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Julia Extra Band 359

Julia Extra Band 359

Titel: Julia Extra Band 359 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Ellis Maisey Yates Melissa James Jackie Braun
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seinem Gewicht standhielt und das Seil lang genug war. Die Fenstervorhänge hatten sie nicht mit dazugenommen, das hatten sie nicht gewagt. Vielleicht wäre es aufgefallen, wenn sie fehlten, auch wenn sie niemanden draußen vermuteten.
    Es ging schon auf drei Uhr zu, als sie endlich fertig waren. Zeit, sich zu beeilen. Viel länger konnten sie ihre Scharade nicht aufrechterhalten, irgendwann war selbst der größte sinnliche Hunger gestillt, und die Wachen würden erwarten, dass Ruhe einkehrte.
    Harun nahm Ambers Hände und flüsterte: „Du weißt, was zu tun ist. Sobald ich unten bin, ziehe ich dreimal am Seil. Sei jetzt stark, ja? Wir schaffen das schon.“
    Er küsste sie ein letztes Mal, dann schwang er sich geschmeidig durch das Fenster und begann, sich vorsichtig abzuseilen. Nicht ohne vorher ein Stoßgebet zu sprechen, dass die Scharfschützen wirklich nur Staffage gewesen waren. Da er nicht wusste, wie die Häuserfront unter ihm beschaffen war, hielt er sich allein mit den Händen fest. Er wagte es nicht, sich mit den Füßen an der Wand abzustützen, aus Angst, ein Fenster zu treffen und so die Entführer auf sich aufmerksam zu machen. Irgendwann wurden seine Hände wund von dem rauen Stoff, doch darauf war er vorbereitet. Schmerzen konnte er ertragen, das hatte er im Kampf gelernt. Aber konnte Amber es auch? Sie war tapfer, keine Frage, aber war sie dieser Situation wirklich gewachsen? Würde sie nicht in Panik geraten? Wie weit würden sie barfuß überhaupt kommen?
    Hör auf damit.
    Jetzt war es zu spät für solche Gedanken. Einen Fehler durch Unkonzentriertheit konnte er sich nicht erlauben, das ganze Unternehmen war schon riskant genug.
    Das letzte Stück musste er springen, das Seil war nicht lang genug. Federnd kam er unten auf dem Boden auf. Geschafft! Der erste Schritt in die Freiheit war getan. Wenigstens hatten die Nadeln sein provisorisches Gewand zusammengehalten. Sorgfältig überprüfte er seine Umgebung. Nichts Verdächtiges zu sehen. Dann zog er wie verabredet am Seil, und Amber erschien am Fenster.
    Was war das? Warum zögerte sie so lange? Die Dämmerung begann bereits einzusetzen, bald würde sich die Sonne am Horizont zeigen. Endlich schwang Amber die Beine aus dem Fenster und ließ sich erst langsam, dann immer schneller an dem rauen Stoff hinabgleiten. Harun konnte förmlich spüren, wie ihre Handflächen brannten. Er litt mit ihr – und erschrak, als sie gegen Ende plötzlich regelrecht herunterschoss. Sie würde doch nicht etwa …
    Wenige Sekunden später sprang sie anmutig neben ihn und funkelte ihn stolz an. „Du dachtest, ich stürze ab, was?“
    Statt einer Antwort riss er sie an sich, um sie kurz und hart zu küssen, als Ausdruck der Angst, die er um sie ausgestanden hatte.
    „Wohin jetzt?“, zischte sie, nachdem er sich von ihr gelöst hatte.
    Er deutete in östliche Richtung. „Jetzt weiß ich, wo wir sind. Dass ich das nicht eher gemerkt habe … Hier in der Gegend hatten wir das erste Scharmützel mit den al-Shabbats. Wir sind nur ungefähr fünfzehn Meilen von Sar Abbas entfernt.“
    „Fünfzehn Meilen.“ Das klang wenig zuversichtlich. „Hoffentlich schaffe ich das.“
    Plötzlich überkamen ihn ernsthafte Zweifel an ihrem Unternehmen. Warum hatte niemand sie entdeckt und versuchte sie aufzuhalten? Eigentlich war das nicht logisch … Energisch verscheuchte er die beunruhigenden Gedanken, nahm Amber bei der Hand und rannte los.

9. KAPITEL
    Scheichpalast in Sar Abbas, wenige Stunden später
    In dem opulent ausgestatteten Büro, das während seiner Abwesenheit von Harun genutzt worden war, sprang Alim von seinem Schreibtischsessel auf und stürzte auf seinen Bruder zu, der gerade seelenruhig zur Tür hereinspaziert kam, gefolgt von Amber. „Akhi al-aziz!“
    Mein geliebter Bruder. Alims Worte klangen wie ein Déjà-vu in Haruns Ohren, ein Echo seiner eigenen Worte vor wenigen Wochen in Afrika. Alim wirkte überwältigt vor Erleichterung, sein Griff um Haruns Schultern war fest. Der wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte.
    Vor Sorge grau im Gesicht, ließ Alim sich wieder hinter seinen Schreibtisch sinken und wies mit einer einladenden Geste auf die Besucherstühle davor. „Allah sei Dank, ihr lebt. Als es keine Lösegeldforderung gab, rechnete ich schon mit dem Schlimmsten. Zwei deiner Leibwächter wurden mit Chloroform außer Gefecht gesetzt, einer meiner eigenen Leibwächter kam fast ums Leben, als er verhinderte, dass man mich ebenfalls entführt.

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