Julia Extra Band 0339
freudestrahlend, „mein Daddy kommt auch mit zum Einkaufen!“
Als die beiden ins Wohnzimmer kamen, wurde Nate sich augenblicklich seiner mangelhaften Qualitäten als Hausmann bewusst. Verärgert, weil sie es nun schon zum zweiten Mal geschafft hatte, ihm seine Schwächen vor Augen zu führen, widerstand er der Versuchung, ein Paar herumliegende Socken mit dem Fuß unter die Couch zu stoßen.
Es musste an ihrem Beruf liegen, dass er das Gefühl hatte, als würde sie jedes Detail in diesem Raum wahrnehmen und insgeheim benoten. Die zerknüllte Zeitung auf dem Couchtisch. Die dünne Staubschicht, die über allem lag. Die ungefaltete Wäsche, die aus einem Korb quoll, der gefährlich schief auf der Sofalehne stand.
Vor dem offenen Kamin, wo Ace am liebsten spielte, lagen hart gewordene Klumpen Knetmasse, ein grüner Plüschhund, dem die Hälfte seiner Füllung fehlte, und eine traurige Ansammlung nackter Puppen.
Als wäre es ihm völlig egal, was Morgan McGuire von seiner Haushaltsführung hielt, schob Nate die Hände in die Taschen seiner Jeans und lehnte sich lässig gegen den Türrahmen.
„Nett, dass Sie uns begleiten wollen“, sagte sie und wurde tatsächlich rot dabei. „Ich habe mir überlegt, dass wir am besten ins Einkaufszentrum nach Greenville fahren.“ Verlegen wich sie seinem Blick aus und klimperte nervös mit ihren Autoschlüsseln.
Nate fragte sich, warum es ihm so gefiel, dass er sie verunsichern konnte. Und wie konnte er gleichzeitig erfreut und verärgert über ihren Vorschlag sein? Ein Trip nach Greenville war ein ganzer Tagesausflug!
„Eigentlich dachte ich, dass wir zu Finnegan’s fahren.“
„Zu Finnegan’s …?“ Sie sah ihn an, als wäre er ein Fischverkäufer, der ihr einen besonders übel riechendes Exemplar seiner Ware aufschwatzen wollte. „Da gibt es ja nicht gerade viel Auswahl.“
„Aber die Fahrt bis Greenville dauert mindestens eineinhalb Stunden“, hielt Nate ihr vor Augen.
Wenn sie dort ankämen, würden sie irgendwo zu Mittag essen müssen, noch bevor sie mit dem Einkaufen angefangen hatten, was wiederum bedeutete, dass er sich die Autoausstellung abschminken konnte. Und überhaupt! Ein Lunch mit der Lehrerin seiner Tochter? Seit Cindys Tod lief sein Leben nach einem beruhigend gleichförmigen Schema ab, und nun schien es von Minute zu Minute komplizierter zu werden.
„Es ist das am nächsten gelegene Einkaufszentrum.“ Morgans Tonfall war ausgesprochen sachlich, doch Nate erahnte dahinter eine Sturheit, die vermutlich ohne Weiteres mit seiner mithalten konnte.
„Können wir dann auch in die Schneehöhle gehen?“, erkundigte Ace sich mit begehrlich leuchtenden Augen. „Dort hat Brenda Weston ihren neuen Wintermantel her. Er ist am Kragen und an den Ärmeln mit weißem Pelz besetzt!“
Nate warf seiner Tochter einen erstaunten Blick zu. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass sie überhaupt den Namen eines Geschäftes in Greenville kannte. Geschweige denn, dass sie für pelzbesetzte Mäntel schwärmte.
Was soll’s, sagte er sich. Bring es einfach hinter dich, und bete, dass dieser Tag möglichst schnell zu Ende geht.
Und das war vermutlich das erste Mal seit zweihundert Jahren, dass ein Hathoway sich so gut wie kampflos ergab.
„Wir nehmen meinen Wagen“, entschied Nate, kaum dass er Morgan McGuires winziges Auto gesehen hatte.
Um auf dem Rücksitz Platz zu finden, hätte er ein Schlangenmensch sein müssen, und wenn er vorn saß, würden sich ihre Schultern berühren. Den ganzen Weg bis nach Greenville!
Was genau ihn an dieser Frau so beunruhigte, hätte Nate nicht einmal sagen können, doch er spürte deutlich, dass da etwas war, das schleichend seine Schutzmechanismen unterminierte. Etwas, das ihn dazu brachte, sich alle möglichen unsinnigen Fragen zu stellen. Zum Beispiel, ob jener Teil von ihm, den er als für immer zerstört betrachtet hatte, vielleicht doch noch irgendwie zu retten war.
Möglicherweise war es auch der Beginn einer tückischen Geisteskrankheit, denn warum sollte jemand, der auch nur halbwegs bei Verstand war, den Wunsch haben, etwas zu retten, das so unerträglich wehtun konnte?
Ich wünschte, du wüsstest, wie es ist, sich zu verlieben, Hath.
Hör auf damit, Cin. Ich liebe dich.
Ich weiß, aber das ist es nicht, was ich meine. Ich meine das Gefühl, so hin und weg zu sein, dass einem der Atem wegbleibt und man keinen klaren Gedanken mehr fassen kann.
Cindy war das Mädchen seines besten Freundes gewesen. Als David dann in
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