JULIA FESTIVAL Band 95
seine Figur nicht zu verachten. Ehrlich gesagt, unsere Beziehung ist heute noch genauso leidenschaftlich wie am ersten Tag.“
„Darum beneide ich dich.“ Elissa hatte schon oft darüber nachgedacht, dass vielleicht ihre Unerfahrenheit in sexuellen Dingen Cole dazu veranlasst hatte, sich in seiner Arbeit zu vergraben.
Millie beugte sich zu ihr hinüber. „Du musst nicht mit mir darüber reden, wenn du nicht willst. Aber ich frage mich schon die ganze Zeit, ob ihr beiden tatsächlich verheiratet seid.“
„Natürlich. Hat Cole dir nie von mir erzählt?“
„Dieser Eisberg? Er redet nie über private Angelegenheiten. Nachdem du hier angefangen hattest, bat er mich nur, den Kindern nichts von eurer Beziehung zu erzählen.“
„Dann hat er wohl seine Gründe. Es stimmt schon, wir sind verheiratet, aber wir haben uns fast fünf Jahre lang nicht gesehen.“
„Warum?“
Elissa lächelte. „Was willst du wissen? Warum wir geheiratet haben, warum wir nicht zusammenleben, warum wir nicht geschieden sind oder warum ich hier bin?“
„Eigentlich alles, wenn du bereit bist, es mir anzuvertrauen.“ Millie zog ihren Sessel dichter an den Schreibtisch. „Ich bin ganz Ohr.“
Elissa zögerte. Sie wusste nicht, wo sie anfangen sollte.
„Okay“, sagte Millie seufzend. „Ich bin zwar eine neugierige Person, und ich werde wahrscheinlich vor Enttäuschung sterben, wenn du mir dein Geheimnis nicht verrätst, aber wir werden auch dann Freundinnen bleiben, wenn du nicht eine einzige von diesen Fragen beantwortest.“
Sicher, Millie war tatsächlich neugierig, aber sie war auch nett und verständnisvoll. Elissa beschloss, ihr nicht alles zu erzählen, doch gewiss würde es ihr selbst in mancherlei Hinsicht helfen, eine Verbündete zu haben. „Cole und ich sind noch verheiratet, weil bisher keiner von uns die Scheidung eingereicht hat. Wir haben sechs Monate lang zusammengelebt, dann habe ich ihn verlassen.“
„Du hast ihn verlassen?“ Millie sah Elissa betroffen an. „Entschuldige bitte, aber ich habe es nicht so gemeint, wie es herauskam. Ich dachte nur, Cole ist doch ein …“ Sie wusste nicht, wie sie den Satz beenden sollte.
„Du wolltest sagen, ‚Cole ist ein toller Mann‘, nicht wahr?“
„Genau. Und ich meinte nicht nur sein Aussehen, nein, er hat einen bemerkenswerten Charakter. Das habe ich in der Zeit unserer Zusammenarbeit immer wieder erfahren dürfen.“
„Du hast recht.“ Elissa fühlte sich in keiner Weise verletzt. Wahrscheinlich hätte sie an Millies Stelle ähnlich reagiert. „Er ist fantastisch. Aber wir waren beide noch sehr jung, als wir heirateten – zu jung.“
„Und jetzt?“
„Ich weiß es nicht. Ich bin hierhergekommen, weil dieser Situation ein Ende gemacht werden muss. Aber ich habe keine Ahnung, wie das aussehen soll. So kann es auf jeden Fall nicht weitergehen.“
Millie nickte verständnisvoll. „Ich danke dir für dein Vertrauen, Elissa. Auch wenn ich neugierig bin, so kannst du dich darauf verlassen, dass dein Geheimnis bei mir gut aufgehoben ist. Ich wusste vom ersten Augenblick an, dass wir gute Freundinnen werden würden.“
Von draußen klang Kindergelächter zu ihnen herein. „Die Kinder freuen sich immer noch an den Sportgeräten“, sagte Elissa beiläufig.
„Ja“, bestätigte Millie und betrachtete intensiv ihre sorgfältig lackierten Fingernägel. „Es war ein tolles Geschenk. Nicht jeder hätte sich so etwas ausdenken können.“ Sie hob den Blick und sah Elissa in die Augen. „Gut gemacht.“
Elissa erstarrte. „Ich? Wieso …? Wie hast du das erraten?“
„Es war nicht schwer zu erraten. Von unserer Spendenliste konnte es niemand sein, da diese Leute ihre Spenden für die Steuer quittiert haben wollen. Andererseits musste der Spender jemand sein, der mit den Gepflogenheiten des Waisenhauses vertraut ist. Gleichzeitig musste er über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügen. Von Cole wusste ich zwar, dass du nicht reich bist, doch dann fiel mir eure Fernsehserie ein, und ich dachte, dass das Geld vielleicht langfristig angelegt worden ist.“
„Du hast recht. An unserem fünfundzwanzigsten Geburtstag durften meine Schwestern und ich über das Geld verfügen.“
„Und Cole hat keine Ahnung davon?“
„Nein. Er soll es auch nicht wissen. Es war schon immer wichtig für ihn, dass wir beide kein Geld hatten. Ich glaube, wenn er von diesem Fonds wüsste, würde das unsere Beziehung noch mehr belasten.“
„Von mir wird er kein
Weitere Kostenlose Bücher