Julia Extra Band 348
Moment und sie musste zur eleganten Abendgesellschaft zurückkehren.
In den letzten zwei Wochen war sie auf Reisen gewesen und hatte versucht, Investoren für ihr Land zu gewinnen. Kein leichtes Unterfangen. Zwar war Aliz wunderschön mit seiner herrlichen Küste und den langen weißen Sandstränden, aber nach all den Jahren der Misswirtschaft auch völlig verarmt. Die Investoren verlangten nach Garantien, wenn sie Geld anlegen sollten.
Sie war hier, um diese Leute zu überzeugen, dass Aliz eine gute Investition war.
Leider gestaltete sich die Sache schwieriger als befürchtet. In vielerlei Hinsicht war sie dem Job einfach nicht gewachsen. Eigentlich hatte sie sich gar nicht um die Präsidentschaft bewerben wollen, aber Paul Durand, ein alter Freund ihres Vaters, hatte sie überzeugt, dass nur sie das Land retten konnte.
Erst hatte sie gelacht, als er ihr den Vorschlag unterbreitete – sie hatte doch nicht das Zeug zur Präsidentin eines Landes! In Aliz war sie beliebt, aber überall sonst auf der Welt berüchtigt. Paul hatte nicht auf sie hören wollen.
Er hatte mit einer solchen Leidenschaft gesprochen, dass sie bald überzeugt war, die beste Wahl für Aliz zu sein. Ihre Bekanntheit konnte dem Land weiterhelfen.
In ihrem Leben hatte sie viele Fehler begangen, aber dieses Mal würde sie nicht versagen. Aliz brauchte sie. Und sie war nicht mehr der gleiche Mensch, der vor zehn Jahren vor dem strengen Vater davongelaufen war.
Damals war sie eigensinnig, egoistisch und eine Spur naiv gewesen.
Sobald sie der Aufsicht ihres Vaters entkommen war, hatte sie jedes Abenteuer mitgenommen und das Leben in vollen Zügen genossen. Und es kam, wie es kommen musste: Sie benahm sich wie ein verzogenes Mädchen, eine Diva. Einige nannten sie gar eine schamlose Verführerin, nur weil sie sich die Freiheit erlaubte, sich jeden, der ihr gefiel, zum Liebhaber zu nehmen.
Ein stechender Schmerz nahm ihr fast die Luft. Ihre letzte Beziehung war nicht gut ausgegangen – obwohl nicht der Mann die Ursache für ihren Kummer war.
Wenn sie sich nur einen Augenblick lang gehen ließ, würde der Schmerz sie übermannen. Schließlich war es ihre Schuld gewesen, dass der winzige Mensch, der unter ihrem Herzen herangewachsen war, keine Chance auf Leben bekommen hatte.
Sie hatte immer geglaubt, sie könne gut mit Schmerzen umgehen, weil sie nicht zuließ, dass andere Menschen ihr wehtaten. Leider hatte sie erkennen müssen, dass es verschiedene Arten gab, einander Leid zuzufügen.
Veronica wischte sich mit der Hand über die Augen.
Jetzt war wirklich der falsche Zeitpunkt.
Über ihrem Kopf flackerten die Lampen einmal auf. Seit Stunden schneite es schon. Vielleicht würde es sogar einen Stromausfall geben. Entschlossen holte sie tief Luft, schaute in den Spiegel und tupfte die Tränen weg. Dann strich sie ihr Abendkleid glatt.
Schluss mit dem Selbstmitleid! Sie sollte besser wieder in den Ballsaal gehen, bevor der Strom tatsächlich ausfiel und sie allein im Dunkeln zurückblieb.
Veronica unterdrückte einen Schrei, als die Tür der Damentoilette schwungvoll aufgestoßen wurde. Eigentlich hätte niemand den Bodyguard überwinden dürfen, der draußen Stellung bezogen hatte.
Ein Mann im schwarzen Anzug stand vor ihr.
Das war wirklich zu viel. Sie würde nicht dulden, dass ihr die Sicherheitsleute ständig hinterherspionierten.
Allerdings schien der Mann nicht zu ihrem Wachpersonal zu gehören, denn sein Anzug passte nicht zur Einheitskleidung ihrer Leute.
„Wer sind Sie?“, fragte sie mit klopfendem Herzen.
Der Mann war groß und schien einen maßgeschneiderten Smoking zu tragen. Seine schwarzen Haare legten sich leicht über den Kragen, seine Haut schimmerte goldbraun und exotisch.
Er war ihr bereits an der Bar aufgefallen, wo er sich mit ihrem alten Freund Brady Thompson unterhalten hatte. Sie entspannte sich ein wenig. Wenn er Brady kannte …
„Ich bin Rajesh Vala.“
Dabei hatte er die Hände lässig in den Hosentaschen. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, und sie standen allein im Vorraum der Damentoilette. Die Spiegel an den Wänden vermittelten den Eindruck, dass mehr als ein Mann im Zimmer stand.
Sie schluckte.
Er schien darauf zu warten, dass sie etwas zu ihm sagte. Doch sie starrte ihn nur an. Seine braune Haut und die honigfarbenen Augen erinnerten an die Helden aus den Bollywoodfilmen und ließen sie an einen Tiger denken. Prachtvoll, geschmeidig, tödlich.
Endlich fand sie die Sprache wieder. „Was
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