Julia Gold Band 47
das erste Mal für dich“, sagte er und strich ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Ich hätte sanfter sein müssen.“
„Das ist es nicht!“ Emily entzog sich und verließ den Raum.
Den ganzen Tag ging sie ihm aus dem Weg, ja sie behandelte ihn fast wie Luft, während sie sich seiner Familie gegenüber freundlich und offen benahm. Das deprimierte ihn regelrecht. Seine Familie mochte Emily, sie mochte sie sogar sehr. Das gaben ihm seine Eltern und Geschwister deutlich zu verstehen. Sein Vater und seine Mutter tauschten Blicke. Sie hielten Emily für die ideale Ehefrau. Sie fanden, dass er keine bessere Wahl hätte treffen können.
Letzte Nacht hatte er das auch geglaubt. Nicht, weil er in Emily verliebt war, er glaubte ja nicht an die Liebe. Sie passten einfach gut zueinander. Aber heute behandelte sie ihn wie einen Fremden.
Als die Familie am Nachmittag endlich aufgebrochen war, wollte er mit ihr reden. Doch Emily war gleich in ihrem Zimmer verschwunden. Er wartete und wartete.
Gab es eine Vorschrift, wie man das Zimmer seiner Frau zu betreten hatte? Wenn ja, dann kannte er sie nicht. Deshalb klopfte er an.
Sie öffnete die Tür. In der Mitte des Raumes standen Umzugskartons. Er stieg über einen Stapel mit Büchern hinweg und warf einen heimlichen Blick in den begehbaren Schrank. Dort hingen die Kostüme, die sie früher im Büro getragen hatte. Er war erleichtert. Sie hatte also nicht vor auszuziehen. Sie räumte ihre Sachen ein.
„Bitte unterbrich die Arbeit. Ich möchte mit dir sprechen.“ Die Art, wie Emily ihn durch die randlose Brille ansah und sofort alles aus der Hand legte, zeigte ihm, dass sie sich beide hinter ihren alten Rollen verschanzt hatten. Er war wieder Chef, sie Assistentin. Fehlte nur noch, dass wir uns wieder siezen, dachte er bitter.
„Vergangene Nacht …“
Sie unterbrach ihn. „Die müssen wir vergessen. Du hast gesagt, kein Sex. Weißt du noch?“
„Als ich das gesagt habe, konnte ich nicht ahnen …“
„… wie bequem es ist, eine Frau griffbereit um sich zu haben?“ Ihr Stimme klang hart und bitter. Wo war die großherzige, liebevolle, ungehemmte, für Zärtlichkeiten empfängliche Frau geblieben, mit der er letzte Nacht geschlafen hatte?
„Ich wusste nicht, wie sehr ich dich begehre. Wie schön es mit dir ist. Wie viel wir …“
„Bitte hör auf damit“, sagte sie, und ihre Augen blitzten zornig. „Ich habe eingewilligt, dich zu heiraten und alles zu tun, was dazugehört, um den Wünschen deiner Familie zu entsprechen. Zu mehr bin ich nicht verpflichtet.“
Er raufte sich das Haar. „Natürlich nicht. Das habe ich nie behauptet. Und ich habe dich doch hoffentlich auch nicht zu etwas getrieben, was du nicht selbst wolltest.“ Er lehnte sich an die goldgrün gestreifte Tapete seines ehemaligen Gästezimmers und sah sie durchdringend an.
Sie erblasste. „Mach dir keine Sorgen. Ich gebe ja zu, dass ich schwach geworden bin. Wie du gemerkt hast, habe ich wenig Erfahrung. Ich bin wohl deinem Charme erlegen. Aber in Zukunft sorge ich dafür, dass du dein Wort hältst.“
„Warum, Emily? Warum nur?“
Sie hob den Kopf. „Weil wir uns nicht lieben. Du glaubst nicht an Liebe, aber ich. Und ich möchte keinen Sex ohne Liebe. Deshalb bin ich nicht stolz auf das, was letzte Nacht passiert ist. Aber es gibt noch andere Gründe, die du vielleicht leichter einsiehst. Erstens“, sie hob den Daumen, „könnte es zur Gewohnheit werden, miteinander ins Bett zu gehen. Zweitens“, sie hob den Zeigefinger, „arbeiten wir miteinander. Sex würde uns dabei nur stören und alles komplizierter machen. Und drittens“, sie hob den Mittelfinger, „lassen wir uns in einem Jahr scheiden. Und dann kannst du wieder mit so vielen Frauen schlafen, wie du willst.“
„Das hast du ja schön ausgerechnet“, spottete er.
„Ich bin noch nicht fertig damit, aber ich komme voran“, konterte sie.
Er meinte, nicht recht zu hören. „Ich muss dich gekränkt haben. Habe ich letzte Nacht …“
„Letzte Nacht war ein Fehler. Mehr gibt es nicht zu sagen!“
Er hätte schwören können, dass sie ihn jetzt am liebsten losgeworden wäre, um weiter auszupacken. Sie hätte alles getan, um nicht mit ihm sprechen zu müssen. „Ich bin anderer Ansicht“, sagte er. „Aber wenn du nicht reden willst, kann ich nichts machen.“ Dann schaute er auf die Uhr. „Wie sieht es mit dem Abendbrot aus? Wir sollten irgendwo essen gehen.“
„Lieber nicht“, sagte sie. „Ich werde etwas
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