Julia Extra Band 0347
du auf Prinzipien?“, fragte Georgie. „Ich verstehe nicht, wieso sich etwas ändern muss.“
„Weil alles anders ist.“
„Es dauerte nur wenige Wochen“, hob sie dennoch zu ihrer Erklärung an. Die Worte sprudelten aus ihr heraus, denn solange er sie nicht unterbrach, würde sie weiterreden. „Ich war neunzehn. Zu Hause war es die Hölle. Ich verlor meinen Job, als ich einen Rückfall erlitt. Ich dachte, er wäre nett.“
„Du heiratest einen Mann, weil du ihn für nett hältst?“
„Es gibt schlimmere Gründe für eine Heirat. Er war älter als ich, er schien solide. Doch dann entpuppte er sich als Trinker, genau wie mein Vater. Und mir wurde klar, dass ich vom Regen in die Traufe gekommen war.“
„Meinst du jetzt, das macht es besser? Du hast alles weggeworfen für einen verlebten Trinker.“
„Ich weiß, hier sieht man das anders, aber in London …“
„Ich bin der Prinzregent.“
„Nicht in London.“
Frustriert fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht. Er beschützte sie vor sich selbst. Er musste an seine Mutter denken, die ständig beim Telefon saß, um keinen Anruf zu verpassen. Stellte sich vor, wie es sein musste, verheiratet zu sein und den Mann nie zu sehen. Kinder zu haben, an deren Leben man nicht teilnehmen konnte. Nein, das würde er Georgie nicht antun. Und deshalb befolgte er den Rat seines Bruders, sagte Worte, die nicht missverstanden werden konnten.
„Ich bin der Prinzregent“, wiederholte er. Er schluckte, bevor er fortfuhr, doch Georgie sah es nicht. „Ich muss mich nicht mit gebrauchter Ware zufriedengeben.“
Hätte Georgie nicht Azizah auf dem Arm gehalten … sie hätte ihn voller Wut geohrfeigt. Doch so drückte sie den warmen Körper des schlafenden Babys an sich, während sich Eiseskälte in ihr ausbreitete.
„Die Braut, die für mich ausgewählt wird, weiß, was von ihr erwartet wird. Man wird sie nicht vor Nachtklubs herumlungern finden, sie wird weder mit einer Batterie von Empfängnisverhütung ausgestattet sein noch eine Scheidungsurkunde in der Schublade liegen haben. Aber wenn du Lust hast, mich in London zu besuchen, wenn dich vielleicht irgendwann abends die Langeweile überkommt …“
„Niemals!“
„Dann“, Ibrahim zuckte mit einer Schulter, „sind wir wohl fertig miteinander.“
„Du Bastard!“, spie sie wütend aus.
„Manchmal ist mir eben danach.“ Er registrierte ihr schockiertes Schweigen, dafür meldete sich das Baby. „Würdest du mir den Gefallen tun und das Kind aus dem Weg räumen, wie du es ja schon angeboten hattest? Ich habe ein Land zu regieren.“
Es ließ nicht nach. Nicht einmal für eine Minute.
Es gab Dinge zu erledigen, Probleme zu lösen, und er kümmerte sich um jede einzelne Angelegenheit. Er flog in die Wüste und erlebte das Leiden der Menschen. Kritiker verstummte er schnell mit seiner Leistung, dennoch gab es keine Ruhe mehr für ihn, denn jede Nacht schlief er allein.
Er griff mehrere Male zum Telefon. Dabei ging es ihm jedoch nicht um Sex. Zum ersten Mal in seinem Leben wollte er die Meinung eines anderen Menschen hören.
Eines bestimmten anderen Menschen.
Dschamila war früher als ihr Baby aus der Klinik entlassen worden und saß mit Georgie zusammen beim Frühstück, als Ibrahim unerwartet zu ihnen stieß.
„Felicity kommt bald zurück.“
„Wie bald?“ Am liebsten wäre Georgie aufgestanden und gegangen. Zwar sah sie Ibrahim nur noch selten, und wenn sie sich begegneten, dann grüßten sie einander nur mit kühler Höflichkeit, aber selbst das war schwer genug. Ihm jetzt am Tisch gegenüberzusitzen, war schier unerträglich für sie.
„Karim rief an, um zu sagen, dass die Lage sich entspannt hat. Er möchte, dass Felicity wieder in den Palast zurückkehrt, er selbst will allerdings noch eine Weile draußen bleiben.“
„Was ist mit dem Flughafen?“, fragte Georgie.
„Ich treffe mich heute mit den Ärzten. Sie schlagen vor, dass alle Besucher geimpft werden …“ Ibrahim wartete auf einen Kommentar, wollte ihre Meinung hören, doch Georgie schwieg. „Sobald diese Entscheidung beschlossen ist, besteht kein Grund, warum man sie nicht wieder öffnen sollte.“
„Wann?“ Georgie wollte Antworten, keine großen Debatten.
„Vielleicht schon morgen.“ Ibrahim nahm eine Frucht vom Obstteller, überlegte es sich anders und legte sie wieder zurück. Georgie hatte die Marula gesehen, sie hätte sie auch aufnehmen können, um ihn ein wenig zu irritieren, doch sie hatte keine Lust,
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