Julia Extra Band 159
schien passiert zu sein, das seine Gefühle für sie verändert hatte. Sie hatte nicht die geringste Vorstellung, was das sein konnte. Wären sie allein gewesen, hätte sie ihn gefragt, aber er setzte sich ja nicht einmal zu ihr.
Die einzige Erklärung, die ihr einfiel, war die, daß er einfach seinen Appetit gestillt hatte und keinen Grund mehr sah, ihr irgend etwas vorzumachen. So leicht wie ich hat es ihm vermutlich noch keine Frau gemacht, sie zu erobern, dachte sie unglücklich. Sie war ja noch nicht einmal eine Woche hier, und schon hatte sie ihn in ihr Bett gezerrt.
Auch nach dem Essen machte er keine Anstalten, zu ihr zu kommen. Er wolle in die Stadt fahren und dann später zur Circle-X-Ranch , hörte sie ihn zu Greg sagen. Dort sei er im Notfall zu erreichen.
Alex sah ihm nach. Sie hatte ihm alles gegeben, und jetzt fuhr er davon zu Diane, die ihn sicher mit offenen Armen empfangen und ihm seinen Seitensprung nur zu bereitwillig vergeben würde.
Es war wohl doch gut, daß sie ihren Flug noch nicht storniert hatte, so wie sie es sich eigentlich für heute vorgenommen hatte. Der Streß zu Hause war nichts im Vergleich dazu, wie sie sich jetzt fühlte. Am liebsten hätte sie sich vor der Welt verkrochen.
Bis zum frühen Nachmittag waren auch die restlichen Gäste, zwei jüngere Männer, eingetroffen. Alex erinnerte sich daran, daß Cal einen Engländer angekündigt hatte. Er hieß Leo Kirby.
„Ich schreibe für das ,World Magazine' eine Artikelserie über Aktivurlaub", erzählte er, als sich alle vor dem Abendessen zu einem Drink auf der Veranda trafen. „Ich komme gerade von einer reinen Ferienranch und muß sagen, dort war es um einiges luxuriöser als hier."
„Niemand erwartet ,hier einen Fünfsterneurlaub", beschied Alex ihn unfreundlich.
Er sah sie abschätzend an. „Gehören Sie auch zur Familie?"
„Mein Bruder ist mit der Schwester des Besitzers verheiratet", gab sie zurück. „Ich mache aber auch nur Ferien und fliege am Donnerstag wieder heim." Das sagte sie, als müßte sie sich selbst Mut machen.
„So bald schon? Wie schade." Er betrachtete sie aus schmalen Augen. „Es kommt mir vor, als hätte ich Sie schon einmal irgendwo gesehen."
„Angeblich hat jeder Mensch einen Doppelgänger", sagte sie leichthin. „Blauäugige Blondinen gibt es zuhauf."
„Nicht so schöne." Leo Kirby ließ sich nicht so schnell von seiner Spur abbringen. „Was machen Sie beruflich?"
„Ich bin Sekretärin", log sie. „Eine ganz normale kleine Sekretärin." Daß Margot sie im Laufe der Woche aus Stolz auf ihre schöne Schwägerin unwissentlich verraten könnte, kam ihr nicht in den Sinn.
Ihr Gegenüber lachte. „Ihr Chef sieht das sicher anders."
„Ich arbeite für eine Frau", behauptete Alex schlagfertig. „Möchten Sie noch etwas trinken?" fragte sie dann und wies auf sein fast leeres Glas.
„Im Augenblick nicht, danke. Da wir gerade dabei sind: Wann taucht denn der Boss selber auf?"
„Sobald er ..." Alex unterbrach sich, als sie ein Motorengeräusch hörte. Ihr Herz machte einen Sprung. „Ich glaube, er ist gerade zurückgekommen."
Ein paar Minuten später kam Cal die Stufen zur Veranda her auf und begrüßte die versammelte Gesellschaft.
Leo Kirby stand auf und stellte sich vor. „Ich bin vom ,World Magazine' und möchte einen Bericht über Ihre Ranch schreiben. Ich würde mich gern einmal mit Ihnen unterhalten, wenn Sie nichts dagegen haben."
„Ja, gern", erwiderte Cal. „Vielleicht gleich nach dem Abendessen." Sein Blick blieb kurz an Alex hängen, die neben dem Journalisten auf der Hollywoodschaukel saß. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu entziffern. „Ich nehme an, als Landsleute haben Sie beide viel Gesprächsstoff."
Kirby lachte. „Wir haben gerade erst angefangen, aber wir unterhalten uns prächtig. Schade, daß Ihre Schwägerin schon so bald abreist."
Die grauen Augen verrieten nichts. „Ja, nicht wahr? Wir sehen uns dann später beim Abendessen. Ich möchte mich vorher noch umziehen. "
„Ich vermute, er kann ganz schön autoritär sein, wenn er will", bemerkte Kirby und ließ sich in seinen Sitz zurückfallen. „Sie beide scheinen sich nicht besonders grün zu sein", stellte er dann fest. „Unvereinbarkeit der Charaktere?"
Alex hatte nicht die Absicht, sich ihm gegenüber über ihr Verhältnis zu Cal auszulassen. „Mir ist Ihre Fotoausrüstung aufgefallen", sagte sie. „Machen Sie denn die Bilder zu Ihren Artikeln auch selbst?"
Kirby schien nichts dagegen
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