JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06
Schwiegervater. Er ist ein mürrischer Mensch und tut immer so, als wäre seine Familie ihm nicht wichtig, aber wir alle wissen, wie sehr er seine Kinder und Enkelkinder liebt.“
„Auf seine Art“, ergänzte Katie leise.
„Er kann sehr schwierig sein, ich weiß“, gab Jenny zu. „Katie, warum gehst du nicht mit Guy, Chrissie und Seb zum Haus, damit sie sich etwas zu essen holen können. Ich habe es lieber, wenn meine Opfer satt sind, bevor ich sie mit meinem Anliegen überfalle“, scherzte sie und lächelte Seb zu.
„Überfallen?“, fragte er neugierig, als Katie die kleine Gruppe aus dem Obstgarten führte.
„Nun ja …“, begann Guy, aber Katie kam ihm zuvor.
„Meine Mutter sammelt Spenden für eine örtliche Wohltätigkeitsorganisation, die eine Tante meines Vaters gegründet hat“, erklärte sie Seb.
„Sie betreut ledige Mütter und ihre Babys“, ergänzte Chrissie. „Dank einer Initiative von Saul finanziert Aarlston-Becker jedes Jahr einen Kindertag. Ist der nicht sogar bald, Katie?“
„Ja. Die Firma spendiert an dem Tag allen ihren Angestellten einen Betriebsausflug, damit sie dabei mithelfen können.“
„Ich warne dich, Seb“, scherzte Guy. „Auch dich werden sie nicht verschonen.“
„Guy organisiert die Zelte und Unterhaltungskünstler“, berichtete Chrissie stolz.
Ihr Mann zuckte bescheiden mit den Schultern. „Lord Astlegh stellt uns den Park von Fitzburgh Place zur Verfügung. Du wirst staunen, was für verborgene Talente es in unserer Belegschaft gibt.“
„Und in deiner Familie“, erinnerte Chrissie ihn. „Wer hat im letzten Jahr noch die Wahrsagerin gemacht? Sie war toll.“
„Berufsgeheimnis.“
„Hmm … jedenfalls war sie eine Cooke, da bin ich sicher.“
„Natürlich. Schließlich stammt unsere Familie von einem Mann ab, der über die Jahrmärkte gezogen ist“, erwiderte Guy lächelnd.
Inzwischen hatten sie das Haus erreicht, und Katie führte sie an das Buffet im großen Wintergarten hinter der Küche. Eigentlich wollte sie sofort wieder nach draußen gehen, doch als Saul und Tullah mit ihren Kindern hinzukamen und Saul und Seb ein Gespräch über Aarlston-Becker begannen, blieb sie und hörte den beiden zu.
Saul sagte etwas, das Seb zum Lachen brachte, und zum ersten Mal erlebte sie, wie seine sonst so ernste Miene sich entspannte. Der Anblick löste in ihr etwas aus, über das sie lieber nicht nachdenken wollte. Sie konnte diesen Mann unmöglich attraktiv finden, schließlich liebte sie Gareth.
Sauls Tochter Meg zupfte an seinem Ärmel, und Katie sah, wie Sebastians eben noch belustigter Blick wieder nachdenklich wurde.
Es gab keinen Zweifel, er beneidete Saul offensichtlich. Aber warum? Sie hatte Seb mit Charlotte gesehen und deutlich gespürt, wie nahe sich Vater und Tochter standen.
Als würde sie ahnen, was Katie dachte, trat Chrissie auf sie zu. „Seb fühlt sich schuldig, weil er nicht für Charlotte da war, als sie klein war und ihn brauchte“, flüsterte sie.
„Er hat seine Frau und sein Kind verlassen?“, fragte Katie entsetzt.
Sie hatte Seb den Rücken zugekehrt, um mit Chrissie zu sprechen. Daher war ihr entgangen, dass er nicht mehr mit Saul sprach, sondern ihre viel zu laute Frage gehört hatte.
„Nein, ich habe sie nicht verlassen“, sagte er jetzt dicht hinter ihr mit leiser, aber schneidender Stimme.
Katie fühlte, wie ihr Gesicht zu brennen begann, während Chrissie sich diskret zurückzog, um sie mit Seb allein zu lassen.
Ihr war klar, dass sie sich eigentlich bei ihm entschuldigen sollte. Aber plötzlich entdeckte sie in sich eine trotzige Ader, die viel besser zu ihrer Schwester gepasst hätte. Also ging sie zur Tür und warf ihm über die Schulter einen verächtlichen Blick zu.
„Aber Sie haben sie im Stich gelassen.“
Nervös registrierte sie, dass er ihr in den schmalen Gang folgte, der den Wintergarten mit der Waschküche verband. Als sie sich umdrehte, schloss er die Tür hinter sich. In dem engen Raum wirkte er noch größer, seine Schultern noch breiter, und Katie hielt unwillkürlich den Atem an.
„Was fällt Ihnen ein!“
Katie erstarrte, als sie sah, wie zornig Seb war. Seine Wangen waren gerötet, und das Grün seiner Augen wirkte bedrohlich dunkel. Ein Anflug von Furcht durchzuckte sie, aber sie hatte nicht vor, sich von diesem Mann einschüchtern zu lassen. Also blieb sie, wo sie war.
Er stand so dicht vor ihr, dass der Gang ihr noch schmaler erschien. Seit sie sich als Kind einmal in einem
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