Julia Extra Band 361
übergehen.
Royce umklammerte ihre Handgelenke und löste ihre Hände, die sich um seinen Nacken geschlungen hatten.
„Bleiben Sie hier“, sagte er und zog sie hinter sich, sodass er nun zwischen Steve und ihr stand.
Die Luft flirrte vor Spannung.
Sie konnte spüren, dass Royce bereit war zu kämpfen. Doch es war nicht nötig. Sie hörte eilige Schritte, dann das Schlagen einer Autotür und schließlich das Quietschen von Reifen, als die schwarze Limousine losraste. Lediglich eine Wolke von Abgasen und der Gestank verbrannten Gummis blieben zurück.
Mit angespannter Miene wandte sich Royce ihr zu. Er schüttelte sie an den Oberarmen. „Sie verdammter Dummkopf. Sich so davonzustehlen war ziemlicher Unsinn. Was haben Sie sich nur dabei gedacht?“
Shara blinzelte ihn an. Ihr Herz schlug bis zum Hals.
Royce war zornig.
Sehr zornig.
Mit Steve hatte sie so etwas oftmals erleben müssen.
In solchen Momenten zog sie sich innerlich zurück, genau wie jetzt. Ihr ganzer Körper versteifte sich, der Atem ging stoßweise.
Der graue, rauchige Nebel der Angst umschloss sie wie ein Schleier. Sie war wie betäubt.
„Es … es … tut mir … leid“, stammelte sie und erschrak gleichzeitig, wie ängstlich sie klang. Seit der Zeit mit Steve hatte sie sich nicht mehr so klein und unbedeutend gefühlt. „Das war unbeherrscht von mir.“
Ein tiefes Gefühl der Scham durchflutete sie.
Auf keinen Fall wollte sie sich in die Frau zurückverwandeln, die sie einmal gewesen war.
Es gibt vielfältige Gründe, es in einer unglücklichen Beziehung auszuhalten, dachte Shara. Aber sie lagen nicht etwa am mangelnden Willen oder der Charakterschwäche des Opfers.
Es hatte eine ganze Weile gedauert, bis Shara herausgefunden hatte, warum sie so lange bei Steve geblieben war.
Ein Grund war sicher ihre Unfähigkeit gewesen, sich einzugestehen, dass diese Ehe von vornherein ein schwerer Fehler gewesen war. Auch ihr Vater war dagegen gewesen und sie wollte nicht einsehen, dass er recht behalten hatte.
Doch der wahre Grund für ihr Bleiben war pure Angst gewesen.
Schleichende, lähmende Angst.
Steves Drohungen hatten sie über lange Zeit zur Handlungsunfähigkeit verdammt.
Sie hatte immer befürchtet, dass er gewalttätig werden würde, wenn sie ihn verlassen würde.
Tief holte sie Luft. Langsam kehrte ihr Herzschlag zu seinem normalen Rhythmus zurück. Die Angst verschwand und mit ihr der graue Nebel.
Nie wieder wollte sie die verängstigte Frau von damals sein.
Durch die Erfahrungen aus ihrer Ehe reagierte sie manchmal überempfindlich. Doch das ließ sich ändern.
Sie konnte daraus lernen. Sie würde daraus lernen.
Und sie wollte jetzt damit beginnen. In dieser Minute.
Royce starrte Shara an. Er erkannte die Angst in ihren Augen und wusste im selben Moment, dass er der Grund dafür war. Er hörte ihr Stammeln und merkte, dass auch das an seinem Verhalten ihr gegenüber lag.
Sein Herz setzte einen Schlag aus.
Er war ein Narr.
Ein dummer, gedankenloser Narr.
Er hatte das arme Mädchen zu Tode erschreckt. Als ob ihr nicht schon genügend Angst eingejagt worden wäre.
Royce holte tief Luft, um seine Anspannung abzuschütteln. Sanft strich er über ihren Oberarm. „Es ist alles gut, Shara. Ich hätte Sie nicht anschreien dürfen. Es tut mir leid.“
Sie starrte zu Boden.
„Das war unüberlegt von mir“, fuhr er fort. „Ich wollte Sie nicht erschrecken.“
Shara zitterte, und ihr Atem ging in kurzen Stößen.
„Ganz ruhig“, sagte er in besänftigendem Ton. „Holen Sie tief Luft. Ein und aus.“
Langsam ließ ihr Zittern nach.
„So ist es gut. Fast schon wieder normal.“ Er versuchte, sie aufzumuntern.
Schließlich hob Shara den Kopf. „Lassen Sie mich los.“
Royce reagierte sofort und trat ein paar Schritte zurück. Er hatte sie verängstigt, vielleicht würde die Distanz zwischen ihnen helfen.
Sie sollte sich sicher mit ihm fühlen. Nicht nur deshalb, weil es ihm seine Aufgabe vereinfachte. Er war kein Mann, der sich an der Angst wehrloser Frauen erfreute. Das überließ er lieber Typen wie Brady.
„Gut so“, sagte er noch einmal und war beruhigt, dass ihre Atmung sich wieder normalisiert hatte. „Alles wird gut.“
Shara starrte ihn zornig an. „Alles wird gut? Daran habe ich starke Zweifel, wenn Sie mich in Situationen wie diese bringen.“
Er zeigte mit dem Finger auf sich. „Wollen Sie damit sagen, dass ich Sie in diese Lage gebracht habe?“, fragte er ungläubig.
„Ganz
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