JULIA FESTIVAL Band 78
auf das Problem Adriana Leigh zu konzentrieren, setzte sich Rowena. Doch es war schwer, sich mit einer Frau zu beschäftigen, von der sie sich kein Bild machen konnte. Sie war Adriana Leigh nie begegnet und wusste nicht einmal, wie sie aussah. Wenn sie hereinkommt, werde ich im Bilde sein, beruhigte sich Rowena und vertraute ihrem Instinkt, anstatt irgendwelche Vermutungen über ihre Rivalin anzustellen.
Sie blickte aus dem Fenster. Die Aussicht war nicht gerade Aufsehen erregend, man schaute auf von Bäumen gesäumte Straßen und Häuserblocks des Stadtteils Chatswood. Autoschlangen bewegten sich durch die Straßen, und Rowena dachte daran, dass dort unten alles seinen Gang ging, trotz Todesfällen, Geburten, Hochzeiten …
Und Scheidungen.
Würde es für sie dazu kommen?
Panik ergriff Rowena. Sie wollte nicht allein drei Kinder großziehen. Nie würde sie vergessen, wie schwer es ohne Partner gewesen war, als Jamie klein gewesen war. Phil hatte sie beide ins Herz geschlossen, und sie waren eine Familie geworden. Er war so nett und großzügig gewesen, und obwohl Rowena im Grunde ihres Herzens wusste, dass sie für Phil nicht so empfand wie früher einmal für Simon, hatte sie versucht, die beste aller Ehefrauen zu sein. Es war keine leidenschaftliche Liebe, sondern in mancher Hinsicht eher eine fast mütterliche. Phil war zwar fünf Jahre älter als sie, doch er konnte richtig jungenhaft sein, gab gern an und wollte immer im Mittelpunkt stehen.
Wenn sie jetzt auf das vergangene Jahr zurückblickte, musste Rowena zugeben, dass ihre Ehe ziemlich langweilig und eintönig geworden war. Natürlich hatte jede Beziehung Höhen und Tiefen. Es erforderte Arbeit und Engagement von beiden Seiten, eine gute Ehe zu führen. Rowena verstand nicht, warum ihr dies passierte. Was hatte sie falsch gemacht?
Ein Geräusch an der Tür riss Rowena aus ihren Gedanken. Simon hatte Adriana Leigh in sein Büro bestellt und kehrte zurück. Er sah so groß und stark aus. Ein Mann zum Anlehnen, auf den man sich verlassen konnte. Und Rowena sehnte sich danach, bei ihm Schutz und Hilfe zu suchen. Sie war sich jedoch darüber im Klaren, dass sie Simon nicht zu nah an sich herankommen lassen durfte. Das würde alles nur noch schlimmer machen.
Simon wusste nicht, dass er sie vor elf Jahren schwanger zurückgelassen hatte. Er wusste nichts von dem Sohn, den sie neun Monate nach dem Unfall, der so viel zerstört hatte, zur Welt gebracht hatte. Als sie Phil geheiratet hatte, hatte sie schon lange geglaubt, dass Simon es nicht wissen wollte.
Ob das stimmte oder nicht, spielte keine Rolle mehr. Der Verlauf der Ereignisse war unwiderruflich. Phil hatte Jamie adoptiert und war in jeder Hinsicht sein Vater. Es war für alle am besten, wenn es so blieb.
Rowena erlaubte sich trotzdem, Simon die wenigen Sekunden, die er brauchte, um den Raum zu durchqueren, prüfend zu betrachten. Er sah ihrem Sohn – seinem Sohn – ähnlich. Beide hatten tief liegende Augen, nur waren Jamies haselnussbraun, eine Mischung aus Simons dunkelbraunen und ihren grünen. Der Haaransatz war auffallend ähnlich. Wie Simon hatte auch Jamie einen Wirbel an der linken Schläfe. Jamies Gesicht war runder als das seines Vaters, doch vielleicht würde es so markant wie Simons werden, wenn der Junge älter wurde. Sein Mund war mehr wie der seiner Mutter, weicher und voller als Simons.
Rowena ließ den Blick über Simons maßgeschneiderten grauen Straßenanzug bis hinunter zu den eleganten Lederschuhen gleiten. Simons zweite Zehen waren länger als die großen, wie sie noch wusste. Das Merkmal des schnellen Läufers, hatte er lachend zu ihr gesagt. Jamie besaß es auch, und er war in der Schule der beste Sprinter seiner Altersgruppe …
„Rowena …“
Seufzend sah sie auf.
„Möchtest du, dass Kaffee hereingebracht wird?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Kann ich sonst noch etwas für dich tun?“
„Nein. Ich bin dir sehr dankbar für diese Gelegenheit, alles zu klären, Simon. Mehr will ich nicht. Ich möchte anderen Leuten nicht zur Last fallen.“
„Für mich bist du jemand, der das niemals tun würde“, sagte Simon ernst.
„Du weißt, was ich meine.“ Rowena verzog das Gesicht. „Ich habe nicht vor, die Mitarbeiter bei Delahunty’s einer Reihe von hysterischen Szenen auszusetzen.“
„Wenn ich dir irgendwie helfen kann, ruf mich bitte jederzeit an. Ich werde alles in meiner Macht Stehende für dich tun“, versicherte Simon.
Rowena blickte ihm in die Augen
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