Julia Gold Band 51
all den vielen Eindrücken der Kopf schwirrte, sah sie, dass sie sich in einem runden Raum mit drei wandhohen Glastüren im maurischen Stil befanden.
„Darf ich dir deinen persönlichen Garten zeigen?“, sagte Ali und führte sie nach draußen.
Der Garten war ein von Marmorpfaden durchzogenes Wunderwerk gärtnerischer und architektonischer Kunst mit sanft plätschernden Springbrunnen, blumenumrankten Pavillons und Teichen mit Lotusblüten, zwischen denen Pfauen und Gazellen frei herumspazierten. Aus respektvoller Entfernung beobachteten Alexis’ Dienerinnen, wie ihre Herrin und der Scheich, während sie in angeregtem Gespräch durch den Garten wandelten, einander plötzlich ansahen und lachten.
Nur gut, dass keiner ihre Unterhaltung hören konnte.
„Du hast dich vor mir verneigt“, sagte Ali. „Die Runde geht an mich.“
„Das würde dir so passen! Du hast dich zuerst vor mir verbeugt. Ich habe deinen höflichen Gruß nur erwidert.“
„Der Scheich verbeugt sich nicht vor einer Frau.“
„Trotzdem hast du es getan.“
Sie wandten beide gleichzeitig den Kopf, sahen sich an und brachen in Gelächter aus.
Mit großer Spannung warteten die Beobachter darauf, wie die Favoritin auf das Willkommensgeschenk des Scheichs reagieren würde. Statt kostbaren Schmuckes, wie es der Brauch war, hatte er einen Teppich für sie ausgewählt. Ein sehr wertvolles Stück zwar, für diesen Anlass jedoch höchst ungewöhnlich. Man rechnete allgemein damit, dass die Favoritin enttäuscht sein würde.
Stattdessen stieß sie beim Anblick des Teppichs einen lauten Freudenschrei aus und fiel dem Scheich um den Hals. Dieser lächelte ebenfalls. „Ich war nicht sicher, ob du es verstehen würdest“, sagte er, und man rätselte noch tagelang, was er damit gemeint haben könnte.
Als Alexis Stunden später – umgeben von ihren Dienerinnen, ihrer Friseuse, dem Hofschneider und ihrem persönlichen Koch – sinnend den Teppich betrachtete, fragte sie sich, wie weit Ali noch gehen würde, um sie für sich zu gewinnen. Dass er versucht hatte, ihren Kinderwunsch vom fliegenden Teppich zumindest sinnbildlich zu erfüllen, zeugte von seinem Humor.
Sie hätte alles als schönen Traum abtun können, als einen kurzfristigen Ausstieg aus dem Alltag, doch sie war keine Frau, die man nach einem kurzen Liebesabenteuer mit einigen wertvollen Geschenken abschieben konnte, wenn man von ihr genug hatte.
Und solange Ali sie hier gewaltsam festhielt, würde sie sich weder über seine Gefühle ihr gegenüber noch über ihre eigenen jemals klar werden. Und doch spürte sie, dass es ihr mit jedem Tag schwererfiel, ihm zu widerstehen.
Sie schreckte aus ihren Gedanken hoch, als Leena ihr meldete: „Prinz Yasir bittet Sie, ihn zu empfangen.“
Er näherte sich ihr wie ein kleiner Junge mit schlechtem Gewissen, doch seine Augen funkelten fröhlich. „Ich bin gekommen, um Ihnen meinen Tribut zu zollen“, sagte er. „Falls Sie mein Geschenk aus berechtigtem Zorn ablehnen, sehe ich mich gezwungen, mit meinem Pferd in die Wüste zu reiten und nie wieder aufzutauchen.“
„Reden Sie keinen Unsinn“, antwortete sie lachend.
„Ich flehe Sie an, mir mein unentschuldbares Benehmen von gestern zu verzeihen“, bat er übertrieben demütig.
„Eigentlich sollte ich es nicht tun.“
„Ich weiß, aber beschämen Sie mich mit Ihrer Güte, und nehmen Sie mein Geschenk an.“
Er reichte ihr eine verschwenderisch mit Juwelen verzierte Schärpe, die Alexis zu protzig fand. Aber war in diesem Land nicht alles übertrieben pompös? So akzeptierte sie sein Geschenk lächelnd und bewunderte es gebührend. Yasir war darüber sichtlich erleichtert.
Er nahm ihre Einladung zum Tee an, und schon bald unterhielten sie sich wie zwei alte Bekannte.
„Vermutlich hat Ihnen Ali unsere Familiengeschichte schon erzählt“, sagte Yasir. „Natürlich habe ich vor ihm als unserem Herrscher größten Respekt, aber manchmal kann ich der Versuchung nicht widerstehen, ihn ein wenig zu ärgern. Er weiß, dass es nicht böse gemeint ist.“
„Ich würde Ihnen gern glauben“, meinte sie, „aber ich habe Ihren Blick gesehen, als er Ihnen den Kinnhaken …“
„Ach, das hat nichts zu bedeuten. Wir haben uns schon als kleine Jungen oft gerauft. Manchmal fechten wir auch gegeneinander, oder wir reiten um die Wette. Ali hat herrliche Rennpferde, meine sind allerdings noch schneller.“
„Araberpferde!“, rief Alexis begeistert. „Sie sind in der ganzen Welt
Weitere Kostenlose Bücher