Julia Extra Band 348
Welch Vorführung! Solltest du jemals die Verbrechen aufgeben, könntest du am Theater …“
„Anna, ich bin vielleicht nicht der Vater, den du dir wünschst, aber ich habe dich immer geliebt. Und ist da nicht irgendwo auch ein kleiner Teil in dir, der deinen Vater liebt?“
Es waren diese schlichten Worte, die alles änderten. Denn in Anna steckte tatsächlich noch das kleine Mädchen, das den Mann, für den sie ihren Vater einst gehalten hatte, liebte. Nur deshalb hörte sie Cesare weiter zu und ließ sich Kopien von Cesares Briefen zeigen, die der Prinz ignoriert hatte. Cesare hatte Anwälte in Sizilien kontaktiert, wo besagtes Land lag, und in Rom, wo der Prinz lebte. Niemand wollte sich die Finger an dem Fall verbrennen.
„Wir dürfen nicht zulassen, dass Valenti damit durchkommt, nur weil er sich einbildet, etwas Besseres zu sein als wir“, schloss Cesare. „Das siehst du doch auch so, oder? Und du tust es nicht für mich, sondern für deine Mutter. Tu es, weil es das Richtige ist.“
Jetzt, zehn Kilometer über der Erde, fragte Anna sich wohl zum hundertsten Mal, ob sie sich nicht hatte übertölpeln lassen. Ihr Vater wusste, dass sie nicht mit ansehen konnte, wie die Reichen und Mächtigen auf den Armen herumtrampelten. Sicher, Cesare war ganz bestimmt nicht arm, aber das Haus Valenti hatte sich das Land von der Familie ihrer Mutter angeeignet.
Sie hatte ihr Wort gegeben, sich mit dem Prinzen zu treffen, und deshalb würde sie es auch tun.
Dumm nur, dass sie nicht vorbereitet war. Aber auch da hatte ihr Vater recht – sie war eine gute Anwältin und exzellent bei Verhandlungen. Selbst wenn sie nicht alle Details kannte, würde sie zurechtkommen. Dieser Prinz, dieser Draco Marcellus Valenti, war ein einziger Anachronismus. Er lebte in einer Zeit, die nichts mit dem einundzwanzigsten Jahrhundert zu tun hatte.
Genau wie der Typ aus der VIP-Lounge, der sich einbildete, ihm gehöre die ganze Welt … und dass er jede Frau haben konnte, die er haben wollte.
Vermutlich stimmte das sogar. Frauen waren leider empfänglich für gutes Aussehen und würden sich garantiert überschlagen, um ihm zu gefallen.
Aber sie nicht! Auch wenn sie noch immer seinen Mund auf ihren Lippen spüren konnte.
Lächerlich! Schließlich hatte er sie nur aus einem einzigen Grund geküsst – um ihr seine männliche Macht zu beweisen. Er hatte ihr zeigen wollen, wie sexy er war. Und hatte sie das etwa beeindruckt?
Pah! Was war schon sexy an einem Mann mit einer tiefen samtenen Stimme? Oder an Augen, weder braun noch gold, mit verboten langen Wimpern? Oder an einem Gesicht, das einen an Skulpturen römischer Herrscher denken ließ? Oder an einem großen muskulösen Mann, in dessen Armen sie sich regelrecht zerbrechlich vorgekommen war? Und das wollte etwas heißen bei einer Frau, die selbst fast einen Meter achtzig groß war.
Was wäre wohl passiert, wenn sie, statt ihm die Faust in die Rippen zu jagen, die Arme um den Nacken geschlungen und die Lippen geöffnet hätte? Was hätte er dann wohl getan?
Hätte er zu ihr gesagt: Vergiss das Flugzeug, lass uns irgendwo hingehen, wo wir allein sind, wo ich dich ausziehen und dir Dinge ins Ohr flüstern kann. Wo ich Dinge mit dir tun kann …
Ein kleiner Laut entstieg ihrer Kehle. Fast konnte sie sie fühlen – die Küsse, die Liebkosungen, bevor er sie richtig nehmen würde. Sie war mit Männern zusammen gewesen. Sex machte Frauen genauso viel Spaß wie Männern. Doch das würde anders sein.
Er würde ihr Seufzer entlocken, würde sie sich vor Vergnügen winden lassen, würde sie vor Lust aufschreien lassen …
„ Signorina? Verzeihen Sie, wenn ich störe …“
Anna riss die Lider auf.
Der Mann aus der Lounge stand vor ihr. Der Mann, der sie geküsst hatte. Er stand auf dem Gang und sah auf sie herunter, und das kleine Lächeln um seinen Mund raubte ihr den Atem.
3. KAPITEL
Blau. Draco erinnerte sich wieder daran, dass die Frau blaue Augen hatte. Doch genauso gut könnte man sagen, dass das Meer blau war. Es war eine ungenügende Beschreibung. Die Farben des Tyrrhenischen, des Ionischen und des Mittelmeers um Sizilien waren mehr als nur blau. Die Augen der Frau auch.
Nicht hell, nicht dunkel. Die Farbe erinnerte ihn an die Vergissmeinnicht, die auf den Klippen in Sizilien wuchsen.
Und dann ihr Mund. Es war ein hübscher Mund. Rosige volle Lippen, vor Überraschung geöffnet … verführerisch.
Draco runzelte die Stirn. Das war völlig unwichtig. Sie könnte aussehen
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