Julia Extra Band 370
beobachtete, wie Shirley ihren bauschigen Rock unters Lenkrad klemmte. „Nicht gerade praktisch zum Schwimmen.“
„Der Rock wird nicht nass.“
Misstrauisch kniff Hayden die Augen zusammen. „Weil du es nicht wirst oder weil du etwas anderes dabeihast?“
„Ich habe etwas anderes dabei.“ Nicht, dass sie im Badeanzug vor dem Mann herumlaufen wollte, der solch einen Witz über ihre Kurven gemacht hatte – und anscheinend auf genau diese Kurven fixiert war.
Während der halbstündigen Fahrt saß Hayden mürrisch neben ihr, obwohl sie unterwegs sogar für ihn an einem Drive-in-Café hielt. Er beugte sich über sie, um den Kaffeebecher entgegenzunehmen, und streifte sie dabei mit der Schulter. Die Berührung, seine Körperwärme und sein Duft blieben ihr für den Rest der Fahrt beunruhigend im Gedächtnis haften.
Als sie am Strand ankamen, suchte sich Hayden einen schattigen Platz, um noch ein bisschen zu dösen. Shirley ging zu den Umkleidekabinen.
Sie zog den dunkelroten Rock, das Top und die Schuhe aus, stellte sich vor den Spiegel und musterte kritisch, was übrig war. Schwarzer einteiliger Badeanzug, hauchdünner schwarzer Wickelrock und lila-schwarz gestreifte Strümpfe bis zur Mitte der Oberschenkel.
Ziemlich gut. Gegen ihre kurvenreiche Figur konnte sie nichts tun. Die hatte sie, seit sie sechzehn war, und sie hatte sie notgedrungen lieben gelernt. Wichtig war, dass sie trotzdem noch wie Shiloh aussah. Und Shiloh konnte problemlos nach draußen gehen und eine halbe Stunde mit Hayden Tennant im Wasser verbringen.
Selbst wenn Shirley nicht sicher war, ob sie es konnte.
Heute ging es nicht darum, wie sie im Badeanzug aussah. Es ging nicht einmal um Hayden. Sie würde etwas erleben, wozu ihre Mutter niemals die Chance bekommen hatte.
Sie würde verwirklichen, was sie sich mit vierzehn geschworen hatte.
Energisch wandte sie sich vom Spiegel ab und trat nach draußen ins Sonnenlicht.
„Was hast du so lange da drin …?“ Hayden verstummte und starrte sie fasziniert an.
Nicht jeder hatte Verständnis für ihren Modegeschmack. Und diesen Blick erlebte sie ein Dutzend Mal am Tag. Aber bei Hayden ärgerte sie sich besonders darüber.
„Wollen wir?“
„Du kannst nicht … Kannst du darin schwimmen?“, fragte er fassungslos.
„Wahrscheinlich brauche ich nicht zu schwimmen. Die Delfine werden zu uns kommen.“
Er lächelte rätselhaft und folgte ihr bis ans Wasser. Shirley war auf einen weiteren Witz über ihre Figur gefasst.
Keiner kam.
„Hi“, sagte sie freundlich zu dem jungen Mädchen, das auf sie beide wartete, „ich bin …“
„Ich weiß, wer Sie sind“, unterbrach der Teenager sie begeistert und hakte ihren Namen auf der Anmeldeliste ab. „Ich konnte es kaum glauben, als ich gesehen habe, wer heute teilnimmt!“
Verwirrt blickte Hayden von Shirley zu dem jungen Mädchen und wieder zurück. Kleine Rache dafür, wie er gestern versucht hatte, sie aus dem Konzept zu bringen.
„Ich freue mich darauf.“ Shirley lächelte. „Wie läuft das jetzt ab?“
Sie sollten zu dem ehrenamtlichen Mitarbeiter hinauswaten und dann stillstehen, wenn die Delfine kamen.
Ganz einfach.
Aber nicht für Hayden. Er stand wie angewurzelt da, während sie in Wickelrock und Strümpfen vor ihm in die Brandung watete.
Shirley drehte sich um. „Worauf wartest du?“
Er schob die Sonnenbrille hinunter und folgte ihr.
Der Freiwillige empfing sie mit strengen Sicherheitsanweisungen, obwohl schlimmstenfalls die Delfine zu ausgelassen werden und jemanden umwerfen konnten. Danach öffnete er einen Beutel und holte einen aufgetauten Leckerbissen heraus, den er unter Wasser hin und her schwenkte. „Köderfisch“, sagte er.
Shirley musste lächeln und blickte Hayden an. Er lächelte auch.
Nach wenigen Minuten schwammen drei neugierige Delfine um sie herum und stupsten sie immer wieder an.
„Sie sind gut dressiert“, meinte Hayden.
„Nicht dressiert. Sie kommen, weil sie es wollen.“
Hayden schnaubte spöttisch. „Es hat nichts mit dem Fisch zu tun?“
„Wir nehmen nur einen einzigen Fisch, um sie zu ermuntern, herzukommen. Sie sollen sich nicht daran gewöhnen. Sie bleiben nicht, weil sie gefüttert werden, sondern weil sie uns interessant finden. Wir bringen lediglich Menschen an diese Stelle, damit sie den Delfinen begegnen können.“
„Aber Sie verlangen Geld dafür?“
„Hayden“, zischte Shirley. „Erinnerst du dich daran, warum wir hier sind? Würdest du deinen Zynismus bitte ein
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