Julia Extra Band 0339
die letzten drei Tage allein mitten im Busch. Erwähnt hatte sie zwar nichts, aber wahrscheinlich dachte sie sich ihren Teil.
Schulterzuckend machte sie sich daran, Wimperntusche und Lippenstift aufzutragen.
Eine Viertelstunde später kam Brett sie abholen. Er war im Smoking, und sein Anblick raubte ihr einen Moment lang den Atem.
Bewundernd musterte er sie von Kopf bis Fuß. „Du siehst bezaubernd aus.“
„Du auch“, erwiderte sie und grinste.
Er zog die Brauen hoch.
„Distinguiert und gefährlich, wenn dir das lieber ist.“
„Wieso gefährlich?“
„Gefährlich attraktiv. Habe ich dir bei dem Kostümfest nicht gesagt, wie aufregend ich dich als Spanier fand?“
Brett schmunzelte. „Nein, damals hast du mir nur Geschichten von Kamelen, orientalischen Herrschern und mexikanischen bandidos vorgeflunkert.“
„Die waren nicht geflunkert!“, entgegnete sie entrüstet, doch dann lachte sie. Das harmlose Geplänkel nahm ihr etwas von ihrer Nervosität.
„Sue erwartet uns in ihrer Suite zu einem kleinen Cocktail-Empfang“, informierte er sie, während sie auf den Fahrstuhl warteten. „Du hast also Gelegenheit, vor dem Ball meine Familie kennenzulernen. Übrigens …“, er machte eine Pause, „… meine ehemalige Verlobte ist auch anwesend.“
Holly blieb stehen, und Brett drehte sich zu ihr. „Zwischen ihr und mir ist schon lange nichts mehr, Natascha ist nicht meinetwegen hier. Sie ist Arianes Freundin und außerdem die Veranstaltungsleiterin.“
Neun Monate sind keine Ewigkeit, dachte sie. Ihre aufkeimende Vorfreude war verflogen.
Etwas davon kam in Sues Suite wieder zurück. Zu ihrer großen Überraschung war sie der Star des Abends – Bretts geheimnisvolle Gefährtin, die eine Bruchlandung und drei Tage im Busch mit ihm überlebt hatte. Jeder war ihr gegenüber freundlich und zuvorkommend, auch Natascha Hewson.
Holly musterte sie aus den Augenwinkeln. In dem rosafarbenen Abendkleid sah seine Exverlobte noch umwerfender aus, als sie sie in Erinnerung hatte. Sie war in Begleitung eines gut aussehenden Mannes, dem ihre ganze Aufmerksamkeit galt, zumindest hatte es den Anschein. Von einer unterschwelligen Strömung zwischen ihr und Brett war jedenfalls nichts zu spüren. Ein Stein fiel ihr vom Herzen, und sie begann, den Abend zu genießen.
Vom Ballsaal des Hotels hatte man eine traumhafte Aussicht auf die Bucht, den Ozean und den sternklaren Nachthimmel. Das Abendessen stand unter dem Motto „reef and beef“ und bot eine Auswahl köstlicher Meeresfrüchte und erstklassiger Steaks. Serviert wurde es an Tischen, die mit wunderschönen Orchideen geschmückt waren, verspeist von kultivierten Herren in Schwarz und Damen in Designerroben in den verschiedensten Farbtönen, Stoffen und Stilarten. Plissiert, drapiert oder gerafft, hauteng oder ausladend, vom zartesten Pastell bis zum kräftigsten Rot oder Blau oder Violett – nichts fehlte. In diesem Meer von Farben und Formen gab es nur ein einziges schlichtes Kleid in Schwarz …
Nach dem Essen wurde getanzt, und Brett führte Holly auf die blank polierte Tanzfläche.
„Du hast es wieder mal geschafft“, meinte er lächelnd, als er den Arm um ihre Taille legte.
„Was habe ich geschafft?“
„Die versammelte Damenwelt in den Schatten zu stellen. Genau wie damals auf dem Maskenball.“
Holly schüttelte den Kopf. „O nein!
„O ja!“ Er zog sie ein wenig enger. „Sind Sie im Tanzen ebenso bewandert wie in allen anderen Dingen, Miss Golightly?“
„Zumindest mehr als im Reiten, Monsieur.“
Er lachte und küsste sie auf den Scheitel, bevor er eine schwungvolle Drehung mit ihr vollführte.
Beiden entging, dass Natascha sie nicht aus den Augen ließ.
Ein Weilchen tanzten sie, ohne zu sprechen. Wie gut wir uns ergänzen, dachte sie benommen, in jedem Schritt, jeder Drehung. Es ist, als wären wir füreinander geschaffen.
Sie sah zu ihm auf und erschauerte: Sein Blick sagte ihr, dass sie an das Gleiche dachten – die gemeinsame Nacht an der Lagune. Ihr war, als könne sie seine Hände auf ihrer nackten Haut spüren; das Gewicht seines Körpers auf ihrem; seine Lippen auf ihrem Mund …
Die Musik endete. Sie blieben stehen und sahen sich an. „Hast du darüber nachgedacht, ob du mich heiraten wirst, Holly?“
„Ich …“ Sie holte tief Luft. „Jetzt ist weder der Ort noch der Zeitpunkt, um darüber zu reden, Brett.“
„Nun, das lässt sich ändern.“ Er nahm sie bei der Hand und führte sie aus dem Saal in den Garten,
Weitere Kostenlose Bücher