Julia Extra Band 0342
erwartete, nur weil sie ihn danach fragte?
„Ich … sollte gehen“, sagte sie und stand auf. „Ich will nicht, dass du zu spät kommst.“
Und ich will nicht vor dir weinen. Ich will nicht, dass du weißt, wie sehr ich mir gewünscht habe, etwas anderes von dir zu hören. Dass du dich gestern falsch verhalten hast. Dass du deine Meinung geändert hast.
Sie kam bis zur Balkontür und wollte gerade eintreten, als er noch etwas sagte.
„Es ist nicht so, dass ich nicht das will, was jeder andere hat, Molly. Oder nicht gerne ein Vater wäre, vor allem für mein eigenes Kind. Es ist nur so, dass ich es nicht kann.“
Molly verharrte und drehte sich wieder zu ihm um. „Das ist verrückt. Du musst es doch nur versuchen.“
„Das habe ich. Und dabei habe ich kläglich versagt.“ Er seufzte. „Ich habe die einzige Person im Stich gelassen, auf die ich hätte achtgeben sollen.“
„Wer war das?“
Er wandte sich wieder der Wüste zu und blieb so lange stumm, bis Molly sich sicher war, dass er ihr nicht antworten würde. Sie trat auf die Terrasse hinaus, blieb hinter Linc stehen und legte eine Hand auf seine Schulter.
„Wer?“, fragte sie noch einmal.
„Mein Bruder.“
„Marcus.“
Er nickte, dann atmete er tief aus. „Ich habe versprochen, mich um ihn zu kümmern. Für ihn da zu sein. Und das habe ich gebrochen.“
Linc drehte sich in Mollys Richtung. In seinen Augen sah sie Schmerz, Trauer, Bedauern.
„Ich war nicht da für ihn, als er mich gebraucht hat. Und deshalb kann ich nicht versprechen, für irgendjemanden da zu sein.“
„Linc …“
„Nein, Molly. Nicht.“ Er hob eine Hand. „Wenn du Geld brauchst, ein Haus, ein Auto, was auch immer, kann ich es dir besorgen. Bitte mich nur nicht, mit dir dieses Kind großzuziehen.“
Schmerz und Enttäuschung machten sich in ihr breit. Sie hätte es besser wissen sollen, als zu versuchen, ihn umzustimmen. Hatte er nicht von Anfang an klargemacht, dass er kein Familienmensch war?
„Nach Las Vegas bin ich nur gekommen, um dich kennenzulernen. Für den Fall, dass das Baby mal irgendetwas über dich wissen will. Nur genügend Informationen, um ein paar Seiten in diesem Buch auszufüllen und dann …“
Sie zwang sich dazu, weiterzureden. „Ich gehe zurück nach San Diego und zieh das Baby alleine groß. Ich erwarte nicht, dass du mich heiratest oder dich sonst wie beteiligst.“
„Du willst nicht, dass ich am Leben des Babys teilhabe? Oder an deinem?“
„Ich erwarte es nicht von dir“, wiederholte sie. Erwarten und wollen waren zwei Paar Schuhe. Und wenn sie zugab, dass sie tief in ihrem Innersten gehofft hatte, er würde ein Teil ihres Lebens werden, würde sie anfangen zu weinen.
Ihr Unterbewusstsein, ihr dummes Unterbewusstsein, schien sich von dieser Weihnachtskarten-Idylle einfach nicht trennen zu können. Sie, Linc, das Baby vor einem Weihnachtsbaum. Ein fröhliches Bild voller Hoffnung.
Lächerlich! Warum konnte sie das nicht hinter sich lassen und der Wahrheit ins Angesicht sehen?
„Ich will dich nicht verletzen, Molly. Das musst du mir glauben.“
„Ich bin es nicht, den du damit verletzt. Du bist es. Und dein Baby. Ob es dir gefällt oder nicht: Dieses Baby wird in sieben Monaten auf der Welt sein. Und du wirst etwas ziemlich Großartiges verpassen, wenn es ankommt.“
Sie drehte sich um, kam dann noch einmal einen Schritt zurück.
„Weißt du, der Mann, den ich vor zwei Monaten getroffen habe, den hätte ich …“
Sie unterbrach ihren Satz. Sie weigerte sich, verletzbar zu sein. Wieder in diese Falle zu treten. Hatte sie ihre Lektion nicht mit Doug gelernt? Ihre Träume zu teilen hatte nur dazu geführt, dass sie ihr verwehrt worden waren.
„Die Art von Mann, die ein solches Risiko eingegangen wäre. Der sich nicht von seiner Angst eines der tollsten Geschenke nehmen lassen würde, die das Leben bereithält.“
Er seufzte. „Du weißt, dass ich mich dir und dem Kind gegenüber verantwortlich zeige. Darüber musst du dir keine Gedanken machen.“
Sie schüttelte den Kopf.
„Ich will nicht dein Geld, Linc. Um Geld ging es mir nie.“
„Ich kann mich nicht in der Vorstadt in einem kleinen Haus mit Gartenzaun niederlassen. Diese Art von Mann bin ich nicht.“
„Eines Tages wird dieses Baby – unser Kind – älter werden und mich fragen …“
Sie holte tief Luft, denn die nächsten Worte schmerzten bereits, bevor sie ihre Kehle verließen: „Wo ist mein Daddy? Warum ist er nicht da? Wollte er mich nicht
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