Julia Festival Band 0103
erklärte sie und hoffte inständig, dass er sie darum bitten würde, lieber bei ihm im Bett zu schlafen.
Sie wurde bitter enttäuscht.
„Eine gute Idee. Dann könnt ihr von Ursula aus zur Party kommen. Ursula wird sich bestimmt über deine Gesellschaft freuen.“
„Ursula kommt nicht zur Party, Finn, sie hat andere Pläne.“ Amber verriet ihm nicht, dass Ursula schon auf dem Weg nach Prag war und sie, Amber, die Nacht allein in Ursulas Wohnung verbringen würde. Er schien Geheimnisse vor ihr zu haben. Weshalb sollte sie ihm dann alles verraten?
Doch einen letzten Versuch, sich mit ihm auszusöhnen, machte sie noch. „Ich kann morgen schon früh kommen und dir bei den Vorbereitungen für die Party helfen.“
„Danke, das ist nicht nötig, Sweetheart. Um uns nicht noch mehr Stress zu machen, habe ich einen Partyservice mit der Aufgabe betraut“, wies er sie ab.
Er besprach also selbst die alltäglichsten Dinge nicht mehr mit ihr! Eine namenlose Furcht ergriff Amber, und sie musste schlucken. „Danke für die Mitteilung. Wir sehen uns dann morgen Abend.“
„Ja.“ Er schien völlig ungerührt zu sein. „Also dann bis morgen Abend. Bye, Amber.“
„Bye.“ Enttäuscht legte sie den Hörer auf.
Sie konnte und durfte sich nicht länger etwas vormachen: Finn wollte die Verlobung lösen. Etwas anderes zu glauben wäre reine Illusion.
Silvester war traditionell ein Abend, an dem man Bilanz zog und sich für das vergangene Jahr Rechenschaft ablegte. Das wäre der richtige Zeitpunkt, Finn ganz offen zu fragen, ob er sie, Amber, noch liebte oder nicht.
Was sie bei einer negativen Antwort tun würde – daran wagte sie nicht zu denken.
8. KAPITEL
Kaum hatte Amber das Gespräch mit Finn beendet, rief sie Ursula an, die glücklicherweise noch nicht abgereist war.
„Kann ich heute bei dir übernachten, Ursula?“, fragte sie ohne jede Einleitung.
„Du weißt doch, dass ich nicht da bin!“
„Ich habe doch einen Wohnungsschlüssel von dir …“
„Wenn du willst, kannst du natürlich bei mir schlafen.“ Ursula zögerte. „Amber, weshalb …“
Amber atmete tief ein. „Ursula, es ist noch keine halbe Stunde her, dass du mich gebeten hast, keine Fragen wegen deiner Reise nach Prag zu stellen. Jetzt bitte ich dich , mir keine Fragen zu stellen.“
„Sag mir nur eins“, bat Ursula eindringlich. „Ist alles in Ordnung?“
„Ich bin weder krank noch befinde ich mich in Gefahr, Ursula. Aber in Ordnung ist längst nicht alles.“
„Hat es mit Finn zu tun?“
„Was meinst du?“
„Ich bin der Ansicht, du solltest dich unbedingt mit ihm aussprechen.“
„Genau das habe ich vor, Ursula.“
„Du solltest dich nicht drücken und vor Finn verstecken“, tadelte Ursula.
Amber seufzte. „Ich will mich vor der Auseinandersetzung auch nicht drücken, Ursula. Ich brauche lediglich ein Plätzchen, wo ich in Ruhe nachdenken und überlegen kann, was ich wirklich will. Finn ist sowieso im Büro und für mich nicht zu sprechen.“
„Also gut.“ Begeistert schien Ursula dennoch nicht zu sein.
Amber hatte einen langen Weg hinter sich, denn Ursula lebte genau am anderen Ende von London. Sie hatte sich dort vor einigen Jahren eine kleine Wohnung mit Garten gekauft, die in einer ruhigen Seitenstraße, aber ganz in der Nähe einer U-Bahn-Station lag.
Da es sich so eingebürgert hatte, dass Ursula stets Amber und Finn besuchte und nicht umgekehrt, war Amber schon sehr lange nicht mehr bei Ursula gewesen. Daher stellte sie ihre Reisetasche im Flur ab und sah sich erst einmal um. Sie musste zugeben, dass ihre Schwester, die schon immer sehr sparsam gewesen war, ihr Geld bewundernswert klug und vorausschauend investiert hatte. Die Wohnung war preislich äußerst günstig gewesen, hatte aber jetzt, da der Stadtteil in Mode gekommen war, stark an Wert gewonnen.
Amber sah sich in dem kleinen Wohnzimmer um und bewunderte die geschmackvolle Einrichtung und die gepflegte Atmosphäre. Sofakissen, die Ursula morgens dekorativ verteilte, lagen auch noch am Abend, wenn sie nach Hause kam, an exakt derselben Stelle. Kein Mann, der sie zerknautschte, weil er sie sich zum Lesen unter den Kopf schob, oder der seine schmutzigen Schuhe einfach mitten im Zimmer stehen ließ.
Amber schluckte, denn es ging um mehr als nur darum, ein willkommenes Refugium gefunden zu haben, um ihre Gedanken zu ordnen. Diese Nacht war auch eine Art Probelauf, denn sie wollte wissen, was sie erwartete, wenn ihre
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