JULIA FESTIVAL Band 76
„Zur Sicherheit lasse ich auch Sie beobachten und stelle einen Officer ab, der Sie Tag und Nacht überwacht. Ich muss Sie bitten, vorläufig nicht zu verreisen und auch nicht ohne Polizeischutz aus dem Haus zu gehen.“
„Kein Problem“, erwiderte Jonathan müde. Ihm war vorläufig nicht danach, in der Gegend herumzuspazieren. Zuerst musste er verarbeiten, was passiert war. David und Lisa – tot. War das wirklich wahr oder träumte er nur schlecht?
Stryker ging hinaus und wechselte ein paar Worte mit jemand. Jonathan sah einen Hauch aquamarinblauen Tüll durch den Türspalt blitzen. Ein Gesicht und ein Name tauchten vor seinem geistigen Auge auf. Cynthia? Was machte sie denn hier?
Schnell sprang er auf und eilte zur Tür. Stryker und der Officer, der ihn beschützen sollte, hielten Cynthia fest. Jonathan konnte ihr Gesicht nicht sehen, doch er bemerkte, dass sie zitterte. In einer Hand hielt sie eine Tasse Kaffee, die auf der Untertasse klapperte.
„Mr. Stryker, sie gehört zu mir“, sagte Jonathan rasch.
Der Detective sah ihn zweifelnd an. „Sind Sie sicher? Sie ist hier im Gang herumgeschlichen.“
„Ich wollte nichts Unrechtes tun“, sagte Cynthia, und ihre Stimme zitterte noch mehr als ihre Hand. „Ich habe mir nur Sorgen um Mr. Steele gemacht. Er ist nach draußen gegangen, nachdem wir den Knall gehört haben und der Strom ausfiel. Dann habe ich gehört, dass die Polizei ihn ins Konferenzzimmer gebracht hat. Ich wollte doch nur wissen, ob es ihm gut geht.“ Sie sah Jonathan an. „Das ist alles. Es tut mir leid, wenn ich Ihnen dadurch Schwierigkeiten bereitet habe.“ In der Aufregung siezte sie ihn wieder.
Ihre Verkleidung wirkte außerhalb des Ballsaals unpassend, und sie trug immer noch das unechte Diadem. Doch trotz des Modeschmucks, der Flecken auf ihren ärmellangen Handschuhen und der verschmierten Wimperntusche sah sie bezaubernd und unschuldig aus.
„Sieht sie in Ihren Augen gefährlich aus?“, fragte er den Detective.
„Darauf kommt es nicht an“, erklärte der Detective, „Aber wenn Sie sie kennen, ist es in Ordnung.“ Er winkte Cynthia ins Konferenzzimmer und sah den uniformierten Officer an. „Lassen Sie sonst niemanden mehr rein.“
„Keine Sorge, ich passe auf.“ Der Beamte legte die Hand auf seine Waffe.
Jonathan führte Cynthia in das kleine Zimmer und schloss die Tür. „Was machen Sie denn noch hier? Es muss schon Stunden her sein, dass mich der Detective hierher gebracht hat. Sie müssen inzwischen ganz schön müde sein.“
Cynthia stellte die Tasse Kaffee auf den Tisch. „Ich habe mir Sorgen gemacht. Die vielen Rettungswagen, und ich habe mitbekommen, dass einige Gäste in dem Durcheinander panische Angst hatten und sich verletzt haben. Danke, dass Sie mir gesagt haben, ich solle in der Nische bleiben. Das hat mich gerettet.“
Jonathan wartete darauf, dass sie noch etwas sagte. Obwohl ihr Mitgefühl und ihre Besorgnis echt wirkten, dachte er, dass sie noch einen anderen Grund haben musste, um so lange hier zu bleiben. Die meisten Menschen suchten nur seine Nähe, um etwas von ihm zu bekommen. „Brauchen Sie Geld für ein Taxi, um nach Haus zu kommen?“
Sie sah ihn überrascht an. „Natürlich nicht. Ich bin mit meinem eigenen Auto hier, aber selbst, wenn ich es nicht wäre, würde ich Sie nicht dafür verantwortlich machen, dass ich sicher nach Haus komme.“ Sie sah im in die Augen. „Ich will nichts von Ihnen. Ehrlich nicht. Ich wollte nur sichergehen, dass Ihnen nichts passiert ist.“
Das meint sie tatsächlich so, stellte er erstaunt fest. Cynthia wollte weder Geld noch Aufmerksamkeit noch all die anderen Dinge, die Frauen sonst von ihm erwarteten. Sie hatte sich wirklich ernsthaft Sorgen um ihn gemacht, ohne einen Profit daraus ziehen zu wollen. Ohne eigene Interessen. Dass es so etwas überhaupt noch gab …
„Wer sind Sie?“, fragte er.
Cynthia lächelte. „Sicher nicht Cinderella. Es ist schon nach Mitternacht, und ich bin immer noch da.“ Sie schwenkte einen Fuß. „Mit Schuhen und allem Drum und Dran.“ Sie schob ihm die Kaffeetasse zu. „Hier, der Kaffee ist für Sie. Einer der Kellner wollte damit zu Ihnen, und ich habe mich angeboten, Ihnen die Tasse zu bringen. Das war die Gelegenheit für mich, mit eigenen Augen zu sehen, ob mit Ihnen alles in Ordnung ist.“
Er setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber, ohne den Kaffee anzurühren. „Ich weiß Ihre Besorgnis zu schätzen.“
Cynthia stützte sich mit den Ellbogen auf den
Weitere Kostenlose Bücher