Julia Gold Band 47
hastig zu. Ihre Brüste glühten immer noch von Raschids Liebkosungen, und ihre Beine fühlten sich seltsam schwach an.
„Musst du mich ansehen, als hätte ich dich gegen deinen Willen berührt?“, bemerkte Raschid trocken. „Sei dir selbst gegenüber doch ehrlich.“
Polly senkte die Lider. „Ich bin sogar mehr als das“, flüsterte sie bitter. „Jetzt weiß ich, wie eine Hure sich fühlt.“
Als Raschid schallend lachte, wollte Polly beleidigt aufspringen, doch er legte den Arm um sie und hielt sie zurück. „Entschuldige. Es war nicht nett von mir, über dein Abgangsstichwort zu lachen“, erklärte er nachsichtig. „Sollte ich jetzt empört oder schockiert sein?“
„Bei deiner Erfahrung mit dieser Sorte Frauen ist weder das eine noch das andere zu erwarten“, wandte Polly verächtlich ein. „Aber ich habe nicht die Absicht, mich mit ihnen auf eine Stufe zu stellen. Wenn du auch nur einen Funken Anstand hättest, würdest du mich in Ruhe lassen. Hättest du jetzt die Güte, deine Hände von mir zu nehmen?“
Raschids belustigtes Lächeln war verschwunden, und seine Augen glitzerten jetzt hart. „Zum Glück habe ich mich inzwischen daran gewöhnt, dass du redest, ohne nachzudenken. Aber ich warne dich. Treib’s lieber nicht zu weit.“
„Ich sage, was mir passt!“, ereiferte Polly sich. „Du willst doch gar keine Ehefrau. Sonst würdest du nicht jetzt schon an Scheidung denken. Aber da du so erfrischend offen warst, will ich es dir gegenüber auch sein. Ich spiele nicht mit, Raschid. Ich denke nicht daran, mit dir zu schlafen, weil du nichts Besseres zu tun hast, während du hier bist. Unsere Ehe ist eine einzige Farce. Zwingen lasse ich mich jedenfalls von dir nicht.“
„Ich muss gestehen, dass ich das törichte Geschwätz meiner Schwester fast vergessen hätte“, sagte er beherrscht und ließ Polly los.
Für Raschid war das, was Polly seit Tagen beschäftigt hatte, also nur törichtes Geschwätz. Stolz warf sie den Kopf zurück. „Mir kannst du nicht mit den Lügen kommen, die du deiner naiven Schwester aufgetischt hast.“
„Kennst du mich immer noch so wenig?“ Raschid verzog geringschätzig die Lippen. „Ich hätte gedacht, dass du inzwischen eine bessere Vorstellung von meinem Charakter hast.“
Polly antwortete nicht. Woher sollte sie ihn kennen? Raschid war voller Widersprüche, und mit seinen Einstellungen konnte sie oft nichts anfangen.
„Diese Frau, von der Jezra dir erzählt hat, gibt es nicht“, fuhr Raschid kühl fort. „Ich behaupte nicht, wie ein Mönch gelebt zu haben, aber ich würde nicht mit meiner Frau und danach mit einer anderen schlafen. Schon die bloße Vorstellung finde ich widerlich.“
Raschid war irgendwie nicht zu fassen. Er hatte seine Geliebte also aufgegeben, vermutlich auf König Reijas Druck … Jetzt hatte Polly keinen Grund mehr, die moralisch Entrüstete zu spielen.
„Ich bin müde und möchte in mein Zimmer“, sagte sie und wollte gehen.
„Du bleibst hier.“
„Nein. Wir haben über dieses Thema ausführlich genug geredet.“
Raschid zog die Brauen hoch. „Meinst du nicht, dass wir uns besser verstehen könnten, als es bisher der Fall gewesen ist? Mit Beschuldigungen und Vorhaltungen kommen wir nicht weiter.“
Polly schossen die Tränen in die Augen. Raschid suchte ja keine engere Bindung zu ihr. Da war es verständlich, dass sie ihm misstraute …
Er holte tief Luft. „Ich glaube, du bist wirklich müde. Der Abend war wohl doch zu anstrengend für dich gewesen.“
Ehe Polly wusste, wie ihr geschah, hob Raschid sie auf und trug sie ins Bett zurück.
„Ich rufe dich aus New York an“, versprach er.
„Die Mühe kannst du dir sparen“, gab Polly spitz zurück. „Wir wollten uns nichts vormachen, hast du das vergessen?“
„Wie du meinst.“
Polly wäre es lieber gewesen, wenn Raschid die Tür hinter sich zugeknallt hätte, aber dafür war er zu beherrscht.
Als der Muezzin die Gläubigen gegen Morgen zum Gebet rief, lag Polly immer noch wach und versuchte, sich darüber klar zu werden, wie sie zu Raschid stand.
„Ich leihe dir etwas, Polly“, bot Chassa freundlich an und kramte in ihrem Schrank. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du keinen Badeanzug hast? Ich besitze Dutzende.“ Sie warf eine Handvoll aufs Bett. „Ich kann es kaum erwarten, sie wieder zu tragen.“
Polly betrachtete Chassas schlanke Figur, der die Schwangerschaft kaum anzusehen war. „Aber das könntest du dir auch jetzt noch gut
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