Julia James
Hotel und …"
"Nein, ich kann nicht mitkommen", lehnte Rosalind kategorisch ab.
"Wie bitte?"
"Es ist unmöglich. Nicht heute Abend."
"Ros, du kannst das Café doch früher schließen. Du musst mir helfen. Ich brauche dich!"
Rosalind wusste, dass sie sich unter gar keinen Umständen mit einem Kriminellen abgeben würde, nicht einmal wegen der siebentausend Euro, die sie ihm schuldete. "Ich kann es nicht", wiederholte sie. "Du musst wissen …" Verzweifelt suchte sie nach einer Ausrede. "Für heute Abend bin ich schon verabredet", improvisierte sie schließlich.
3. Kapitel
Rosalind wurde immer nervöser, als sie aus dem Taxi stieg und auf das mächtige Säulenportal des El Paraíso zuging. Hatte sie den Verstand verloren, sich wieder in das Kasino zu wagen?
Wie hatte sie Sable gegenüber nur behaupten können, sie könne Rostrov und seine Kumpane nicht treffen, weil sie schon verabredet sei? Natürlich hatte die Freundin prompt mehr wissen wollen. Daraufhin hatte sie ihr widerstrebend erzählt, sie habe im El Paraíso jemanden kennen gelernt.
Sable hatte sie erstaunt angesehen. "Hat er Geld?"
Notgedrungen hatte Rosalind genickt.
"Das ist ja wunderbar, Ros! Das könnte sehr hilfreich für dich sein." Sable hatte sich aufrichtig gefreut. "Hör mal, das ändert natürlich alles. Du gehst heute Abend mit diesem Mann aus. Ich sage Yuri, dass du das Geld, das du ihm schuldest, vielleicht schon sehr schnell zurückzahlen kannst. Das wird ihm gefallen. Bestimmt versteht er, dass du es dir nicht leisten kannst, den Mann sitzen zu lassen. Und das darfst du auf keinen Fall, Ros! Reiche Männer wollen dich ständig um sich haben. Glaub es mir, ich spreche aus Erfahrung." Ihre Augen hatten geleuchtet. "Ich bin wahnsinnig neugierig auf den Mann. Er muss etwas Besonderes sein, wenn er es geschafft hat, dass du mit ihm ausgehst. Meine Güte, ich wusste doch, dass du deine spießigen Vorstellungen sausen lässt, sobald du den Duft der großen, weiten Welt geschnuppert hast! Wenn du deine Karten klug ausspielst, Ros, hast du ausgesorgt. Und sei vorsichtig, er darf natürlich nicht merken, dass du auf sein Geld aus bist. Diese Männer möchten glauben, dass du dich auch für sie interessieren würdest, wenn sie bettelarm wären. Darin sind sie sehr empfindlich, und erst recht, wenn es um ihre Potenz geht, selbst wenn sie traurige Versager sind."
Zwei Stunden später hatte Sable angerufen und erklärt: "Du brauchst dir heute Abend wegen Yuri keine Sorgen mehr zu machen, Ros. Er will für eine Weile nach Monte Carlo, so dass du dich ungestört deinem Bekannten widmen kannst. Ich wünsche dir viel Glück. Du wirst bestimmt viel Spaß haben."
Rosalind hatte sich dazu nicht geäußert. Nur ein Gedanke beherrschte sie: Wie hatte sie so verrückt sein können, eine Verabredung mit Cesar Montarez vorzuschützen? Sie wusste ja gar nicht, ob er sie überhaupt sehen wollte. Er hatte sich nicht mehr gemeldet, seit er sie vor dem Café abgesetzt hatte. Möglicherweise hatte er sie längst vergessen. Und jetzt lief sie hinter ihm her. Bei der Vorstellung wurde ihr siedend heiß.
Als Rosalind sich dem Kasinoeingang näherte, kam der Portier ihr schon entgegen. "Entschuldigen Sie, Señorita, sind Sie in Begleitung?" fragte er höflich, verstellte ihr aber den Weg.
Rosalind blieb stehen. "Ich bin allein …"
Der Portier verneigte sich. "In diesem Fall, Señorita, kann ich Sie leider nicht einlassen."
Verständnislos sah Rosalind ihn an. "Ich bin über einundzwanzig." Hielt der Mann sie etwa für minderjährig?
"Bedauere, Señorita, aber nach der Hausordnung sind Damen ohne Begleitung hier unerwünscht."
Sie begriff, was er ihr zu verstehen geben wollte, und errötete. An diesem Abend trug sie nicht Sables viel zu auffallendes Outfit, sondern das einzige elegante Kleid, das ihr aus der Zeit geblieben war, als sie ihr Geld ausgegeben hatte, ohne an den nächsten Tag zu denken. Doch der nächste Tag war gekommen, und zwar so brutal, wie sie nie erwartet hätte. Das feine Material des eleganten Abendkleids umspielte ihre Beine wie damals in den glücklichen Zeiten, als sie die schönsten Orte an der spanischen Küste besucht hatte.
Energisch verdrängte Rosalind die schmerzlichen Erinnerungen. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
"Ich war vor kurzem schon einmal hier", wandte sie ein.
Der Mann ließ nicht mit sich reden. "Es tut mir Leid, Señorita", erwiderte er nur und blickte an ihr vorbei zu den bereitstehenden Taxis.
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