Julia Gold Band 47
Raschid zur Scheidung überreden wollte, hatte er seine Tochter nach Hause gebracht, ehe Raschid aus New York zurückkehrte. Achmed wusste nicht, dass Chassa schwanger war. Berah erfuhr davon durch die Bediensteten, und da sie ihre Medikamente vierundzwanzig Stunden nicht genommen hatte, hat ihr das wohl den Rest gegeben, und sie drehte durch. Vor Raschids Augen stürzte sie sich die Treppe hinunter und starb in seinen Armen.“
Polly fühlte sich elend. Jetzt schämte sie sich, Berah verurteilt zu haben. Verstört erwiderte Polly: „Davon hat er mir nichts gesagt.“ Asif seufzte. „Das darfst du ihm nicht verübeln. An einen Albtraum erinnert sich niemand gern. Raschid hätte sich niemals von Berah scheiden lassen. Sie hing so maßlos an ihm, wie sie sich Kinder wünschte. Er gab sich die Schuld an ihrem Tod, obwohl er alles Menschenmögliche getan hatte, um ihr zu helfen.“
Polly fiel das Atmen schwer. „Er suchte die Schuld bei sich, weil er ihr kein Kind schenken konnte.“
„Ich glaube nicht, dass ein Kind etwas geändert hätte“, widersprach Asif. „Berah war seelisch schwer gestört, und die Krankheit wäre vermutlich auch zum Ausbruch gekommen, wenn Berah Kinder gehabt hätte. Ich hoffe, Raschid hat das inzwischen erkannt. Er hat genug gelitten, während sie noch lebte.“
Als Polly betroffen schwieg, nahm Asif die Schachtel. „Ich muss jetzt gehen.“
Polly riss sich zusammen und begleitete ihn zum Hubschrauber.
Am nächsten Morgen hörte Polly das Flugzeug in aller Frühe landen. Instinktiv wusste sie, dass Raschid zurückgekommen war. Sie schlüpfte aus dem Bett, rief Zenobia und wies das Mädchen an, ihm auszurichten, sie käme in einer Viertelstunde.
Doch Raschid wartete nicht. Polly bürstete sich gerade das Haar, als er erschien. Einige Schritte vor ihr blieb er stehen, und ihre Blicke trafen sich im Spiegel. Langsam ließ sie die Bürste sinken und setzte sich auf die Ottomane.
Raschid stand steif da, und Polly fiel auf, dass seine rechte Hand verbunden war. Er betrachtete Polly von Kopf bis Fuß, und der Ausdruck in seinen Augen verriet ihr, dass er Bescheid wusste.
Sie trat die Flucht nach vorn an. „Ich nehme an, du hast es herausgefunden, denn für die Scheidung brauchst du ja eine ärztliche Bestätigung.“
Raschid wurde aschgrau und trat näher. „Polly, ich …“
„Bleib, wo du bist!“
Er gehorchte, und Polly senkte den Kopf, um sich durch Raschids Anblick nicht beeinflussen zu lassen. Nach allem, was sie durchgemacht hatte, genügte es ihr nicht, von Raschid nur deshalb akzeptiert zu werden, weil sie ein Baby erwartete. „Spar dir die Entschuldigungen“, fuhr sie fort. „Du kannst das Kind besuchen, aber ich könnte jetzt nicht mehr mit dir zusammenleben.“
Vorsichtig trat er näher. „Versuch doch, dich in mich hineinzuversetzen, Polly.“
„Komm mir nicht zu nahe!“, warnte sie ihn.
Raschid holte eine einzelne weiße Rose und einen rosa Teddybär hinter dem Rücken hervor und legte beides auf den Teppich. „Damit lege ich mich dir zu Füßen, Polly“, sagte er leise.
Hilflos blickte sie auf seine Versöhnungsgeschenke. „Damit kannst du mich nicht umstimmen“, flüsterte sie.
Raschid spürte ihre Zerrissenheit. Er ging vor Polly in die Hocke, legte die Arme um sie und bettete den Kopf in ihren Schoß. „Bitte verzeih mir“, beschwor er sie. „Ich konnte nicht an ein Wunder glauben. Glaub mir, ich würde alles geben, wenn ich die hässlichen Beschuldigungen aus deinem Gedächtnis streichen könnte, aber das ist unmöglich. Also bleibt mir nur, dich um Verständnis zu bitten. Zehn Jahre war ich der Meinung, kein Kind zeugen zu können, und habe nie daran gezweifelt. Mit diesem Wissen musste ich leben … bei Berah und über ihren Tod hinaus, Polly.“
Raschids schwarzes Haar streifte ihre Hände. Die aufrichtige Bitte rührte sie, und sie hatte das Bedürfnis, ihn zu berühren. Sanft legte sie die Hände auf seine Schultern. „Du hast mir schrecklich wehgetan“, flüsterte sie. „Ich war so glücklich … und dann hatte ich plötzlich das Gefühl, einen bösen Traum zu haben.“
Raschid hob den Kopf und sah sie reumütig an. „Es hätte der schönste Augenblick sein können, und ich habe alles zerstört. Aber zehn Jahre sind lang. Als der Arzt sagte, du seist schwanger, brach eine Welt in mir zusammen.“ Raschid seufzte tief. „Da war ich so schockiert, dass ich einfach keine andere Erklärung fand …“
„Es war nicht nur deine
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