Julia Extra Band 358
und Jetzt nichts zu suchen. Es war zu gefährlich, zu demütigend und zu selbstzerstörerisch, deshalb musste sie es um jeden Preis ignorieren.
Mit aller Macht zwang Laura ihre Gedanken zurück in die Gegenwart. Das Galadinner war eigentlich als krönendes Finale der Geschäftsreise geplant worden, bei dem der erfolgreiche Vertragsabschluss gefeiert werden sollte. Nun, nachdem die Verhandlungen ins Stocken geraten waren, würde es einfach eine weitere formelle Veranstaltung werden.
Laura war nicht sicher, ob sie das richtige Kleid für den Anlass gewählt hatte. Es hatte lange, enge Ärmel, aber während die Vorderseite dezent mit Perlen bestickt und hochgeschlossen war, reichte der tiefe Rückenausschnitt bis knapp über ihr Steißbein. Darüber befand sich zwar eine Lage hauchzarten, durchsichtigen Stoffs, den man aber nur beim genauen Hinsehen bemerkte, und der nicht das Geringste verhüllen konnte. Auch der Schnitt war so raffiniert, dass die Robe zwar nicht zu eng wirkte, der feine Stoff sich jedoch mit jeder Bewegung aufreizend um Lauras Körper schmiegte. So etwas Ungewöhnliches hatte sie noch nie angehabt, und sie würde damit in jedem Fall Aufsehen erregen.
Nach allem, was sie über Gang Li wusste, war es vielleicht cleverer, ihn nicht unnötig zu provozieren. Allerdings gab ihr Berufskleiderschrank sonst nichts her, das für diesen Anlass geeignet gewesen wäre. Und das Abendkleid war ja keinesfalls vulgär. Trotzdem zögerte Laura.
So ein Kleid war für eine Frau gemacht, die sich ihrer eigenen Sinnlichkeit bewusst war und genau wusste, wie sie das Verlangen in einem Mann wecken konnte. Wie sie beispielsweise einen Mann von Vasiliis Format dazu brachte, sie zu betrachten, sie zu begehren, sie berühren und liebkosen zu wollen, während er mir seiner …
Die lüsterne Richtung, die ihre eigenen Gedanken plötzlich nahmen, erschreckte Laura. Wie aus dem Nichts verspürte sie plötzlich einen Sog in ihrer Mitte, und sie lechzte regelrecht danach, diesem Gefühl nachzugeben, wohin es sie auch führen mochte.
Um sich abzulenken, steckte sie sich sorgfältig die Haare zu einem lockeren Knoten hoch. Sie merkte, dass sie für diese Frisur dringend ein Paar Ohrringe brauchte, und zwar die Ohrringe ihrer Mutter. Doch als sie die Schachtel in den zitternden Händen hielt, entschied sie spontan, nur einen der Originale zu tragen und den zweiten durch Vasiliis Replik zu ersetzen.
Später im Wohnzimmer schlichen Laura und Vasilii buchstäblich umeinander herum, ohne wirklich ein Wort zu wechseln. Lauras Verstand betrachtete Vasilii als Gegner, aber ihr Körper hatte dazu eine ganz andere Meinung. Und Vasiliis beeindruckende Aufmachung im korrekt sitzenden schwarzen Anzug tat ihr Übriges. Sie hätte sich ihm am liebsten in die Arme geworfen.
Er konnte seinerseits den Blick nicht davon abwenden, wie dieses ungewöhnliche Abendkleid bei jedem Schritt Lauras Körper umschmeichelte. Seine Libido führte längst ein Eigenleben, während er beobachtete, wie der dunkle Stoff Lauras Haut streichelte. Dabei hatte er schon weitaus aufreizendere Modelle zu Gesicht bekommen und teilweise auch mit den entsprechenden Damen geschlafen. Aber nichts hatte in seiner Erotik an Lauras heutigen Auftritt herangereicht.
„Ich sehe, Sie tragen die Ohrringe?“, bemerkte er heiser und räusperte sich hastig.
Er wusste selbst nicht, was diese Bemerkung sollte. Was kümmerte es ihn, für welchen Schmuck sie sich entschied?
„Ja“, antwortete sie nachdenklich und berührte mit den Fingerspitzen das Exemplar, das Vasilii für sie hatte anfertigen lassen. Erschrocken ließ sie die Hand wieder fallen und fühlte sich augenblicklich ertappt. Aber wie sollte er ahnen, dass sie das Schmuckstück nur angefasst hatte, weil es von ihm extra für sie angefertigt worden war? Er wusste schließlich nicht einmal, dass sie es wusste.
„Wir sollten uns auf den Weg machen.“ Entschlossen wandte sie sich zum Gehen und präsentierte Vasilii dabei zum ersten Mal ihre Rückseite.
Ihm blieb buchstäblich die Spucke weg, und sein männliches Verlangen war sofort geweckt. Es war ein beklemmendes, unangenehmes Ziehen, mit dem er nun zu kämpfen hatte – und alles wegen seiner sexuellen Unbeherrschtheit. Wie konnte er sich nur so gehen lassen?
Was sich gerade in seinem Kopf abspielte, entsprach gar nicht der Vorstellung, die Vasilii von sich selbst als Mann hatte. Die Lust rauschte wie eine Flutwelle durch seinen Kopf, und sein Verstand ertrank
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