Julia Extra Band 0347
als sie. Natürlich, schließlich hatte der Mann Geld und Verbindungen. Aber der heutige Abend gehörte auch Sacha, es ging nicht um das Wiedersehen zwischen Mutter und Tochter.
„Ivy, Liebes, führe Jordan doch herum, damit er sich alle Bilder ansehen kann“, meinte Sacha schließlich.
„Ich werde mein Bestes tun, Sacha“, erwiderte Ivy und ließ sich von Jordan in den nächsten Ausstellungsraum steuern.
„Sacha? Nicht Mum?“, fragte er, sobald sie außer Hörweite waren.
Ivy zuckte mit den Schultern. „Sie zieht es vor, und mir macht es nichts aus. Wie eine richtige Mutter war sie nie für mich. Mein Vater hat mich großgezogen. Auch das war ihre Wahl.“
„Trotzdem sind Sie heute Abend für sie hergekommen.“
„Sie kam auch immer zu Anlässen, die wichtig für mich waren.“
„Zum Beispiel?“
„Schulaufführungen, Examensfeiern … wann immer mir daran lag, dass beide Elternteile anwesend waren.“
„Werden Sie übers Wochenende bleiben?“
„Nein, ich fahre lieber nach Hause.“
„Und wo ist das?“
„Ungefähr hundert Kilometer von hier.“ Sie hatte nicht vor, ihm ihre Adresse zu verraten. Auf der Website war die zwar angegeben, aber Ivy würde ihn nicht mit der Nase darauf stoßen.
„Das ist eine ziemliche Entfernung, mitten in der Nacht.“
„Es wird nicht spät werden, in ungefähr zwei Stunden ist die Sache hier erledigt.“ Sie schaute ihn spöttisch an. „Haben Sie eine Broschüre? Dann können wir uns die Bilder ansehen. Mich haben Sie ja weggezerrt, bevor Henry mir eine überlassen konnte.“
„Ja.“ Er zog das Heftchen hervor und reichte es ihr.
Ivy blätterte und suchte nach der Zahl des Bildes, vor dem sie gerade standen. „Ah, hier. ‚Hof in der Nachmittagssonne‘. Gefällt es Ihnen?“
Mit vor der Brust verschränkten Armen studierte er das Gemälde. „Hübsch, aber mir ist es ein wenig zu bonbonfarben.“
Insgeheim gab Ivy ihm recht, aber das Bild trug bereits einen roten Punkt, war also schon verkauft. „Kommen Sie, finden wir etwas, das Ihnen mehr zusagt.“
„Oh, das habe ich schon.“
Seine leise gesprochenen Worte ließen keinen Zweifel aufkommen, worauf er sich bezog. Ivy wandte ihm das Gesicht zu und begegnete seinem Blick. Es war wie eine Flut sinnlicher Versprechen der ursprünglichsten Art – für Ivy eine neue und äußerst verwirrende Erfahrung. Sie mochte den Mann ja nicht einmal – oder?
„Sie vergeuden nur Ihre Zeit, wenn Sie mit mir flirten.“
„Und trotzdem tue ich nichts lieber.“ Er lächelte, so als würde ihre Abfuhr ihn erheitern. „Sagen Sie, wenn ich ein oder zwei Bilder kaufe … gehen Sie dann mit mir essen?“
Hätte sie nicht diese halsbrecherischen Absätze getragen, würde sie wütend mit dem Fuß aufstampfen. So jedoch musste sie sich damit begnügen, Jordan hochmütig anzusehen. „Das ist wohl das Beleidigendste, was man je zu mir gesagt hat!“
Er stutzte bei ihrem Ausbruch, dann runzelte er die Stirn. „Ich dachte, Sie würden sich freuen, Ihrer Mutter einen Gefallen tun zu können.“
„Hätte meine Mutter nicht mehr als genug Talent, um Käufer anzuziehen, würde Henry ihre Bilder nicht in seiner Galerie ausstellen“, ereiferte Ivy sich. „Ihr Erfolg hängt nicht davon ab, dass ich mich selbst verkaufe.“ Stolz hob sie ihr Kinn. Jordan Powell schien zu glauben, jeder sei käuflich.
Zerknirscht verzog er das Gesicht. „Ich meinte doch nicht …“
„Oh doch, das meinten Sie“, schnitt sie ihm das Wort ab. „Sie bilden sich ein, Sie brauchen nur Ihre kleinen Gefälligkeiten zu verteilen, und schon liegt Ihnen jede Frau zu Füßen.“
„Nun, ‚klein‘ würde ich sie nicht nennen“, erwiderte er ironisch.
Vielleicht hatte er seinen Kommentar nicht doppeldeutig gemeint, dennoch brannten Ivys Wangen. „Mir ist gleich, wie groß sie sind! Warum gehen Sie nicht besser wieder zu Ihrer Mutter zurück? Ich passe nicht in Ihre Kreise. Und werde es auch nie!“
Sie erwartete, dass er sich jetzt umdrehen und gehen würde. Das wäre das Vernünftigste, vor allem, da sie gegen den eigenen Drang kämpfte anzunehmen, was er ihr bot, nur um zu sehen, wie es war … um es einmal zu erleben …
Aber das würde nur ein schlimmes Ende nehmen. Er würde sie ausrangieren, so wie er es mit allen anderen getan hatte.
Jordan befand sich in einer vollkommen ungewohnten Lage und musste eine Entscheidung treffen. Bisher hatte noch keine Frau ihm einen Korb gegeben oder ihn je so negativ charakterisiert.
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