JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN BAND 56
nicht dazu. Sie hätten auch kaum Zeit gehabt, die OP-Liste war lang, darunter eine werdende Mutter, die wegen einer alten Wirbelsäulenverletzung mit Kaiserschnitt entbinden musste. Daisy sollte den Eingriff durchführen und erwartete, dass Ben für sie eine Lehrstunde daraus machen würde.
Allerdings machte er kaum den Mund auf, nickte nur gelegentlich zustimmend oder schlug etwas vor. Schließlich streifte er sich die Handschuhe ab. „Gute Arbeit“, sagte er, schon halb auf dem Weg nach draußen. „Du kannst die Wunde schließen, ich brauche einen Kaffee. War ziemlich spät gestern.“
Böser Junge. Daisy war froh, dass der Mundschutz ihr Lächeln verbarg.
Als sie fertig war, warf sie ihre Handschuhe in den Abfalleimer und machte sich auf den Weg in den Personalraum. Ben sah sie kommen, füllte eine zweite Tasse mit Kaffee und reichte sie ihr.
„Schön“, bemerkte er. „Geschickte Hände. Du erinnerst mich an meinen Vater.“
„Aha.“ Sie wusste nicht, ob sie sich geschmeichelt fühlen sollte.
„Er ist ein hervorragender Tierarzt.“
„Wie James Herriot? Der Doktor und das liebe Vieh, Scheunen aus Stein und grantige Farmer?“ Damit spielte sie auf einen berühmten Tierarzt aus den Yorkshire Dales an.
Ben lachte. „Seit den Vierzigern des letzten Jahrhunderts hat sich vieles geändert. Aber du hast das Zeug zu einer exzellenten Chirurgin.“
„Verlang bitte nicht von mir, dass ich Kälber auf die Welt hole.“
Das alberne Geplänkel war genau, was sie brauchte, um nicht an das zu denken, was gestern Abend passiert war … beziehungsweise nicht passiert war. Doch die Spannung zwischen ihnen blieb, dieses Knistern, als wäre die Luft voller Funken, die jeden Moment ein loderndes Feuer zünden würden.
„Hey, ist schon gut“, flüsterte er, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
Plötzlich ging die Tür auf, und der Anästhesist steckte den Kopf ins Zimmer. „Sie ist fit, alles bestens“, verkündete er mit erhobenem Daumen. „Seid ihr so weit für die nächste?“
Ben stand auf und ging, um sich steril zu machen, und Daisy trank den letzten Schluck Kaffee, bevor sie ihm folgte. Die gefühlvolle Stimmung war verflogen.
Für den Augenblick.
Ben schloss die Haustür hinter sich, drehte den Kopf hin und her und legte die Hand in den Nacken, um die verspannten Muskeln zu lockern.
Fast den ganzen Tag hatte er im OP gestanden, was nach der Kistenschlepperei am Wochenende besonders kräftezehrend gewesen war. Oder lag es daran, dass er letzte Nacht kaum ein Auge zugetan hatte, weil ihm Daisy nicht mehr aus dem Sinn gegangen war?
Er stöhnte unterdrückt auf. Nein, darüber sollte er jetzt wirklich nicht nachdenken. Es war schwer genug gewesen, Seite an Seite mit ihr zu arbeiten, er musste sich nicht weiter quälen, indem er den ganzen Abend gefährlichen Fantasien nachhing.
Ben setzte Wasser auf, erledigte den Anruf beim Klempner, der um Rückruf gebeten hatte, und machte sich eine Tasse Tee. Gerade hatte er sich im Wohnzimmer in seinen Sessel fallen lassen, als sein Handy klingelte.
„Na, wie ist das neue Haus?“
Mit einem erstickten Lachen betrachtete er die hässliche Tapete aus den Siebzigerjahren. Und wenn er die Augen schloss, sah er seine demolierte Küche vor sich. „Sagen wir, es hat Potenzial“, antwortete er lakonisch.
„Ups.“
„Genau. Der Badewannenabfluss war marode.“
„Und?“
„Jetzt habe ich keine Küchendecke mehr.“
„Okay …“ Sein Bruder bemühte sich, nicht zu lachen – Ben hörte es ihm an und spürte, wie seine eigenen Mundwinkel zuckten.
„Du kannst mich ja besuchen und es dir ansehen.“
Ende der Bemühungen. Ein schallendes Lachen drang durch die Leitung. „Bloß nicht! Nachher verlangst du noch von mir, Tapeten abzureißen und Küchenmöbel zu rücken“, meinte Matt amüsiert. „Und der Job? Alles paletti?“
„Ja, sehr. Der leitende Oberarzt hat was von einer ältlichen Matrone, aber die Oberärztin ist großartig. Ein tolles Team.“
„Und die Nachbarn? Hast du schon jemanden kennengelernt?“
„Zufällig … ja. Die Oberärztin ist auch meine Nachbarin. Sie wohnt nebenan.“
„Tatsächlich?“
Ben verdrehte die Augen. „Jaha. Sie war sehr hilfsbereit, als das Malheur mit dem Abfluss passiert war. Ich habe sie zum Essen eingeladen – um mich zu bedanken“, fügte er schnell hinzu.
„Und?“ Matts Neugier hatte sich hörbar gesteigert.
„Nichts.“
„Ach, komm schon, Bruderherz“, neckte Matt. „Mir kannst du
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