Julia Extra Band 348
Leihwagen, doch normalerweise fuhr er am liebsten seinen Mercedes.
„Nein, das war mein Vater“, sagte Simon mit grimmigem Blick. „Ich glaube, er hatte Angst, dass ich nicht komme, wenn er sich nicht um meine Anfahrt kümmert. Er hat auch den Smoking bezahlt.“
„Du siehst super darin aus.“
Er sah in der Tat perfekt aus. Trotzdem konnte sie es nicht lassen, an seiner Fliege herumzunesteln. Anschließend sah sie zu ihm auf und lächelte ihn verschämt an.
„Sie war ein bisschen verrutscht.“ Etwa einen Millimeter. Das Beunruhigende war, dass Chloe nach einem Grund gesucht hatte, ihn zu berühren.
„Danke.“
„Was würdest du nur ohne mich machen?“, fragte sie lachend.
Trotz seines ironischen Lächelns schien er seine Antwort vollkommen ernst zu meinen. „Ich hoffe, dass ich das nie erfahren werde.“
Nachdem sie sich gesetzt hatte, zog sie ihren Rocksaum herunter, der beim Einsteigen hochgerutscht war. Simon gesellte sich zu ihr.
„Bevor ich es vergesse: Dein Training lohnt sich.“
Chloe freute sich, dass er es bemerkt hatte, wurde aber etwas verlegen. Außerdem plagte sie ein wenig ihr schlechtes Gewissen. Die figurformende Unterwäsche, die sie gekauft hatte, war jeden Cent wert.
„Danke.“
„Keine Ursache.“ Er griff an die Fliege, die sie gerade zurechtgerückt hatte, und errötete.
„Zu eng?“, fragte sie.
„Hmm. Irgendwas ist zu eng“, murmelte er. Unter seinem Blick wurde ihr ganz warm. Sie suchte nach etwas, das sie sagen konnte. „Wie heißt deine neue Stiefmutter noch einmal?“
Das war genau die falsche Frage. Er verzog den Mund. „Ich glaube, diesmal heißt sie Brittany, aber ich bin nicht ganz sicher, weil Dad sie alle ‚Sweetheart‘ nennt.“
Bevor Chloe etwas einwenden konnte, sagte er: „Vergiss es.“
„Was?“
„Sag nicht, dass ich versuchen soll, mich für ihn zu freuen.“
Bei den vergangenen Hochzeiten seines Vaters hatte sie ihm das geraten, was vielleicht auch erklärte, warum er ihr von dieser Hochzeit erst so spät erzählt hatte. Jetzt erst fiel Chloe auf, dass Simon auch dann, wenn er gerade eine Beziehung führte, immer sie mit auf die Hochzeiten seines Vaters genommen hatte.
„Vielleicht ist sie die Richtige, Simon.“
Er schnaubte. „Ich bitte dich, sie ist zwölf!“
Chloe rollte mit den Augen.
„Na gut, sie ist nicht zwölf, aber es kommt der Sache doch verdammt nah. Sie ist ein paar Jahre jünger als ich. Das ist … befremdlich.“
Sie griff nach seiner Hand. Ihre Finger verschränkten sich ineinander. Wieder einmal raubte es ihr den Atem. Es bereitete ihr Mühe, sich auf das zu konzentrieren, was er sagte.
„Mein Vater müsste es doch irgendwann einmal lernen.“
„Vielleicht ist er hoffnungslos romantisch?“
„Ich glaube eher, er ist ein hoffnungsloser Fall.“ Simons Kiefermuskeln zuckten, ein Zeichen dafür, dass er nicht einfach nur sauer war, sondern auch verletzt.
Das war nachvollziehbar. Kurze Zeit, nachdem sie in das Haus gezogen waren, in dem auch Chloe lebte, hatten sich seine Eltern scheiden lassen. Seine Mutter war die Böse gewesen, das hatte Simon zumindest angenommen, da sie ausgezogen war und nicht um das Sorgerecht für ihren Sohn gekämpft hatte.
„Er sieht dir zu ähnlich“, hatte er sie einmal während eines Streits zu seinem Vater sagen hören. „Und ich will nicht an dich erinnert werden.“
Chloe hatte Simon damals zum ersten Mal weinen gesehen. Mit aschfahlem Gesicht und roten Augen war er in ihre Wohnung gekommen. Er hatte sich übergeben und ihr von dem Gespräch seiner Eltern erzählt. Dann war er auf dem Sitzsack in ihrem Zimmer eingeschlafen.
Chloes Eltern hatten erlaubt, dass er über Nacht dablieb.
Das zweite Mal hatte sie ihn weinen sehen, als sein Vater sich von seiner zweiten Ehefrau scheiden ließ.
Kurz bevor Simons Vater sich von seiner ersten Frau scheiden ließ, war Clarissa Simons Kindermädchen gewesen. Im Nachhinein betrachtet erklärte das einiges und bestätigte die Gerüchte, die es unter den Nachbarn gegeben hatte. Doch Simon liebte Clarissa. Und sie ihn. Sein Kindermädchen behandelte ihn, als sei er ihr eigener Sohn. Sie war zu seinen Schulveranstaltungen gegangen und hatte seine Geburtstagspartys organisiert.
Clarissa hatte ihm versprochen, dass sie immer für Simon da sein würde, egal, was zwischen ihr und seinem Vater passieren würde. Aber das hatte nicht funktioniert.
„Es ist zu schmerzhaft“, hatte sie eines Tages kurz nach Weihnachten zu ihm gesagt.
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