Julia Extra Band 376
Fahrt zum Flughafen erfuhr Raul von den Folgen seines unbedachten Handelns. Nach einem kurzen Gespräch mit Lukas, der zum Flughafen vorgefahren war und ihn auf dem Handy anrief, klappte Raul wortlos seinen Laptop auf. Luisa war so sehr damit beschäftigt, im Vorbeifahren die Sehenswürdigkeiten von Paris zu bestaunen, dass sie es gar nicht bemerkte.
Im Nu hatte Raul die Schlagzeilen der Klatschpresse auf dem Bildschirm: „Die heimliche Geliebte des Prinzen.“ „Rauls Pariser Intermezzo.“ „Heiße Küsse auf der Seine.“
Die Informationen waren spärlich und beschränkten sich im Wesentlichen auf vage Spekulationen zur Identität seiner neuen Geliebten. Aber Raul drehte sich der Magen um, als er die Fotos sah.
Warum reagierte er so heftig? Schließlich war es nicht das erste Mal, dass ihn Paparazzi mit einer Frau erwischten. Er tat es meist mit einem Schulterzucken ab. Diesmal aber hatten die Fotografen ihn, ohne es zu wissen, in einem Moment besonderer Verletzlichkeit erwischt. Er hatte die Kontrolle verloren und war von seinen Gefühlen mitgerissen worden. Das war ihm seit Jahren nicht mehr passiert.
Seit acht Jahren genau genommen. Seit in den Klatschspalten offen über eine Ménage à trois im Fürstenhaus spekuliert worden war.
Die leidvolle Erfahrung von damals hatte ihn gelehrt, weiblichen Liebesbeteuerungen und Unschuldsmienen zu misstrauen. Unendlich mühsam musste er seine Selbstachtung zurückgewinnen, nachdem er den schlimmsten Fehler seines Lebens begangen hatte. Tag für Tag hatte er nach außen Stärke gezeigt, bis die Fassade ihm zur zweiten Natur geworden war und er gelernt hatte, seine Gefühle ganz auszuklammern. Außer seiner Liebe zu Monteregio.
Energisch klappte er den Laptop zu. Dieser Fall lag anders. Damals war er noch so naiv gewesen, an die wahre Liebe zu glauben. Jetzt, mit dreißig, hatte er alles unter Kontrolle. Das gestern Abend war Lust gewesen, vielleicht etwas heftiger als sonst, aber reine Lust. Und ein öffentliches Interesse an Luisa ließ sich durchaus zum Vorteil ummünzen. Die Leute liebten romantische Märchen, was es für Luisa leichter machen würde, akzeptiert zu werden.
Eine verloren geglaubte Prinzessin, ein romantisches Intermezzo in Paris, eine baldige Heirat. Das war genau die richtige PR, um Machtkämpfen im Vorfeld seiner Krönung den Boden zu entziehen. Zwar hatte er ursprünglich eine diskrete Ankunft in Monteregio geplant, um Luisa Zeit zu geben, sich einzugewöhnen. Aber unter den gegebenen Umständen war es besser, ihre Identität vorzeitig preiszugeben. Er würde am Flughafen alles mit Lukas arrangieren.
„Sie können den Gurt jetzt lösen, Madam.“ Die Flugbegleiterin lächelte Luisa freundlich zu, bevor sie weiterging, um die Ausstiegstür zu öffnen.
Unangenehme Vorahnungen beschlichen Luisa. Die Vorstellung, dieses Flugzeug zu verlassen und das Land zu betreten, das ebenso die Heimat ihrer Mutter wie die ihres tyrannischen Großvaters gewesen war, machte ihr Angst. Ein Gefühl sagte ihr, dass dieser Schritt unumkehrbar wäre. Was würde die Zukunft ihr bringen?
„Warte, lass mich das machen.“ Ihr Gurt wurde geöffnet.
Sie zuckte zusammen und blickte auf … direkt in Rauls faszinierende Augen.
Jetzt richtete er sich auf und atmete tief ein. „Es ist Zeit.“
Luisa nickte und nahm die Hand, die er ihr bot. Sie schwieg, während Raul ihr einen Kaschmirmantel um die Schultern legte, dann ging sie voraus zur Tür. Je eher sie im Fürstenpalast ankam, desto schneller konnte sie über die weiteren Schritte nachdenken.
Tosender Jubel erfüllte die Luft und veranlasste Luisa, benommen oben auf der Gangway stehen zu bleiben. Verwundert blinzelte sie in die strahlende Sonne.
„Keine Angst“, sagte Raul an ihrer Seite. „Sie freuen sich nur, uns zu sehen.“ Er legte ihr einen Arm um die Taille und drückte sie gegen ihren Widerstand an sich. „Entspann dich. Ich will nur sichergehen, dass du mit diesen mörderischen Schuhen nicht zu Fall kommst.“
Sacht drängte er sie die Stufen hinunter, und Luisa stützte sich dankbar auf ihn. In dem Wunsch, so elegant wie möglich auszusehen, hatte sie aus ihrer neuen Garderobe die gewagtesten High Heels ausgesucht.
Weiterer Jubel veranlasste sie aufzublicken. Hinter den Absperrgittern entlang der Landebahn hatte sich eine beachtliche Menge von Monteregianern versammelt, die mit Fähnchen winkten und freudig riefen. Da Luisas Monteregianisch etwas eingerostet war, verstand sie lediglich Rauls
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