Julia Extra Band 370
schwer?“, fragte Angelo vorsichtig. „Du stammst aus einer guten Familie, bist im Wohlstand aufgewachsen, hast ein Dach über dem Kopf und genug zu essen. Warum bist du so unglücklich? Vielen Menschen geht es bedeutend schlechter als dir.“
Natalie verdrehte die Augen und machte sich auf den Weg ins Badezimmer. „Ich erwarte nicht, dass du mich verstehst.“
„Ich möchte dich aber verstehen“, rief Angelo verzweifelt.
Erstaunt drehte sie sich um. Ernst und zutiefst besorgt schaute er sie an. Wenn sie ihm nun die Wahrheit sagen würde – würde er sich dann entsetzt für immer von ihr abwenden? Das würde ihr endgültig das Herz brechen! Sie seufzte tief auf und stieß die Tür auf. „Ich gehe jetzt duschen. Wir sehen uns dann unten.“
Angelo trank im Frühstückszimmer Kaffee, als Natalie auftauchte – kühl und gefasst, als wäre nichts geschehen. Die Eisprinzessin war wiederauferstanden.
Höflich rückte er ihr den Stuhl zurecht. „Meine Mutter hat eine Shoppingtour organisiert. Sie kommt her, sobald sie der Haushälterin die Anweisungen für den Tag gegeben hat.“
„Shopping? Aber ich brauche gar nichts.“ Natalie runzelte erstaunt die Stirn.
„Hast du etwa vergessen, dass wir am Sonnabend heiraten, cara ?“
Sie setzte sich und legte sich die Serviette auf den Schoß. „Nein, aber ich habe ein elfenbeinfarbenes Kostüm eingepackt, das ich tragen will.“
„Es ist nicht nur deine Hochzeit, sondern auch meine. Unsere Eltern werden enttäuscht sein, wenn die Braut nicht im Hochzeitskleid erscheint.“
„Jetzt verlangst du gleich, dass ich auch einen Schleier trage, was? Vergiss es!“
Muss sie mir wirklich ständig widersprechen? überlegte Angelo wütend. Kann sie nicht ein einziges Mal nachgeben? Offensichtlich war es ein Fehler gewesen, sie nach ihrem Albtraum zu trösten. Sie würde seine Schwäche weidlich ausnutzen und versuchen, ihn zu manipulieren, damit sie ihren Kopf durchsetzen konnte. Ihr Vater hatte ihn ja gewarnt: Natalie war sehr clever und bekam immer, was sie wollte.
Genau wie ich, dachte Angelo und forderte energisch: „Du wirst tragen, was ich sage.“ Sein Blick duldete keinen Widerspruch. „Hast du mich verstanden?“
„Fühlt es sich gut an, den Macho herauszukehren?“ Wütend funkelte sie ihn an.
Eigentlich fühlte er sich eher mies dabei, ihr seinen Willen aufzudrücken. Doch das durfte er ihr nicht zeigen. „Ich möchte einen unvergesslichen Hochzeitstag mit dir erleben, und den lasse ich mir durch deine kindischen Launen nicht verderben. Und du solltest dich hüten, Menschen, die mir sehr nahestehen, vor den Kopf zu stoßen. Du bist eine erwachsene Frau, Natalie. Bitte benimm dich auch so.“
„Wäre das dann alles, gnädiger Herr?“, fragte sie mit bitterem Sarkasmus.
Aufgebracht sprang Angelo auf und warf seine Serviette auf den Tisch. „Ich erwarte dich am Sonnabend in der Kapelle. Bis dahin musst du mich entschuldigen, ich habe eine Menge zu erledigen.“
Plötzlich wirkte sie nicht mehr ganz so widerspenstig. „Lässt du mich etwa ganz allein hier zurück?“
„Meine Eltern sind ja da.“
Natalie war sichtlich schockiert. „Du hast mir gar nicht erzählt, dass du so viel zu tun hast. Ich dachte, du würdest Tag und Nacht an mir kleben, damit ich nicht doch noch in letzter Minute das Weite suche.“
Angelo stützte die Hände auf den Tisch und hielt Natalies Blick fest. „Denk nicht mal daran! Eine falsche Bewegung, Natalie, und dein Bruder ist erledigt. Sein Studium in Harvard kann er dann vergessen. Die nächsten Jahre wird er nämlich hinter Gittern verbringen, wenn du nicht spurst. Haben wir uns verstanden?“
Erschrocken sah sie ihn an. „Ja“, antwortete sie mit versagender Stimme.
„Gut.“ Er richtete sich wieder auf und richtete seine Krawatte. „Benimm dich! Ich melde mich nachher telefonisch. Ciao . “
6. KAPITEL
Die Privatkapelle auf dem Anwesen von Angelos Großeltern vor den Toren Roms war bis auf den letzten Platz besetzt, als die Limousine mit Natalie und ihrem Vater vorfuhr.
Die vergangenen Tage waren wie im Flug vergangen. Praktisch jede Minute war mit Hochzeitsvorbereitungen ausgefüllt gewesen. Natalie hatte sich mitreißen lassen, weil sie Angelos zauberhafte Eltern nicht enttäuschen wollte. Sandro und Francesca behandelten sie schon jetzt wie ihre eigene Tochter.
Mit Angelo, der sich distanziert gab und nicht sehr gesprächig war, hatte sie jeden Tag kurz telefoniert. Vielleicht hatte er nach der
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