Julia Extra Band 364 (German Edition)
Leben hier, wenngleich es auch nur temporär war, einfach nicht vorbereitet. Ein Abendessen bei einem König?
Noch dazu einem König, der mit Maliks Heirat gar nicht einverstanden gewesen war.
„Ist das wirklich eine gute Idee? Ich werde doch sowieso nicht hierbleiben.“
Er zuckte die Schultern.
„Nein, wahrscheinlich ist es tatsächlich keine gute Idee. Es wurde uns jedoch befohlen, zu erscheinen. Ich denke, mein Bruder ist neugierig.“
„Neugierig?“
„Auf die Frau, die mich dazu gebracht hat, mein geliebtes Junggesellendasein aufzugeben. Auch wenn sie sich jetzt von mir scheiden lassen möchte.“
Sydney schlug die Augen nieder.
„Hör auf“, bat sie ihn.
„Hör auf womit? Die Wahrheit zu sagen?“
„Du lässt es so aussehen, als seist du verletzt. Das bist du aber nicht, Malik. Dein Stolz mag verletzt sein, aber nicht dein Herz.“
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie er die Augen niederschlug.
„Wie gut du mich kennst“, bemerkte er spöttisch.
Sydney schloss die Augen und seufzte tief.
„Ich habe auf dieses Gespräch jetzt wirklich keine Lust“, erklärte sie. „Können wir einfach nur in Ruhe essen?“
„Natürlich“, gab er nach einem Moment des Schweigens zurück, griff nach einem weiteren Stück Brot, riss es in zwei Hälften und reichte ihr eine. Für einen kurzen Moment berührten sich ihre Finger, als sie das Brot entgegennahm. Es fühlte sich an wie ein Stromstoß, der durch Sydneys ganzen Körper fuhr.
Gab es wirklich keine andere Möglichkeit? Musste sie hier in Jahfar sein, in Maliks Haus leben, mit ihm essen, in sein einst so geliebtes Gesicht schauen mit dem Wissen, dass ihre Beziehung keine Zukunft hatte? Und als ob das nicht schon schlimm genug war, musste sie jetzt auch noch seinen Bruder kennenlernen – dem Malik damals erzählt hatte, er bereue es, sie geheiratet zu haben.
Wie erniedrigend das für sie sein würde!
Schweigend tunkte Sydney ihr Brot in die Soße und häufte, so wie sie es bei Malik beobachtet hatte, etwas von dem Reis und dem Lamm darauf. Sie hatte gerade vom Brot abgebissen, als sie bemerkte, wie er sie forschend ansah.
„Was?“, fragte sie. „Habe ich Soße am Kinn?“
„Nein.“ Er schob sich einen weiteren Bissen in den Mund, während Sydney angestrengt die vielen Schälchen auf dem Tisch fokussierte. Er machte sie nervös. „Ich habe nur gerade gedacht, dass dir die jahfarische Küche zu schmecken scheint. Das freut mich. Heute Abend beim Dinner wird es wohl nichts geben, was für dich exotisch wäre. Die Königin ist Halbamerikanerin und wird sicher dafür sorgen, dass du dich heimisch fühlst.“
„Das ist gar nicht nötig“, beeilte Sydney sich, ihm zu versichern. „Ich probiere gern neue Dinge aus.“
Sein Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln. Sydney wusste genau, er dachte bei ihren Worten nicht ans Essen.
„Ja, ich erinnere mich“, entgegnete er.
Sie spürte, wie ihr das Blut in den Kopf stieg.
„Du wirst heute Abend eine Abaya tragen müssen“, erklärte er, ohne weiter darauf einzugehen. „Ich habe verschiedene Modelle bestellt. Du kannst dir eins davon aussuchen.“
„Gut“, entgegnete sie. „Ich werde die Abaya natürlich selbst bezahlen.“
„Du willst rein gar nichts von mir annehmen, was? Früher warst du nicht so.“
Er hatte recht. Sie hatte nie protestiert, wenn er ihr etwas geschenkt hatte. Aber damals war es eine vollkommen andere Situation gewesen.
„Ich möchte einfach nicht in deiner Schuld stehen“, erklärte sie.
„Wie seltsam“, entgegnete er. Seine Gesichtszüge wirkten angespannt.
„Warum ist das seltsam?“
„Weil du bereits in meiner Schuld stehst. Du schuldest mir immer noch eine Erklärung, warum du damals mitten in der Nacht einfach abgehauen bist.“
Für einen Moment war sie sprachlos angesichts seiner direkten Konfrontation.
„Ich schulde dir überhaupt nichts. Du hättest mich doch auch fragen können, was los ist. Du hättest anrufen können. Du hast überhaupt nichts unternommen. Weil du mich sowieso loswerden wolltest!“
Es tat ihr weh, diese Worte auszusprechen, auch wenn sie wahr waren. Sie hatte es ihm abgenommen, sich von ihr zu trennen, indem sie selbst gegangen war.
Wütend funkelte er sie an.
„Glaubst du ernsthaft, ich besäße nicht die nötige Courage, mich aus einer Beziehung zu lösen, die ich nicht mehr will?“
Was sollte sie sonst denken? Wenn sie ihm wirklich etwas bedeutete, hätte er doch kein Jahr vergehen lassen, bis er wieder
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