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Julia Festival Band 86

Julia Festival Band 86

Titel: Julia Festival Band 86 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Marton
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„Deshalb“, fuhr sie kühl fort. „Wie Sie sehen, bin ich nicht unbedingt gesellschaftsfähig gekleidet.“
    Die alte Lady musterte sie mit unbeweglicher Miene. „Etwas spärlich.“
    „Ja.“
    „Aber am Strand habe ich schon genauso offenherzige Bikinis gesehen.“ Miss Robinson schüttelte den Kopf. „Diese Dinger, die junge Frauen heutzutage tragen …“
    „ Diese junge Frau nicht.“ Lucinda wandte sich zum Spiegel. „Können Sie sich vorstellen, dass Florenze von mir verlangt, das zu tragen? Er will, dass ich mich unter einen Servierwagen kauere …“ Ihre Blicke trafen sich im Spiegel. „Egal. Besser, ich wiederhole sein Ansinnen nicht. Es reicht wohl, wenn ich sage, dass ich mich weigere.“
    „Reden Sie keinen Unsinn.“
    „Miss Robinson, Sie wissen überhaupt nicht, was er will.“
    „Er will, dass Sie aus einer Torte springen, damit die dummen Jungen da draußen Beifall klatschen, johlen und pfeifen und sich lächerlich machen.“
    Lucinda drehte sich zu ihr um. „Er hat es Ihnen erzählt?“
    „Er hat es uns allen erzählt, und auch, dass Sie sich hier eingeschlossen haben und nicht herauskommen wollen.“
    „Hat er auch gesagt, dass er mich erpresst? Dass er mir das Zeugnis nicht geben will, wenn ich nicht mitmache?“ Lucinda lächelte. „Dieser widerliche kleine Kerl kann etwas erleben. Ich werde ihn verklagen, mich an die Presse wenden …“
    „Dieser ‚widerliche, kleine Kerl‘ hat sein Ultimatum ausgedehnt. Wenn Sie nicht auftreten, bekommen wir alle kein Zeugnis.“
    „Aber … das kann er nicht machen.“
    Miss Robinson stampfte mit dem Fuß auf. „Seien Sie nicht so naiv. Natürlich kann er das. Und Sie können ihn bekämpfen. Nur wenn das Problem gelöst ist, ist es zu spät.“
    „Das ist es nicht. Florenze wird uns die Zeugnisse geben müssen – ob heute, in einer Woche oder in einem Monat.“
    „Ja, aber das ist zu spät für Mr. Purvis, der schon eine Anstellung in einem Restaurant gefunden hat. Und auch für den jungen Rand. Wussten Sie, dass er ein Studentendarlehen aufgenommen hat, um die Kursgebühren zu bezahlen?“ Miss Robinson stemmte die Hände in die Hüften. „Und es ist ganz bestimmt zu spät für mich. Eine Frau meines Alters hat keine Zeit zu verschenken.“
    Lucinda atmete hörbar aus. „Miss Robinson, jetzt versuchen Sie, mich zu erpressen.“
    „Das ist keine Erpressung, das ist das Leben. Ist Ihnen Ihr Stolz so wichtig, dass Sie uns anderen deshalb alles verderben?“
    „Das hat nichts mit Stolz zu tun, sondern es geht ums Prinzip.“
    Die alte Lady schnaufte verächtlich. „Sie sollten sich lieber mit Prinzipien befassen, die es in der Kasse klingeln lassen.“ Prüfend sah sie Lucinda an. „Wie viel hat er Ihnen für den Auftritt geboten?“
    „Warum …? Nichts … Er hat gesagt, er würde mir mein Zeugnis nicht geben, es sei denn …“
    „Erklären Sie ihm, dass Sie es für zweihundert Dollar machen.“
    Starr blickte Lucinda sie an. „Keine zehn Pferde bringen mich dazu, es zu tun, selbst nicht für …“
    „Also dann dreihundert Dollar. Es sei denn, Sie brauchen kein Geld mehr und auch den Job nicht, den Sie morgen antreten sollen. “
    Zornig blitzte Lucinda sie an. Sollten alte Menschen nicht eigentlich lieb und nett sein? „Natürlich brauche ich Geld – und den Job auch“, antwortete sie kühl.
    „Dann frisieren Sie Ihr Haar, schminken Sie sich, und bringen Sie das Ganze hinter sich.“ Miss Robinsons Augen funkelten plötzlich. „Zumindest haben Sie einen BH an, im Gegensatz zu mir damals, als ich Revuegirl im Folies-Bergère war.“
    Lucinda blickte überrascht drein. „Sie waren …?“
    „Ja. Wenn die Heizung ausfiel, konnte jeder Zuschauer sehen, dass man fror.“ Miss Robinson zwinkerte ihr zu, drehte sich um und schloss Sekunden später die Tür hinter sich.
    Miss Robinson im Folies-Bergère? Lucinda versuchte, sich vorzustellen, wie die alte Lady als junge Frau lächelnd im Federlook auf die Bühne gekommen war. Ihr Kostüm war mit Sicherheit offenherziger gewesen als das, was sie, Lucinda, tragen sollte.
    Trotzdem kann ich es nicht tun, überlegte sie. Und selbst wenn – nicht, dass sie es auch nur einen Moment erwägen würde –, wären die Männer auf der Party von ihrem Anblick bestimmt enttäuscht. Lucinda setzte die Brille wieder auf und betrachtete sich im Spiegel.
    Sie hatte einen langen Hals, zu knochige Schultern und zu kleine, wenn auch wohlgeformte Brüste. Ihr Bauch war flach und ihre Taille

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