Julia Extra Band 361
Herumsitzen kam, fühlte er sich überraschend entspannt. Er fühlte sich sogar auf ganz eigenartige Weise zufrieden . Zum ersten Mal in seinem Erwachsenenleben befand er sich alleine in einem Raum mit einer Frau, die nicht darauf aus war, ihm die Kleider auszuziehen …
„Nur noch ganz leichte Kopfschmerzen.“ Er legte sich anders hin, während er beobachtete, wie sie sich auf ihre erstaunlich langen Beine setzte. „Aber sonst fühle ich mich bestens.“
Als Isobel das Glitzern in seinen schwarzen Augen sah, war dieses leise Unbehagen wieder da. Sie wollte nicht, dass er sie so ansah. Er sollte sofort aufhören damit. Sie griff sich den Schürhaken und begann unnötigerweise wieder im Feuer herumzustochern. „Fein.“
Während Tariq seinen Tee trank, registrierte er, dass sie plötzlich angespannt wirkte. Konnte es sein, dass sie es auch spürte? Dieses Knistern, das zwischen ihnen in der Luft lag?
Er versuchte, seinen Gedanken eine andere Richtung zu geben, indem er sich in eine belanglose Konversation flüchtete. „Ich wusste gar nicht, dass Sie dieses Haus auf dem Land haben. Ich dachte, Sie leben in London.“
Isobel legte den Schürhaken weg. Seine Bemerkung erinnerte sie daran, wie ungleich ihre Beziehung war. Sie wusste alles über seine Lebensumstände, während er über ihre praktisch nichts wusste … und auch gar nichts wissen wollte.
„Das stimmt. Hier verbringe ich nur oft meine Wochenenden, was ja an sich ein ziemlicher Luxus ist. Ich sollte das Haus eigentlich verkaufen, dann könnte ich mir in London eine größere Wohnung leisten, aber ich kann mich nicht entschließen. Meine Mutter hat sich dieses Haus vom Mund abgespart, und als sie in Rente ging, war sie froh, dass sie es hatte.“ Als sie die Frage in seinen Augen las, atmete sie tief durch und fuhr fort: „Sie ist vor sechs Jahren gestorben.“
„Und was ist mit Ihrem Vater?“
Sie ging automatisch auf Abstand. „Was soll mit ihm sein?“
„Sie reden nie über ihn.“
„Sie haben ja auch noch nie nach ihm gefragt.“
„Stimmt.“ Weil er sich für das Privatleben seiner Angestellten nicht interessierte. Prinzipiell nicht. Aber die ungewöhnlichen Umstände jetzt erlaubten es doch bestimmt, gegen gewisse Prinzipien zu verstoßen, oder? Irgendwie machte Izzys Zögern ihn so neugierig, dass sein angeborener Jagdinstinkt erwachte. Tariq lehnte sich zurück und schaute sie an. „Jetzt frage ich.“
Isobel sah, dass seine Augen vor Neugier funkelten. Unter anderen Umständen hätte sie sich in lange eingeübte Ausreden geflüchtet. Aber Tariq war schließlich nicht irgendwer, sondern ihr langjähriger Chef.
Sie zuckte betont beiläufig die Schultern. „Ich kenne meinen Vater nicht.“
„Wie, Sie kennen ihn nicht?“
„Wie ich es sage. Ich bin ihm nie begegnet. Für mich war er immer nur der Mann, der vor meiner Geburt mit meiner Mutter eine Affäre hatte.“
„Was ist passiert?
Ihre Mutter war über ihren Schmerz, den Groll und das Gefühl, verraten worden zu sein, nie wirklich hinweggekommen und hatte danach allen Männern feindlich gegenübergestanden. War diese negative Sichtweise ihrer Mutter vielleicht der Grund dafür, dass Isobel Männern immer ganz bewusst aus dem Weg gegangen war?
„Er sagte ihr, dass er kein Kind wollte, und ging“, erwiderte sie langsam. „Am Anfang dachte meine Mutter noch, es sei der Schock, deshalb ließ sie ihm ein paar Tage Zeit, damit er darüber nachdenken konnte. Als sie ihn später zu erreichen versuchte, hatte er sich aus dem Staub gemacht.“
„Aus dem Staub gemacht?“ Tariq hob die Augenbrauen. „Wohin denn?“
„Keine Ahnung, sie hat es nie erfahren. Er war wie vom Erdboden verschluckt.“ Sie begegnete seinem ungläubigen Blick und schüttelte den Kopf. „Das ist alles erst ein Vierteljahrhundert her, aber ohne Internet war es noch nicht so einfach wie heute, Leute zu finden. Außerdem wollte er nicht gefunden werden.“
Tariqs Furchen auf der Stirn vertieften sich. „Dann hat er Sie nie gesehen?“
„Nein. Er weiß nicht einmal, dass ich existiere“, erwiderte sie betont beiläufig. Und manchmal schaffte sie sich tatsächlich einzureden, dass es ihr nichts ausmachte. Aber insgeheim wusste sie natürlich, dass das nicht stimmte. Weil der Gedanke an den Vater, den sie nie gehabt hatte, ihr jedes Mal einen scharfen Stich versetzte.
Als Tariq gewisse Parallelen zwischen sich selbst und ihr erkannte, spannte er sich für einen Moment an. Sie war wie er aufgrund
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