Julia Extra Band 348
Familie manchmal sein konnte, sie blieb im Gegensatz zu seiner immerhin zusammen. Und auch wenn die Ehe von Chloes Eltern alles andere als rosig war, wusste Chloe, dass sie sich nicht trennen würden.
Dass sie eine solche Beständigkeit trotzdem nicht für selbstverständlich hielt, lag vielleicht an den Erfahrungen, die Simon hatte machen müssen.
Sie erreichten den Rand des Parks, wo sie vor einer Stunde losgelaufen waren. Chloe konnte es kaum abwarten, eine kalte Dusche zu nehmen.
Simon, der neben ihr stand, zog sich das nasse T-Shirt aus und entblößte seinen perfekten Oberkörper, der sich unter seiner Kleidung nur erahnen ließ. Chloe unterdrückte einen anerkennenden Pfiff.
Was für ein Waschbrettbauch!
Wie sollte man da wegsehen? Sie versuchte es, doch ihr Blick kehrte immer wieder zu seinem muskulösen Oberkörper und seinem durchtrainierten Bauch zurück.
„Du bist so …“
Mit gehobenen Brauen wartete er darauf, dass sie weiterspräche.
„Ein Glückspilz“, fuhr sie nach einem Räuspern fort. „Du kannst dir in aller Öffentlichkeit das T-Shirt ausziehen, ohne dass sich jemand daran stört.“
„Ich beschwere mich nicht, wenn du deins auch ausziehst.“
In diesem Stil hatte er schon häufig mit ihr gesprochen, doch dieses Mal begann ihr Puls zu rasen. Daran musste dieser Kuss schuld sein. Dieser Kuss führte ihre Gedanken auf alle möglichen Abwege.
„Ich gehe jetzt besser nach Hause“, sagte sie. „So, wie ich jetzt aussehe, kann ich nicht mit auf die Hochzeit deines Vaters kommen.“
„Ich hole dich um zwölf ab.“
6. KAPITEL
Die Anmutigste
Als Simon sie später abholte, trug er einen Smoking. Statt mit seinem eigenen Auto kam er mit einer Limousine. Das Ganze hatte etwas Märchenhaftes. Keinem anderen stand eine klassische Abendgarderobe so gut wie Simon. Er hatte die perfekte Figur dafür – er war groß, hatte schmale Hüften und breite Schultern. Und die richtige Haltung – selbstbewusst, ohne gockelhaft zu wirken.
In förmlicher Kleidung bewegte er sich ebenso selbstverständlich wie in Jeans und Sweatshirt. Chloe hingegen musste sich immer wieder ermahnen, ihre Schultern zu straffen und den Bauch einzuziehen, und sie sehnte sich schon danach, endlich die Schuhe auszuziehen. Sie waren neu. Und es war schon jetzt unerträglich.
Mit hohen Absätzen hatte sie noch nie gut laufen können. Aber wie hieß es so schön? Übung macht den Meister. Also war sie nach dem Duschen in einem Paar Schuhe mit sieben Zentimeter hohen Absätzen durch ihre Wohnung gestakst. An den Hacken hatte sie bereits Pflaster, und auch an den Zehen begannen sich Blasen zu bilden. Aber sie war entschlossen, durchzuhalten. Wer schön sein will, muss leiden.
„Nimmst du das mit?“ Er deutete auf ihren Scheitel.
Verlegen lächelnd nahm sie das Buch vom Kopf. Es war der Ratgeber, den sie sich gekauft hatte, als sie gemeinsam bei Bendle’s gewesen waren.
„Lesen per Osmose?“ Er grinste.
„Sehr witzig. Ich übe, anmutig zu gehen.“ Was nicht gerade einfach war, wenn man an den Füßen kleine Folterkammern trug, die als Schuhe getarnt waren.
„Und mit dem Buch geht es besser?“, fragte er zweifelnd.
„Wenn es nicht herunterfällt, heißt das, dass meine Bewegungen geschmeidig sind.“
„Aha. Und wie oft ist es heruntergefallen?“, fragte er schmunzelnd.
„Das ist unwichtig.“
Es war siebzehn Mal heruntergefallen, aber wen interessierte das schon? Abgesehen von Mrs McNally, die unter ihr wohnte und angefangen hatte, mit dem Besen an ihre Zimmerdecke zu klopfen, nachdem das Buch zum vierten Mal auf den Boden gepoltert war. Es war anstrengend, über dieser Frau zu wohnen, seitdem ihr Hörgerät repariert worden war.
„Fertig?“, fragte Simon und sah auf die Uhr. Er sah nicht aus, als hätte er besondere Lust, sich auf den Weg zu machen. Verständlicherweise.
Die Trauung fand in einer Kirche in Connecticut statt, die Hochzeitsfeier danach in einer Festhalle in der Nähe.
„Ich muss nur noch schnell meine Handtasche holen.“
Die kleine Clutch Bag mit der silbernen Schnalle war neu. Im Gegensatz zu den Schuhen tat die Tasche nur ihrem Bankkonto weh. Chloe bemühte sich, nicht zu humpeln, als sie Simon nach draußen zur Limousine folgte. Der uniformierte Chauffeur hielt ihnen die hintere Wagentür auf.
„Danke“, sagte Simon zu dem Mann.
Während der Fahrer den Wagen umrundete, sagte Chloe: „Wow! Du hast dich ganz schön ins Zeug gelegt!“
Hin und wieder nahm Simon einen
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