JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN BAND 56
ihm einen Gefallen, und er hatte keinen Gedanken daran verschwendet, ob sie ein passendes Outfit für den Anlass brauchte. Nicht eine einzige Sekunde hatte er darüber nachgedacht, dass Faith eine ganz normale Frau mit ganz normalen Wünschen war.
Andererseits entsprach ihr momentanes Verhalten so gar nicht der Faith, die er kannte. Hätte man ihn vor ein paar Tagen danach gefragt, wäre er wohl davon ausgegangen, dass sie in einem ihrer schlichten grauen Hosenanzüge oder langweiligen Kostüme und mit ihrer strengen Frisur auftauchen würde.
„Wann ist dein Friseurtermin?“
Sie wühlte in ihrer Handtasche. „Vergiss es einfach, ich sage ihn ab.“
Das schlechte Gewissen nagte an ihm. Es schien plötzlich sehr wichtig, Faith glücklich zu machen.
„Warum hast du denn so lange gewartet? Du hättest doch schon früher einkaufen gehen können.“
Faith sah ihn entgeistert an. „Das ist nicht dein Ernst, oder? Ist dir klar, dass ich jeden Abend bis zehn gearbeitet habe?“ Schnell fügte sie hinzu: „Nicht, dass ich meine Arbeit nicht gern tue, das weißt du. Es ist nur …“ Sie holte tief Luft. „Ich habe nichts Passendes anzuziehen für die Hochzeit, und ich wollte mir schon längst die Haare machen lassen.“
Unwillkürlich wanderte Vales Blick zu ihrem strengen Haarknoten. Er konnte sich nicht erinnern, sie je mit offenen Haaren gesehen zu haben. Was er plötzlich ganz dringend nachholen wollte. Würden ihre blonden Haare sich locken oder ihr glatt auf die Schultern fallen?
„Komm nicht zu spät zu deinem Friseurtermin“, murmelte er. „Aber lass dir die Haare nicht kurz schneiden.“ Warum hatte er das gesagt? Es ging ihn nun wirklich nichts an, wie sie ihre Haare trug. „Ich kümmere mich um deine Patienten.“
Sie errötete. „Das ist wirklich nicht nötig. Ich …“
„Faith, ich weiß, dass ich viel von dir verlange. Ich bin ein Sklaventreiber.“ Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Aber du hast recht. Du kannst deine Mittagspause so verbringen, wie du möchtest. Geh zum Friseur. Kauf dir ein Kleid …“
„Aber …“
„Und warte …“ Er zog seine Brieftasche heraus. „Nimm dir den Rest des Nachmittags frei und kauf dir gleich zwei Kleider. Auf Spesenkosten.“
Sie fuhr zurück. „Ich kann doch nicht dein Geld annehmen.“
„Sicher kannst du“, konterte er grinsend. „Tust du schließlich jeden Monat.“
„Das ist ja wohl etwas anderes.“
„Pass auf, es ist doch meine Schuld, dass du überhaupt ein neues Kleid brauchst. Da ist es nur fair, wenn ich auch dafür bezahle.“ Vale drückte ihr die Geldscheine in die Hand und schloss ihre Finger darum. Für einen Moment war er selbst schockiert, wie sehr er es genoss, sie zu berühren.
Seine heftige Reaktion auf Faith verwirrte ihn immer mehr.
„Also, los“, sagte er. „Geh shoppen. Ich hol dich dann nachher bei dir zu Hause ab.“
„Ja, Yoda“, beruhigte Faith den kleinen Hund, der aufgeregt um sie herumsprang, während sie ihr Spiegelbild betrachtete. „Ich erkenne mich selbst auch kaum wieder.“
Unglaublich, welchen Unterschied ein guter Haarschnitt und der Besuch bei einer Kosmetikerin machten. In den vergangenen Jahren hatte Faith ihrem Aussehen auch kaum Aufmerksamkeit gewidmet. Stattdessen hatte sie sich voll und ganz auf ihr Studium und ihren Beruf konzentriert. Nachdem sie den Traumjob bei Wakefield und Fishe ergattert hatte, war es auch nicht besser geworden.
Ein Wellness- und Shoppingnachmittag konnte offenbar wahre Wunder vollbringen.
Oder lag es einfach nur an den Kontaktlinsen, dass Faith ihr Spiegelbild plötzlich mit anderen Augen sah?
Früher in der Highschool und am College hatte sie häufig Kontaktlinsen getragen, in den letzten Jahren hatte sie aus Bequemlichkeit fast immer ihre Brille bevorzugt. Vor ein paar Wochen hatte sie beim Optiker wieder einmal Linsen gekauft, die allerdings bisher noch nicht zum Einsatz gekommen waren. Erst die Kosmetikerin hatte sie ermuntert, sie endlich zu benutzen.
Und dann waren da noch ihre neuen Kleider.
Kleider im Plural.
Zuerst war es ihr unangenehm gewesen, Vales Geld auszugeben, aber im Grunde hatte er recht. Nur seinetwegen brauchte sie überhaupt ein neues Outfit.
Allerdings hatte sie nicht nur eins gekauft, sondern gleich drei. Dazu neue Unterwäsche, in der sie sich plötzlich ungewohnt weiblich und verführerisch fühlte. Schließlich hatte sie sich von der Verkäuferin sogar noch zu einem Bikini überreden lassen, obwohl sie bezweifelte,
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