Julia Extra Band 364 (German Edition)
Stammlokal.“ Drakon ließ den Blick durch den Raum schweifen, durchaus angetan von der rustikalen Atmosphäre, die das Restaurant ausstrahlte. Die Tische hatten alle rotweiß karierte Tischdecken, mit Kerzen, die in bauchigen Weinflaschen standen, und die Wände waren mit farbenprächtigen italienischen Drucken geschmückt. Aus der Küche duftete es nach Knoblauch, und Drakon lief das Wasser im Mund zusammen.
„Überrascht dich das?“, fragte sie amüsiert.
Drakons Blick wanderte zu Gemini zurück. Insgeheim musste er zugeben, dass ihn an dieser jungen Frau so gut wie alles überraschte. Was sich für ihn mehr und mehr zu einem riesigen Problem entwickelte.
Er zuckte mit den Schultern und griff nach der Speisekarte. „Ich bin sicher, dass das Essen hier ganz passabel ist.“
Sie schnaubte. „Das Essen ist absolute Spitzenklasse.“
Drakon überflog die Speisekarte. „Kannst du etwas empfehlen?“
Er saß über die Speisekarte gebeugt da. Sein kantiges Gesicht wirkte im warmen Kerzenschein weicher, und die seidige schwarze Brustbehaarung, die aus seinem am Hals offen stehenden Hemd hervorlugte, ließ Geminis Herz schneller schlagen.
„Gemini?“
Sie spürte, dass sie rot wurde. Mit dem Gefühl, ertappt worden zu sein, schaute sie auf und begegnete Drakons glitzerndem Blick. „Alles“, erwiderte sie eilig. „Hier schmeckt alles gut.“
Die schwarzen Augen fuhren fort, sie eindringlich zu mustern. Das waren lange spannungsgeladene Sekunden, in denen die Stimmen der anderen Gäste so weit in den Hintergrund rückten, dass es sich anfühlte, als ob Gemini und Drakon ganz allein im Raum wären. Und Gemini war unfähig, sich aus dem Bann dieses zwingenden Blicks zu lösen. Sie hatte gehofft, diese Unzurechnungsfähigkeit – oder was es auch sein mochte, woran sie im Zusammenhang mit ihm litt – überwunden zu haben, wenn sie Drakon das nächste Mal begegnete. Doch das war leider nicht der Fall, wie sich jetzt herausstellte … ganz im Gegenteil: Sie konnte sich seiner Faszination einfach nicht entziehen. Außerdem war ihr nur allzu deutlich bewusst, dass eine einzige Berührung von ihm, ein einziger Kuss dazu führen würde, dass ihr die Kontrolle entglitt. So etwas kannte sie normalerweise gar nicht von sich, nur bei ihm bestand ständig die Gefahr. Weshalb er extrem gefährlich für sie war, wie sie längst erkannt hatte.
Sie straffte die Schultern, entschlossen, den Bann zu brechen, der sie ein weiteres Mal zu überwältigen drohte. „Und wie war deine Woche?“, fragte sie betont neutral.
„Arbeitsreich.“ Drakon legte die Speisekarte auf den Tisch. „Und deine?“
Sie zuckte die Schultern. „Ebenso.“
„Hat sich deine Stiefmutter noch mal bei dir blicken lassen?“
Gemini warf ihm einen kühlen Blick zu. „Ich bin sicher, Max hätte dich sofort informiert, wenn das der Fall gewesen wäre.“
Drakons Lippen wurden schmal. „Markos sagt, dass du über Max’ schützende Hand wenig erfreut warst.“
„Hat er das, ja? Im Endeffekt hat es aber nichts geändert.“
Drakon seufzte schwer. „Wäre es dir lieber gewesen, ich hätte dich dieser Furie schutzlos ausgeliefert?“
„Also, um es noch mal ganz deutlich zu sagen: Ich erwarte, bei derartigen Aktionen miteinbezogen zu werden“, betonte sie ungehalten.
Er zog die Augenbrauen hoch. „Und was wäre gewesen, wenn ich gefragt hätte?“
„Dann hätte ich dich darauf hingewiesen, dass es überflüssig ist. Immerhin warst in erster Linie du der Grund dafür, dass Angela so ausgeflippt ist, und nachdem du weg warst …“
Drakon lächelte bitter. „Und jetzt bin ich wieder da, nur falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte.“
Als ob irgendeiner Frau die Anwesenheit von Drakon Lyonedes verborgen bleiben könnte. Der Mann brauchte einen Raum nur zu betreten und schon war alle Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet. Eine Beobachtung, die sich bereits Sekunden später als höchst zutreffend herausstellen sollte, als Benito an ihren Tisch kam, um ihre Bestellung aufzunehmen, ohne Gemini dabei die gewohnte Beachtung zukommen zu lassen.
„Was ist?“, fragte Drakon, sobald sie wieder allein waren und er ihre Verstimmung bemerkte.
Sie schüttelte den Kopf. „Gar nichts. Außer, dass du mir meinen üblichen aufregenden Zwei-Minuten-Flirt mit Benito vermasselt hast.“
Drakon zog die Augenbrauen hoch. „Du flirtest mit dem Kellner?“
„Mit größtem Vergnügen! Nur dass Benito nicht der Kellner ist, sondern der
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