Julia Gold Band 51
Diebesgut in das Ferienhaus zurück und schlossen die Geräte wieder an. Hätte ein Außenstehender sie dabei beobachtet, wäre ihm aufgefallen, wie gut sie sich verstanden und sich gegenseitig halfen. Als Jalal die Scherben des zerbrochenen Spiegels im Schlafzimmer aufhob, war es für Clio selbstverständlich, ihm den Mülleimer zu bringen, damit er sie gleich hineinwerfen konnte. Und als er damit fertig war und sie die Splitter zusammenfegen wollte, reichte er ihr hilfreich die Kehrschaufel.
Später beim Abendessen mussten sie ihr Abenteuer natürlich einer faszinierten Hörerschaft erzählen. Brandon aß schnell und fuhr dann mit Jonah noch einmal zu Solitaire, um das Haus wenigstens einigermaßen zuzumachen. Morgen würde eine neue Haustür eingesetzt werden, und der Spiegel würde bis zum Wochenende erneuert sein.
Die Polizei kam, untersuchte die Fingerabdrücke und nahm auch das blutverschmierte Messer mit.
Für die Kinder war es eine aufregende Geschichte, und natürlich hatten sie viele Fragen an Jalal.
„Hast du dich mit Selbstverteidigung beschäftigt?“, wollte Ben wissen.
Er war nicht weit davon entfernt, Jalal als Helden zu feiern, das merkte Clio ihm an. Sie war davon zwar nicht begeistert, aber was hätte sie dazu sagen sollen? Sie war ohnehin vollkommen durcheinander und kämpfte mit widerstreitenden Gefühlen. Einerseits hatte Jalal Zara entführt und gefangen gehalten, andererseits hatte er sie heute vor einer schrecklichen Gefahr bewahrt. Diese beiden so grundverschiedenen Verhaltensweisen bei Jalal konnte sie einfach nicht zusammenbringen. Entsprechend zerrissen fühlte sie sich.
Als sie sich wieder der Unterhaltung zuwandte, ließ Jalal sich gerade von Ben überreden, ihm die Grundkenntnisse der Selbstverteidigung beizubringen. Natürlich wollten alle anderen nun auch mitlernen.
„Ich kann es allen beibringen“, meinte Jalal beschwichtigend. „Das geht, aber …“, er hob den Zeigefinger, und alle sahen Jalal aufmerksam an, „… jeder muss auch zum Unterricht kommen, es sei denn, er hat einen triftigen Grund fernzubleiben. Wenn ihr es wirklich lernen wollt, machen wir das auch, aber es gehört Disziplin dazu.“
Alle nickten zustimmend, und mit einem Mal war Clio verärgert. Was hatte er vor? Wollte er sich seine Anhänger nun aus ihrer Familie holen?
„Hast du deinen Leuten auch Selbstverteidigung beigebracht?“, fragte sie, nachdem die Kinder davongeeilt waren, um einen der Räume extra für den Unterricht aufzuräumen.
Jalal hörte sofort die erneute Feindseligkeit in Clios Ton und runzelte die Stirn. Sie waren allein in der großen Küche. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne fielen durchs Fenster. Grillen zirpten und ein Boot fuhr auf dem See vorbei, während sie im Schatten saßen und sich beobachteten.
„Ja, viele haben es von mir gelernt.“
„Wie schade, dass Zara nie einen Selbstverteidigungskurs belegt hat.“
„Deine Schwester ist eine tapfere und umsichtige Frau, aber Selbstverteidigung hätte ihr wenig genützt.“
„Du hast sie bewundert, ja? Wie weit ging denn deine Bewunderung?“
„So weit, dass ich ihr nie das hätte antun können, was dieser Einbrecher dir antun wollte. Setzt du mich im Geiste mit ihm gleich?“
Tat sie das? Clio schloss die Augen. Warum reizte sie Jalal schon wieder? Und das nach dem, was er heute für sie getan hatte? „Ist das, was du mit ihr gemacht hast, denn so anders?“, fragte sie zurück und fühlte sich restlos verwirrt.
Sichtlich erregt sprang Jalal auf. „Wenn du mir nicht vertraust, Clio, liegt das nur daran, dass du dir selbst nicht vertraust. In deinem Herzen kennst du die Wahrheit. Du hast kein Problem mit mir, sondern mit deinen innersten Gefühlen. Denk mal darüber nach, warum das so ist.“
Sie hörte seine leisen Schritte, als er die Treppe hinaufging, hörte, dass die Kinder ihm etwas zuriefen, und dann fiel eine Tür zu. Sie saß allein im Dämmerlicht. Einer der Hunde spürte, dass sie bedrückt war, und stieß sie mit der Schnauze mitfühlend an.
Die Kinder hatten vergessen, den Tisch abzuräumen. Aber dieses Mal würde sie das durchgehen lassen. Sie war froh, dass sie etwas zu tun hatte und allein sein konnte. Ohne das Licht anzumachen, räumte sie das Geschirr in die Maschine und schaffte ein wenig Ordnung in der Küche. Danach zog sie sich eine leichte Jacke über, nahm die Leinen der Hunde und stieß die Fliegentür auf.
Die Hunde liefen vor ihr her nach draußen und den gewohnten Pfad
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