Julia Gold Band 47
dich allein schlafen lassen sollen.“
„Von jetzt ab bist du vor mir sicher.“
Sie wich seinem Blick aus. „Und wenn ich … gar nicht möchte, dass … du mich allein schlafen lässt …?“
„Würde das nichts ändern.“ Als Polly zusammenzuckte, drehte Raschid sie so, dass sie ihn ansehen musste. „Glaub nicht, dass ich dich nicht mehr begehre. Das tue ich immer noch. Aber du hast mir einmal vorgeworfen, dich zu erniedrigen. Das lag wohl auch an unserer Situation. Unsere Ehe kann nicht von Dauer sein. Für uns gibt es keine gemeinsame Zukunft.“
„Weil du keine willst!“, rief Polly gequält.
Raschid ließ die Hand sinken. „So ist es. Du liebst Kinder und … ich habe dieses Problem schon einmal gehabt. Ich weiß nur zu gut, dass es keine Lösung gibt.“
Polly wäre nie auf den Gedanken gekommen, Raschid könnte sie als Mutter von Kindern sehen. Er hatte sie ausnahmsweise einen Blick in sein Innerstes tun lassen, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass Berah ihn selbst über den Tod hinaus nicht losließ. Polly musste sich der Wahrheit stellen. In Raschids Herzen war kein Platz für sie.
„Ich möchte nichts mehr von Berah hören“, erwiderte Polly heftig. „Sie war schwach und selbstsüchtig. Ob du es wahrhaben willst oder nicht, sie hat dich für jede andere Frau verdorben.“
Raschid reagierte erstaunlich beherrscht. „Ich weiß, dass du es nicht böse meinst. Du würdest nicht so reden, wenn du auch nur ahnen würdest, wie verzweifelt und unglücklich sie war. Sie hat mich nicht verdorben. Ich war es, der sie vernichtet hat. Ohne etwas dagegen zu unternehmen, habe ich zugesehen, wie sie sich von einem zufriedenen, unkomplizierten Mädchen in eine verbitterte, seelisch schwer gestörte Frau verwandelte.“
„Aber ich bin nicht Berah!“ Polly setzte alles auf eine Karte. „Ich liebe dich!“
Dem Geständnis folgte bedrückendes Schweigen. Sie schloss die Augen und wünschte, sie hätte die Worte nie ausgesprochen. Endlich sagte Raschid unpersönlich: „Du bist durcheinander und weißt nicht, was du redest.“
Polly war so verletzt, dass sie ihrem Herzen Luft machen musste. „So? Dir mögen Gefühlsregungen fremd sein, aber ich weiß genau, was ich empfinde.“
Raschids Züge verhärteten sich, und er griff nach seinem Umhang. „Schluss damit. Morgen früh wirst du bedauern, was du gesagt hast.“
Polly hatte nichts mehr zu verlieren. „Ich bedaure nur, mich in einen Mann verliebt zu haben, der unfähig ist, einer Frau Gefühle entgegenzubringen. Was hat Berah dir angetan?“
Getroffen zuckte Raschid zusammen, und seine Augen funkelten gefährlich. Er hasste sie jetzt, weil sie Wunden wieder aufriss, die nie ganz verheilt waren. Selbst jetzt, nach vier Jahren, konnte er es nicht ertragen, über Berah zu sprechen. Wie hatte sie, Polly, nur so dumm sein können, Raschid mit ihrem törichten Bekenntnis zu behelligen?
Irgendwann in der Nacht kehrte Raschid zurück. Still lag Polly bis Tagesanbruch da. Dann musste sie eingeschlafen sein, denn das Dröhnen von Rotorblättern weckte sie. Da es schon sehr heiß war, musste es ziemlich spät sein.
Raschid saß auf dem Bett und beobachtete sie. Benommen richtete sie sich auf. „Das Flugzeug …?“
„Aldeza ist einen halben Tagesritt von hier entfernt“, erklärte er. „Wenn wir fliegen, sind wir in einer halben Stunde dort.“
Beim Anblick Aldezas hielt Polly unwillkürlich den Atem an. Vor ihnen erhob sich ein märchenhaft anmutender weißer Marmorpalast mit Kuppeln und schlanken Minaretten. Steinerne Brunnen, in deren glatten Wasseroberflächen sich Teile des Palastes widerspiegelten, zierten die Vorderseite der prächtigen Anlage mit üppig blühenden Pflanzen und Schatten spendenden Bäumen. Rosen in jeder erdenklichen Farbschattierung prägten den Charakter der grünen Oase. Der Brunnenpalast wirkte wie ein kunstvoll geschliffener Diamant in einer erlesenen Fassung.
Der mächtige Bau lag auf einer Anhöhe und war vor vierhundert Jahren von einem Vorfahren Raschids errichtet worden. In den letzten fünfzig Jahren hatte der Palast jedoch leer gestanden. Polly konnte nicht begreifen, warum niemand aus der Familie ihn bisher erwähnt hatte.
Ehe sie durch das Portal traten, pflückte Polly sich eine Kletterrose. „Warum sind die Springbrunnen außer Betrieb?“
Raschid zuckte die Schultern. „Vermutlich müssen sie gewartet werden. Aber das lässt sich beheben.“
„Meinetwegen brauchst du das nicht zu
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