Julia Gold Band 47
Inbrunst, in der all die unterdrückte Leidenschaft der vergangenen Monate zum Ausdruck kam. Wieder lief ein Schauer durch ihren Körper, und danach, als er seine Lippen von ihren löste, schaute sie ihn an. Es drängte ihn, sie zu fragen, sie zu bitten, für immer bei ihm zu bleiben.
Zum Abschluss der Zeremonie ließ man hundert Tauben in den Himmel flattern. Danach gab es Glückwünsche, Umarmungen, Tränen und Lachen. Emily wurde von seiner Seite gerissen, und es war ihm, als verlöre er einen Arm oder ein Bein. Er sah sich nach ihr um. Seine Großmutter überreichte ihr gerade die traditionellen Hochzeitsgeschenke: Brot und Salz.
Dann wurde getanzt, die Männer in einem Kreis, die Frauen in einem anderen. Er konnte nicht zu ihr gelangen. Auch beim Essen sah er sie nirgends. Wo war sie? Er musste sie finden, ihr alles erklären. Doch sein Vater wollte ihn sprechen, seine Mutter sich von ihm verabschieden, und als er endlich in das gemeinsame Zimmer kam, lag Emily schon auf ihrer Seite des Bettes und schlief. Er brachte es nicht über sich, sie zu wecken. Er konnte warten. Er hatte Jahre gewartet.
Auf dem Rückflug schlief sie die meiste Zeit. Er wartete weiter auf den richtigen Augenblick. Er war ruhelos, er überlegte, wie er es ihr sagen sollte, malte sich ihre Reaktion aus. Wieso konnte Emily schlafen, während er kein Auge zubekam?
Mitten in der Nacht erreichten sie endlich sein Apartment in San Francisco. Er trug das Gepäck ins Wohnzimmer. Das Licht knipste er nicht an. Die glitzernde Stadt und die erleuchtete Brücke waren die richtige Beleuchtung für das, was er ihr erzählen wollte.
Emily griff nach der ungeöffneten Post und machte Anstalten, in ihr Zimmer zu gehen.
„Warte, ich möchte mit dir sprechen!“
Sie drehte sich um und gähnte. „Hat das nicht Zeit bis morgen?“
„Nein!“ Er versperrte ihr den Weg. „Wir haben seit sechsunddreißig Stunden nicht mehr miteinander gesprochen. Nicht seit der Zeremonie.“
Sie blieb stehen und sah ihn abwartend an.
Er räusperte sich. „Ich möchte unseren Vertrag verlängern. Ich möchte ihn zerreißen und von vorne beginnen. Ich möchte mit dir verheiratet bleiben. Für immer. Bis dass der Tod uns scheidet. Ich möchte dich fragen, dich bitten und hoffen, dass du das Gleiche empfindest wie ich.“
Emily erbleichte. Der Raum begann sich zu drehen. Hatte sie richtig gehört? Er wollte sich nicht scheiden lassen? Aus welchem Grund? Sie fragte ihn.
„Weil ich dich brauche, weil ich ohne dich nicht zurechtkomme.“
„Aber ich werde doch nicht weggehen. Ich bleibe deine Assistentin.“
„Ich brauche dich nicht als Assistentin. Ich finde jederzeit eine andere. Aber ich finde nie wieder eine Frau wie dich.“ Ben verstand nicht, wieso Emily ihn so missverstehen konnte.
Sie sah ihn besorgt an. „Es liegt an der Zeremonie“, sagte sie mitfühlend. „Du fühlst dich schuldig. Du hast einen Eid geschworen, und nun willst du ihn halten.“
„Nein. Doch, das gehört auch dazu. Die Zeremonie hat mich nur zur Besinnung gebracht, mir die Augen geöffnet für das, was ich wirklich will. Du bist es! Dich will ich. Für immer. Sag mir, ob du mich auch für immer willst!“
Sie stand da und wartete, wartete auf die erlösenden Worte, die sie hören musste, um ihm ihr Jawort geben zu können. Doch er schwieg. Er sagte nicht, dass er sie liebte. Er wartete, wartete auf ihre Antwort. Da entschloss sie sich zu sprechen.
„Ich will dich“, gab sie zu. „Aber ich kann nicht mit einem Mann zusammenleben, der mich nicht liebt und dem Liebe nichts bedeutet.“
„Warum ist das so wichtig?“, fragte er traurig.
„Irgendetwas fehlt in unserer Beziehung. Nein, es ist nicht das, was du jetzt denkst. Es fehlt die Liebe. Deine Eltern lieben sich, dein Cousin kennt das Gefühl. Jedes glückliche Paar liebt sich. Und ich möchte auch lieben und geliebt werden. Ich dachte früher, dass ich es nie erleben werde. Aber nun weiß ich es besser. Kannst du dir denken, weshalb?“
Er sah sie lange an und schüttelte schließlich den Kopf.
„Du hast mir Geborgenheit gegeben und das Gefühl, etwas Besonderes zu sein, schön und begehrenswert. Obwohl du mich nicht liebst. Wie du das hinbekommen hast, weiß ich auch nicht. Wahrscheinlich kommt es durch deine langjährige Erfahrung mit Frauen. Deshalb werde ich am Ende des Jahres gehen und versuchen, jemanden zu finden, der mich liebt. Denn ich bin es wert.“ Sie war stolz darauf, dass sie das Zittern in ihrer Stimme
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