Julia Extra Band 358
dabei an Lysander vorbeieilte, stellte er sich ihr in den Weg und hielt sie fest. Empört sah sie ihn an, und er ließ sie so plötzlich los, als hätte er sich verbrannt.
„Entschuldigung, Alyssa, ich habe es nur gut gemeint. Ich wollte vor dir das Flugzeug verlassen, weil ich weiß, was uns erwartet und mehr Erfahrung habe im Umgang mit Empfangskomitees.“
Doch seine Worte kamen zu spät. Das Bordpersonal hatte die Türen bereits geöffnet, und als Alyssa endlich Ra’ids Hand zu fassen bekam, stand sie mit ihm bereits oben auf der Gangway. Eine Welle des Jubels schlug ihr entgegen, denn um Rosaras kleines Flughafengebäude hatte sich eine riesige Menschenmenge versammelt.
Panisch wollte Alyssa zurück in den Jet flüchten, doch Ra’id zog aufgeregt an ihrer Hand. Er strahlte vor Glück und schien ganz in seinem Element zu sein. „Winke! Du musst winken, Alyssa! Ist das nicht toll?“
Als sie dennoch einen Schritt zurücktrat, stieß sie gegen Lysander und blickte sich entschuldigend zu ihm um. Was sie sah, verschlug ihr den Atem. Lysander war zu einem anderen Menschen geworden.
Er wirkte noch größer und charismatischer als sonst. Alle Eigenschaften, die sie so an ihm faszinierten, schienen sich unter Rosaras strahlender Sonne ins Unendliche zu vergrößern.
Hoheitsvoll hob er die Hand, um sein Volk zu grüßen, und tosender Beifall brandete auf. Lysander schien bei seinen Untertanen ebenso beliebt zu sein, wie bei westlichen Medien und Supermodels!
Alyssa war tief beeindruckt. Sie hatte Lysander verdächtigt, ein verantwortungsloser Playboy zu sein, der lediglich seinem Vergnügen frönte, und nun entpuppte er sich plötzlich als geachteter Staatsmann! Ihr Respekt vor ihm stieg. Vielleicht ließ es sich in seiner Heimat einfacher mit ihm umgehen, als es in England der Fall gewesen war.
Nicht nur die Hitze Rosaras, sondern vor allem die neuen Eindrücke und Erkenntnisse ließen Alyssa schwindeln, und sie musste sich beherrschen, um sich nicht schutzsuchend an Lysanders breite Schulter zu lehnen.
Prinz Lysander schien zu ahnen, was in ihr vorging, denn er senkte leicht den Kopf. „Alles okay?“, fragte er so dicht über ihrem Kopf, dass sie seinen Atem auf der Haut spürte.
„Ja, nur der Empfang hat mich überwältigt. Wirst du immer so begrüßt?“
„Meistens. Rosara wird nicht oft angeflogen, und die seltenen Gelegenheiten, wenn der König mit seinem gesamten Hofstaat landet, werden wie ein Volksfest begangen. Was du hier versammelt siehst, ist praktisch die gesamte Landbevölkerung Rosaras.“
Mit Ra’id an der Hand ging Alyssa die Stufen hinunter. Rosara, das Land der Rosen, empfing sie mit einer angenehm trockenen Hitze und einem betäubenden Blütenduft. Ein nie gekannter Optimismus erfüllte sie. Ihr Job gefiel ihr von Tag zu Tag besser – und sie hatte Lysander an ihrer Seite. Die Zukunft schien hell und vielversprechend.
„Du hast es geschafft, die Erde hat dich wieder.“ Lysander lachte leise, als sie von der letzten Stufe traten.
„Deine Ruhe und Fürsorglichkeit haben mir während des Flugs mehr geholfen, als dir vielleicht bewusst ist. Vielen Dank dafür, Lysander. Die Strapazen der Reise haben sich für mich übrigens mehr als gelohnt, ich bin so glücklich, endlich in Rosara sein zu dürfen – und es freut mich für dich, wie sehr dein Volk dich liebt.“
„Ja, das war schon so, als ich noch Kind war. Doch das waren lediglich Vorschusslorbeeren, jetzt muss ich etwas leisten, um nicht nur die Zuneigung, sondern auch die Achtung der Rosarier zu gewinnen.“ So ernst hatte Alyssa Lysander noch nie erlebt. „Das bedeutet für die Zukunft Arbeit rund um die Uhr.“ Er seufzte.
Alyssa verstand ihn nur zu gut. Es war äußerst angenehm, im Zentrum der allgemeinen Bewunderung zu stehen, doch die Verantwortung für ein ganzes Volk zu tragen, musste bisweilen erdrückend sein. Auch sie wusste von derartigen Belastungen ein Lied zu singen, wenn auch auf einer anderen Ebene.
Kaum hatten sie die Landebahn betreten, als eine schwarze Limousine mit aufgeklapptem Verdeck vorfuhr. Alyssa bekam einen Schrecken. Wurde von ihr etwa erwartet, an Lysanders Seite in einem offenen Auto durch die jubelnde Menge zu fahren?
Ein Chauffeur in farbenprächtiger Uniform öffnete den Schlag und salutierte. Ra’id nahm wie selbstverständlich auf dem Beifahrersitz Platz. Trotz seines königlichen Status ließ Lysander es sich nicht nehmen, sich höflich vor Alyssa zu verbeugen und sie zuerst
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