Julia Extra Band 0339
nicht, ob Adan sie dort noch haben wollte. Schließlich schlief sie ein, zusammengerollt auf dem Sofa.
Als Isabella wieder aufwachte, kam das einzige Licht vom Fernseher. Gähnend setzte sie sich auf – und zuckte zusammen, als sie bemerkte, dass Adan ihr gegenübersaß und sie betrachtete.
Sie beschloss, das unvermeidliche Thema anzusprechen. „Du hast mit meinem Vater gesprochen und weißt jetzt Bescheid.“
„Ja. Wie geht es dir, Isabella?“
Seine Frage machte sie wütend. Er braucht keine Angst zu haben, dass ich verrückt bin oder mit Samthandschuhen angefasst werden muss, dachte sie. „Gut, abgesehen davon, dass ich mich am liebsten verstecken würde, damit mich die Aliens nicht finden.“
Adan lächelte. „Ist dir irgendetwas wieder eingefallen, als dein Vater mit dir gesprochen hat?“
Isabella verschränkte die Arme vor der Brust. „Nein. Ich bin in die Wüste gegangen, und als ich wieder aufwachte, klaffte da, wo du und Rafik sein sollten, nur ein großes, fettes Nichts.“
Plötzlich fühlte sie sich zutiefst erschöpft, zog die Knie an die Brust und umschlang sie mit den Armen. „Es ist beängstigend, wenn andere einem Dinge erzählen, die man erlebt hat, aber nicht mehr weiß.“
Adan wies mit dem Kinn auf die Tür des Kinderzimmers. „Wie ging es ihm heute, ohne Kalila?“
Offenbar wollte er nicht über das heikle Thema sprechen. Isabella schob sich eine Locke hinters Ohr und erwiderte: „Er war ein bisschen unruhig und hat nach ihr gefragt. Also habe ich ihm erzählt, dass sie krank ist und weggefahren ist, um wieder gesund zu werden.“
„Hältst du das für klug?“
„Ja“, erwiderte Isabella nachdrücklich. „Rafik kann das zwar noch nicht ganz begreifen, aber deswegen braucht man ihn doch nicht anzulügen. Als ich fünf Jahre alt war, ist mein Hund gestorben. Meine Eltern …“ Sie unterbrach sich, schüttelte den Kopf und fuhr dann fort: „Meine Eltern sagten mir damals, er sei weggelaufen. Natürlich habe ich jahrelang gehofft, er würde wiederkommen. Und ich habe mich gefragt, ob ich vielleicht Schuld hatte, dass er weggelaufen war.“
Mitfühlend sah Adan sie an. Es gefiel ihr gar nicht, dass er plötzlich so übervorsichtig mit ihr umging, obwohl er sie wenige Stunden zuvor noch als gleichberechtigt behandelt hatte. Bestimmt würde er von nun an ständig befürchten, dass sie erneut durchdrehte.
„Ja, dann war es wohl richtig, Rafik die Wahrheit zu sagen.“
„Was wird jetzt passieren, Adan?“, fragte Isabella, die nicht um den heißen Brei herumreden wollte.
Er stand auf. „Es ist schon spät, wir sollten lieber schlafen gehen.“
Isabella war enttäuscht, denn sie hatte gehofft, dass er mehr sagen würde: was nun passieren sollte, was er über die Neuigkeiten von ihrem Vater dachte.
„Ich habe Anweisung gegeben, dass du ein Zimmer direkt gegenüber von Rafiks bekommst“, fügte Adan hinzu.
Er wollte also nicht einmal mehr mit ihr das Schlafzimmer teilen. „Toll, danke“, brachte sie mühsam heraus.
Er hielt ihr die Tür auf. „Schlaf jetzt, Isabella. Wir unterhalten uns dann morgen früh weiter.“
Isabella stand auf. Am liebsten hätte sie die Hand nach Adan ausgestreckt und ihn berührt. Doch weil er offenbar auf Distanz zu seiner verrückten Ehefrau gehen wollte, beherrschte sie sich mit aller Macht. „Gute Nacht, Adan“, sagte sie und ging in ihr Zimmer.
Adan lag allein in seinem großen Bett und sehnte sich nach Isabella. Sie hatte so erschöpft und zerbrechlich gewirkt, dass er sie am liebsten die ganze Nacht in den Armen gehalten hätte. Doch er hatte befürchtet, nicht die Finger von ihr lassen zu können.
Sie hatte an diesem Tag so einiges verarbeiten müssen. Und er auch.
Adan war noch immer so wütend auf Hassan Maro, dass dieser sich glücklich schätzen konnte, nicht im dunkelsten Verlies von Port Jahfar zu sitzen. Nach dem Gespräch mit Maro hatte Adan sich Einblick in Isabellas Krankenakte verschafft und sie dem Arzt vorgelegt, der Isabella bei ihrer Ankunft in Jahfar untersucht hatte. Der Mann hatte sich alles sorgfältig angesehen und dann die Ergebnisse bestätigt.
Isabella hatte unter einer postnatalen Depression gelitten, war in der Wüste fast gestorben und verdrängte bestimmte Erinnerungen. Das war ihre Art, mit den Gefühlen umzugehen, die sie überhaupt erst in die Wüste getrieben hatten.
Adan schlug mit der Faust in sein Kissen. Dann versuchte er, sich an den Anfang seiner Ehe zu erinnern. Er hatte Isabella die
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