Julia Extra Band 348
Er war damals in der zehnten Klasse gewesen und sein Vater hatte schon wieder geheiratet – Frau Nummer drei.
Wieder war Simon zu Chloe nach Hause gekommen und hatte schluchzend in ihrem Zimmer gesessen. Den Sitzsack gab es schon lange nicht mehr, und er war auf dem Teppich neben ihrem Bett eingeschlafen. Obwohl er und Chloe schon Teenager waren, hatten ihre Eltern erlaubt, dass er über Nacht blieb. Sie waren um die Unschuld ihrer Tochter weniger besorgt als um das Wohlergehen des Jungen, der ihnen schon lange wie ein Sohn vorkam.
Als sie sich jetzt an seinen Kummer erinnerte, sagte Chloe: „Du hast schon einmal gesagt, dass die vielen Ehen deines Vaters nicht der Grund dafür sind, dass du dich nicht bindest, aber … aber könnte es nicht sein, dass es doch etwas damit zu tun hat?“
„Willst du mich jetzt analysieren?“
Jemand anders hätte sich von seinem versteinerten Gesichtsausdruck vielleicht abschrecken lassen. Aber Chloe kannte diesen Ausdruck und war immun dagegen. „Ja. Also?“
„Ich will seine Fehler nicht wiederholen“, gab er schließlich zu.
„Das würdest du nicht.“
„Du scheinst dir da ziemlich sicher zu sein.“
„Aber du glaubst mir nicht.“
Seine Antwort war erstaunlich ehrlich. „Ich wünschte, ich könnte dir glauben.“
„Simon …“
„Habe ich dir schon gesagt, dass du toll aussiehst?“ Er versuchte, das Thema zu wechseln, und sie beschloss, mitzuspielen.
„Nur einmal.“ Nämlich als sie ihm die Wohnungstür aufgemacht hatte. Sein anerkennendes Lächeln hatte ihre Haut kribbeln lassen. Es war schön, Komplimente zu bekommen. Das war sicher der Grund für diese Reaktion. Darum sagte sie jetzt: „Sag es ruhig noch einmal.“
„Du siehst unglaublich gut aus. Eine absolute Erscheinung.“
„Was? In diesem alten Fetzen?“ Sie zupfte an ihrem neuen Kleid, konnte aber nicht ernst bleiben. Während der Wagen sich seinen Weg durch den Verkehr bahnte, goss Simon zwei Gläser Champagner ein und reichte ihr eines davon. „Hast du es für das Treffen gekauft?“
„Jein. Ich habe bis jetzt drei Kandidaten. An Zweien ist das Preisschild noch dran, also kann ich sie im Falle eines Falles zurückbringen.“
Er lächelte. Sie musste daran denken, wie er sie geküsst hatte.
„Du gehst also auf Nummer sicher“, sagte er und nahm einen Schluck.
„Ich muss auch an mein Konto denken“, antwortete sie reuevoll. Mittlerweile beliefen sich die Kosten für den Zahnarzt, spezielle Diätnahrung und wer weiß was sonst noch alles auf mehrere Hundert Dollar.
Was sie sich bei ihrem derzeitigen Gehalt nicht leisten konnte. Der Verfügungsrahmen ihrer Kreditkarten war jetzt schon fast erreicht. Ihr Boss versprach ihr nach wie vor eine volle Stelle mit besserer Bezahlung, doch es gelang ihr nicht, ihn auf einen bestimmten Zeitpunkt festzunageln.
„Die wirtschaftliche Lage ist ungünstig, Mrs McDaniels“, sagte er jedes Mal, wenn sie nachhakte. „Die Firma musste ernsthafte Gewinneinbrüche hinnehmen.“
Anschließend wurde er jedes Mal ganz blass und Chloe bereute es, gefragt zu haben. Also nahm sie nebenher so viele Aufträge an wie möglich. Trotzdem kam sie damit nicht auf einen grünen Zweig, zumal ihre Miete gerade erhöht worden war.
Simon wäre entsetzt, wenn er wüsste, wie es finanziell um sie stand. Er ermahnte sie immer, vernünftig mit ihrem Geld umzugehen und gab ihr Tipps, wie sie es geschickt anlegen konnte. Und sie wusste seine Ratschläge wirklich zu schätzen. Allerdings hatte sie nie Geld übrig, das sie hätte anlegen können.
Doch die Kleider und all die anderen Sachen für das Klassentreffen erschienen ihr ebenso kluge Investitionen zu sein wie jene, die Simon ihr vorgeschlagen hatte. Ihrer Meinung nach waren sie ihr Geld wert, selbst wenn es sich finanziell nicht auszahlte.
Chloe war entschlossen, diesen grauenhaften Mädchen aus der Highschool zu zeigen, dass sie zu einer erfolgreichen, begehrten und beliebten Frau geworden war.
Deshalb verursachte es ihr fast körperliche Schmerzen, als sie Simon gestand: „Du wirst dich freuen, zu hören, dass ich mich entschieden habe, meine Zähne nicht machen zu lassen.“
Ein außenstehender Beobachter hätte nicht wahrgenommen, dass diese Nachricht Simon berührte. Aber Chloe kannte ihn gut.
Sie sah, wie seine Augen kurz aufleuchteten, bevor er einen Schluck Champagner nahm. Er freute sich.
„Sehr gut. An deinen Zähnen muss auch nichts gemacht werden. Es wäre schrecklich, wenn du aussehen
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