam und zeigte auf die entsprechende Tür. „Wasch du dir zuerst die Hände, dann trage ich das Desinfektionsmittel auf. Du willst ja sicher nicht zu viel Zeit hier verlieren.“
„Was ist mit dir und deinen Blessuren?“
„Die können warten.“
„Oh nein! Wer weiß, was in dem Matsch für Keime lauern.“ Ohne zu fragen nahm er sie bei der Hand und führte sie ins Bad. „Bist du gegen Tetanus geimpft?“
„Ja, sicher. Und wie steht es mit dir, Adam?“
„Ja. Mein PA sorgt dafür, dass ich meine medizinische Vorsorge nicht vernachlässige“, antwortete er und drehte den Wasserhahn auf.
„Aha, sie ist wohl sehr tüchtig“, vermutete May und hatte sofort das Bild einer großen, schlanken, eleganten Frau in Designerkostüm und High Heels vor dem inneren Auge.
„Er ist sehr tüchtig“, berichtigte Adam sie und testete die Wassertemperatur. „Ist das zu heiß?“
Sie hielt die Finger in den Wasserstrahl. „Nein, perfekt. Ist es üblich, einen Mann als persönlichen Assistenten zu haben?“
„Noch nicht, aber in meiner Firma wird Gleichberechtigung großgeschrieben. Jake war der Beste von allen Kandidaten und Kandidatinnen, und er ist wirklich erschreckend effizient. Warte“, sagte er, als sie nach der Seife griff. „Mit einer Hand kann man sich nur schwer die Finger waschen.“
May dachte, er würde ihr Nancie abnehmen, aber er rollte sich die Hemdärmel bis zu den Ellbogen auf.
„Nein, nicht“, wehrte sie ab, als ihr klar wurde, was er vorhatte.
Er achtete nicht darauf, sondern stellte sich hinter sie und griff rechts und links an ihr vorbei. Dann seifte er sanft ihre zerkratzten Finger ein und wusch diese zugleich gründlich und behutsam.
Da sie das Baby im Arm hielt, blieb ihr nichts anderes übrig, als stillzuhalten.
„Das letzte Mal, als mir jemand die Hände gewaschen hat, war ich sechs Jahre alt“, bemerkte sie nervös und versuchte, sich von der sanften, sinnlichen Berührung seiner schlanken, kräftigen Finger nicht verzaubern zu lassen.
Oder von der Wärme, die von ihm ausging, während er so dicht hinter ihr stand, das Kinn auf ihre Schulter gestützt, seine Wange an ihrer.
Es war beinah wie eine Umarmung, und ihr Herz pochte wild.
„Bist du von deinem Pony gefallen?“, fragte Adam.
„Nein, vom Fahrrad. Ich hatte nie ein Pony.“
Damals hatte Robbie sie verarztet und getröstet. In der Küche hatte es nach
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