JULIA HOCHZEITSBAND Band 20
fest. Nun verstand er auch, weshalb sie nicht den kleinsten Kratzer gehabt hatte.
„Sie hat mich im Park gefunden“, erklärte Colleen. „Sie schob mich auf den Beifahrersitz und nahm die Schuld auf sich. Sie wollte mich beschützen. Ich musste ihr versprechen, niemandem die Wahrheit zu sagen.“
„Aber sie wurde dafür aus der Schule geworfen.“ Ganz zu schweigen von den Vorwürfen, die sie von ihm zu hören bekommen hatte. Mit Entsetzen erinnerte Clayton sich an die Anschuldigungen und Beschimpfungen, die er ihr an den Kopf geworfen hatte. Er war ein Idiot gewesen. Damals wie heute.
„So ist die wahre Abby Hamilton“, sagte Colleen leise, während ihr Tränen über die Wangen liefen. „Sie ist die verlässlichste und liebevollste Freundin, die man nur haben kann.“ Sie schnäuzte sich. „Sie wird nicht begeistert davon sein, dass ich es dir erzählt habe. Aber ich finde, du solltest wissen, wie sie wirklich ist.“
„Ich weiß es bereits.“
„Sie ist jedes Risiko wert, Clayton.“
Anscheinend verstand Colleen mehr vom Versicherungsgeschäft als er selbst. Manche Risiken waren es wert, eingegangen zu werden. Aber würde er wirklich genügend Mut dafür aufbringen? Würde er es schaffen, sein Herz zu öffnen?
„Wenn du sie hierbehalten willst, wird es dich mehr kosten als einen Mietvertrag, Clayton. Du hast ihr wirklich das Leben schwer gemacht.“
„Ich schätze, abgesehen von den Büroräumen will Abby nichts mehr von mir.“ Er verdiente keine zweite Chance bei ihr, denn er selbst hatte ihr auch niemals eine gegeben.
„Es könnte schon zu spät sein“, warnte Colleen ihn. „Sie war vorhin fast mit dem Packen fertig.“
„Vielleicht sollte ich sie einfach abreisen lassen.“ Das wäre auf jeden Fall vernünftig. Und die sicherste Methode, nicht verletzt zu werden. Doch seine Schwester hatte recht. Es war an der Zeit, ein Risiko einzugehen.
Empörung war eine sehr schwache Beschreibung für Abbys Gefühle, als sie die Tür zu Claytons Büro aufstieß. Doch war sie wirklich wütend auf ihn, oder vielleicht auf sich selbst? Sie hätte schließlich seiner Bitte, zu ihm ins Büro zu kommen, nicht nachkommen müssen. Eigentlich hätte sie jetzt schon auf dem Weg zum Flughafen sein sollen. Weit weg von Clayton McClintock. Doch stattdessen war sie zu ihm gefahren.
Es war bestimmt das letzte Mal. Gleich nach ihrem Treffen würde sie abreisen.
„Clayton?“, rief sie, als sie die verlassene Empfangshalle seines Büros betrat. Es war bereits eine Stunde nach Büroschluss.
„Ich bin hier“, erklang es erstaunlicherweise nicht aus seinem Büro, sondern aus einem der Nebenräume.
„Hallo?“ Sie hatte nicht genau gehört, woher seine Stimme gekommen war.
„Hier hinten!“
Langsam wurde Abby ungeduldig. Sie öffnete die Tür, hinter der sie ihn vermutete, und stand in einem kleinen Arbeitszimmer. „Clayton, du bist nicht mein großer Bruder. Du kannst mich nicht herumkommandieren wie den Rest deiner Familie.“
„Stimmt. Und ich bin ziemlich froh darüber, dass ich nicht dein Bruder bin“, erklärte er und erhob sich von seinem Stuhl. Mitten in dem leeren Raum stand ein festlich gedeckter Tisch mit Kristallgläsern, brennenden Kerzen und zwei Gedecken aus edlem Porzellan.
Fasziniert und gleichzeitig fassungslos fragte Abby: „Was hat das alles zu bedeuten?“
„Ich möchte mich entschuldigen.“ Während sie noch immer auf den Tisch starrte, betrachtete Clayton sie. Sie war wunderschön: Ihr lockiges Haar fiel auf ihre nackten Schultern; ihr leichtes weißes Baumwollkleid, das ihren verführerischen Körper perfekt betonte, wurde nur von zwei dünnen Spaghettiträgern gehalten. Sein Herz klopfte.
Abby sah ihn an und hob entschlossen ihr Kinn. „Clayton, es ist zu spät.“
Er fühlte, wie der Druck in seiner Brust sich verstärkte und bekam kaum noch Luft. Abby würde ihm nicht zuhören. Sie würde fortgehen. „Meine Entschuldigung ist schon lange überfällig“, gab er zu. „Ich hätte …“
Abby war blass geworden. „Colleen hat dir alles erzählt.“
„ Du hättest es mir sagen sollen.“
Abby schüttelte den Kopf. „Es war ihr Geheimnis.“
„Ein Geheimnis, für das kein Grund bestand.“
„Na klar“, antwortete sie verächtlich. „Du wärst natürlich niemals auf die Idee gekommen, sie anzuschreien und zu beschimpfen …“
„Wie ich dich angeschrien und beschimpft habe?“ Bedauern und Reue klangen aus seinen Worten.
„Ich weiß, dass du damals unter
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