Julia Extra Band 348
meinen Aufgabenbereich gehört.“
„Ich entscheide selbst, wann ich gehe“, erwiderte sie spitz. „Und ich bin noch nicht soweit. Oder ist mein Leben unmittelbar in Gefahr?“
„Nein“, antwortete er kurz.
„Dann bleiben wir.“
Er zog eine Augenbraue hoch. „Aber gib mir nicht die Schuld, wenn du jemanden triffst, dem du lieber nicht begegnen würdest.“
„Was soll das nun wieder heißen?“
„Das heißt, dass André Girard gerade eingetroffen ist.“
Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als sie den Namen hörte. Kurz überlegte sie, ob er wohl wusste, was zwischen ihr und André vorgefallen war, aber das war unmöglich. Kaum jemand kannte die wahre Geschichte.
„André ist Schnee von gestern“, entgegnete sie. „Nur weil er hier ist, werde ich noch lange nicht gehen.“
Völlig unerwartet legte Raj ihr einen Arm um die Taille und sah ihr tief in die Augen. Sein Mund war ihren Lippen so nah, als wolle er sie küssen.
„Ich bin froh, dass er Schnee von gestern ist“, sagte er leise. „Er kommt nämlich geradewegs auf uns zu.“
„Das macht mir nichts aus“, sagte sie betont gelassen.
„Schön. Mir nämlich auch nicht.“ Dann küsste er sie.
Das herrliche Gefühl traf sie völlig unvorbereitet. Sein Mund war wunderbar weich, gleichzeitig fordernd. Bei der leichtesten Berührung seiner Zunge öffnete sie einladend die Lippen.
Ein kehliges Geräusch der Zustimmung entfuhr ihm und ließ sie voller Verlangen vibrieren. Gleichzeitig versetzte es sie in höchste Alarmbereitschaft. Sie wusste, dass sie ihn eigentlich nicht in aller Öffentlichkeit küssen sollte. Seine Nähe verwirrte ihre Sinne. Ihr Körper verlangte nach mehr. Zu gern hätte sie seine Haut gespürt, sich mit seinem Körper vereinigt.
Mit einer Hand hob er ihr Kinn, um ihren Mund ganz in Besitz zu nehmen. Der Kuss schien eine Ewigkeit zu dauern, obwohl es in Wahrheit nur wenige Sekunden gewesen sein konnten.
Danach starrte sie ihn an, ihre Lippen brannten, ihr Puls schlug an Stellen ihres Körpers, die sie eigentlich schon für tot gehalten hatte.
Raj schien dagegen völlig unbeeindruckt. In seinen goldenen Augen brannte ein Feuer – das einzige Anzeichen, dass ihm der Kuss etwas bedeutet hatte. Er trat einen Schritt zur Seite, ließ den Arm aber um sie gelegt.
„Wie ich sehe, hast du ein neues Opfer gefunden.“
Veronica drehte sich um. André grinste sie an, ein Supermodel hing an seinem Arm. Wie immer sah er gut aus. Aber ihr Herz raste nicht mehr bei seinem Anblick. Schließlich hatte er ihr gegenüber sein wahres Ich offenbart.
„Wie gern würde ich sagen, dass es eine Freude ist, dich wiederzusehen. Aber wir wissen beide, dass es gelogen wäre.“
André lachte. „Komm schon, damals hatten wir unseren Spaß. Aber nun sieh dich an – Präsidentin von Aliz! Wie hast du das bloß geschafft?“
„Ich habe mich gegen den amtierenden Präsidenten zur Wahl gestellt und gewonnen“, antwortete sie trocken.
Er zog eine Augenbraue hoch. „Ich schätze mal, das ist auch viel interessanter, als Mutter zu sein.“
Obwohl der Schmerz sie wie ein Stich traf, lächelte Veronica. Am liebsten hätte sie sich an Rajs Brust versteckt, bis André verschwunden war. Aber sie würde ihrem ehemaligen Liebhaber auf gar keinen Fall die Genugtuung gönnen, dass seine Worte sie noch immer verletzten.
„Ich weiß zumindest, dass es viele Dinge gibt, die interessanter sind als du“, sagte sie schneidend.
André warf Raj einen Blick zu. „Seien Sie bloß vorsichtig. Diese Frau ist unberechenbar. Wenn Sie schlau sind, suchen Sie sofort das Weite.“
„Veronica ist eine tolle Frau“, sprang Raj ihr bei. „Glück für mich, dass Sie das nicht erkannt haben. Vielen Dank also, dass Sie so ein Idiot sind.“
Ein Gefühl von Wärme stieg in ihr hoch. Natürlich spielte er nur seine Rolle, dennoch war sie ihm für seine Worte dankbar. Er hätte schweigen können, doch er hatte sie verteidigt.
Nach dem Verlust des Babys hatte sie sich in ihrer Verzweiflung an André gewandt. Sie hatte geglaubt, dass er ebenso traurig sein würde wie sie. Aber ihm hatte es nicht das Geringste ausgemacht. Im Gegenteil: Er war froh, noch einmal davongekommen zu sein.
Jetzt zeigte André sein falsches Lächeln. „Ganz wie Sie meinen. Aber sagen Sie hinterher nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.“
Dann drehte er sich um und verschwand mit dem Model in der Menschenmenge.
„Was hast du bloß an diesem Kerl gefunden?“ Raj betrachtete sie
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