Julia Extra Band 159
„Unter den gegebenen Umständen war es wohl einfach unvermeidlich. Vielleicht war es verrückt, aber jetzt ist sowieso nichts mehr daran zu ändern."
Sie versuchte, nicht der Furcht nachzugeben, während lange Stille herrschte. Offenbar fiel es Jaime leicht, anderen gegen über seinen Widerwillen auszudrücken, aber wenn es darum ging, Kritik an sich selbst einzustecken, sah das ganz anders aus. Er hatte keine Gewissensbisse, sie auszunutzen, doch sein männlicher Stolz würde es niemals zulassen, daß eine Frau ihn benutzte.
„Wenn ich an deiner Stelle wäre, Jaime", fuhr sie fort und zwang sich zu einem leichten Tonfall, „dann würde ich einfach vergessen, was geschehen ist. Ich mache es genauso."
„Eine Nacht in den Armen eines Flittchens, das ist nicht schwer zu vergessen." Jetzt lag offener Abscheu in seiner Stimme. „Das Problem ist nur, daß du die Mutter meines Sohnes bist."
Beth wurde bleich im Gesicht. Diese Worte waren einfach zu viel, das verletzte ihren Stolz. „Dein Sohn, Jaime?" Ihre Stimme war eiskalt. „Da ist kein Problem, vergiß einfach, daß es ihn gibt. Ich mache es dir einfach, sobald er das Krankenhaus verlassen hat, wirst du ihn niemals wiedersehen."
Sie knallte den Hörer auf die Gabel, ließ den Kopf auf die Arme sinken und gab jeden Widerstand auf. Ein langer Weinkrampf schüttelte sie. Wenn es wenigstens ein Alptraum gewesen wäre, dann hätte sie aufwachen können ... Aber es war ja kein Traum, es war Wirklichkeit! Niemals mehr würde sie einen anderen Mann lieben können, und nun würde sie auch noch die Liebe der beiden Menschen verlieren, die ihr am meisten bedeuteten: ihr Sohn und Rosita.
Sie hatte sich selbst in den Irrwegen einer Liebe, die nicht vergehen wollte, verloren ... Langsam hob sie den Kopf und schaute auf das Telefon. Um Jaceys Wohlergehen zu sichern, mußte sie wiedergutmachen, was sie angerichtet hatte. Doch im Krankenhaus sagte man ihr, daß Jaime nicht da sei. Auch bei ihm zu Hause gab man ihr die gleiche Auskunft. Wieder rief sie im Krankenhaus an, um nach der Nummer seines Handys zu fragen, doch war es ausgestellt.
Mehrere Minuten lang wußte sie gar nicht mehr, was sie noch tun sollte. Dann riß sie sich zusammen und griff wieder zum Hörer. Sie hinterließ im Krankenhaus und bei ihm zu Hause eine Nachricht, daß er sie sofort anrufen solle. Unruhig lief sie neben dem Telefon auf und ab, dann kehrte sie in den Wintergarten zurück und horchte dabei in die Stille, ob nicht das Telefon läutete. Alle ihre Gedanken waren darauf gerichtet. Und als es an der Tür klingelte, dachte sie zunächst, daß es das Telefon war.
„Ich verliere ja wirklich den Verstand!" warf sie sich vor, als sie den Irrtum bemerkte und zur Eingangstür ging. Draußen stand Jaime. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände.
„Beth, ich ..."
„Wo bist du denn gewesen? Ich habe überall Nachrichten für dich hinterlassen!" rief sie erleichtert aus.
„Ich ..."
„Jaime, es tut mir unendlich leid, was ich dir vorgeworfen habe", erklärte sie schnell. „Natürlich kannst du Jacey sehen, wann immer du willst ..."
„Beth, was ich dir an den Kopf geworfen habe ..." Er brach ab. „Wie kann ich es nur erklären, ich habe durchgedreht. Ich kann nur hoffen, daß du nicht für bare Münze nimmst, wie ich dich genannt habe. Du weißt schon, was ich meine ..."
„Ich möchte nicht mehr darüber sprechen!" Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging ins Haus zurück.
„Verdammt noch mal, Beth, wir müssen aber darüber reden", rief er aus und folgte ihr ins Innere.
„Was gibt es denn noch zu diskutieren?" rief sie aus, da sie dabei war, die Selbstbeherrschung zu verlieren. „Ist die Tatsache, daß du mich körperlich immer noch begehrst, so unerträglich? Oder lag es nur daran, daß du eine halbe Flasche Champagner getrunken hattest, um deinen Widerwillen zu überwinden? Ich habe schon versucht, mit dir darüber zu sprechen, aber du hast ja nicht hören wollen! "
„Um Gottes willen, Beth, nicht ..."
„Habe ich etwa unrecht?" schnitt sie ihm das Wort ab. „Es hat dich vielleicht erschüttert, als du entdeckt hast, daß du immer noch Lust auf mich hast. So sehr, daß du mich am nächsten Tag nur mit Abscheu betrachten könntest ..."
„Hör endlich auf damit!" schimpfte er. „Was erwartest du denn, wie ich mich fühle?" fragte er mit belegter Stimme. „Ich habe dich nach all diesen Jahren wiedergesehen und bemerkt, daß ich mich immer noch nach dir sehne ..." Er brach ab und
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