Julia Extra Band 348
du mich nachher irgendwann tragen. In diesen Schuhen kann ich jetzt schon kaum noch laufen. Und die Feier hat noch nicht einmal begonnen.“
Vor einem Moment hatte sich Simon noch gewünscht, dass der Tag bereits vorbei wäre. Er hatte sich gewünscht, irgendwo anders zu sein, nur nicht in dieser Kirche in Connecticut.
Doch jetzt, wo Chloe bei ihm war, erschienen ihm die Hochzeit und das anschließende Fest, das sie noch vor sich hatten, ziemlich vielversprechend.
7. KAPITEL
Die beste Tänzerin
„Ich kann nicht am Haupttisch sitzen“, zischte Chloe, als Simon sie von einem Platz im hinteren Teil des Festsaales zu dem langen Tisch am vorderen Ende führte.
Die Braut sah nicht so aus, als sei sie besonders glücklich über die Sitzordnung, und das war kein Wunder. Nachdem das Servicepersonal ein weiteres Gedeck neben Simon auf der Seite des Trauzeugen aufgelegt hatte, war die gesamte Anordnung des Haupttisches unsymmetrisch.
„Doch, das kannst du!“, versicherte er ihr.
„Aber ich gehöre nicht zu den Brautjungfern!“
„Ich kann dich nachträglich zur Brautjungfer berufen. Als Trauzeuge darf ich das.“ Als sie den Tisch erreichten, zog er einen Stuhl hervor. „Das ist eines der Vorrechte.“
„Ist es nicht.“ Aber sie musste sich sehr anstrengen, keine Miene zu verziehen.
„Doch. Zumindest in meinem Fall. Als ich ihm gesagt habe, dass ich nur hiergeblieben bin, weil du mich überredet hast, meinte Dad, dass ich etwas bei ihm gut habe. Und das hole ich mir jetzt.“
Chloe spähte über den Tisch hinweg und fing die giftigen Blicke der jungen Frau in Weiß und der in gelbgrünen Taft gekleideten Maid of Honor auf. „Die Braut ist nicht gerade glücklich.“
„Sie wird sich daran gewöhnen müssen. Es wird nicht das letzte Mal sein, dass sie unglücklich ist, während sie mit meinem Vater verheiratet ist.“
„Simon, heute ist ihr großer Tag.“
„Ich werde es wieder gut machen, wenn ich meinen Toast ausspreche. Ich werde etwas Geistreiches sagen.“
„Wie hast du es denn geschafft, in der kurzen Zeit noch eine Rede zu schreiben?“ Von ihrer Ankunft mit der Limousine über die Zeremonie bis hin zur Feier im Festsaal hatte ein anstrengend perfektionistischer Fotograf ununterbrochen Aufnahmen gemacht. Währenddessen hatte Chloe auf einer Kirchenbank sitzen und sich ein Weilchen lang die Schuhe ausziehen können, auch wenn es umso schlimmer war, die Füße hinterher wieder hineinzuquetschen. Inzwischen fühlten sich die Schuhe so an, als seien sie zwei Nummern zu klein.
„Ich habe keine Rede geschrieben. Aber ich erinnere mich an Teile dessen, was die anderen Trauzeugen meines Vaters im Laufe der Jahre gesagt haben.“ Schulterzuckend griff er nach seinem Glas. „Ich muss nur ein paar Daten und Namen ändern, ein, zwei Anekdoten über ihn einbauen, und fertig. Sie wird zuckersüß sein, meine Rede.“
„Simon, ich habe es ernst gemeint, als ich gesagt habe, dass heute der große Tag ist für … äh … Bethany? Brittany? Brandie? – wie war noch gleich ihr Name?“
„Nenn sie einfach Sweetheart“, schlug er augenzwinkernd vor. „Oder Baby.“
Sein Sarkasmus war nachvollziehbar. Die Braut war sehr jung. So jung, dass Chloe sich nicht einmal sicher war, ob sie den Champagner schon trinken durfte, an dem sie gerade nippte. „Sie ist die Braut. Sie ist verliebt. Sie hat diesen Tag lange herbeigesehnt.“
Simon runzelte die Stirn.
„Was ich sagen will, ist nur, dass du ihr diesen Tag oder die Erinnerung daran nicht kaputt machen darfst, weil du sauer auf deinen Vater bist.“
„Er ist derjenige, der alles kaputtmachen wird, nicht heute, aber irgendwann. Er macht immer alles kaputt.“
„Dann lass ihn. Es gibt jedenfalls keinen Grund dafür, dass du das für ihn übernimmst.“
Einen Moment lang sagte Simon nichts. Stattdessen spielte er mit seinem Suppenlöffel herum, bevor er ihn schließlich an sein Glas schlug. Das klirrende Geräusch ließ die anderen Gäste aufhorchen. Unterhaltungen verstummten, während man sein Besteck aufnahm, um ebenfalls die Gläser anzuschlagen.
Simon nickte Chloe zu, bevor er seinen Vater über den Tisch hinweg ansah.
„Hey, Dad, nur, falls du es vergessen hast: Das heißt, dass du die Braut jetzt küssen sollst.“
Ein wenig später hielt Simon seine Rede. Sie war einfach, aber gewandt. Anstatt von den Ansprachen der vorherigen Trauzeugen abzukupfern, sagte er: „Mir hat einmal jemand gesagt, dass Liebe ein Geschenk sei, das man in Ehren
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