Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 04
erfreut auf. „O wie tapfer von ihr!“
„Es ist noch zu früh, um sie ins Tal zu treiben. Die Saison beginnt gewöhnlich erst in zwei Wochen.“
„Ist es ihnen auch warm genug?“, fragte sie. Da die Tiere sich alle dicht aneinandergedrängt hatten, war es in gewisser Weise warm geblieben. Doch die beiden Lämmer waren so winzig.
„Lämmer überleben sogar unter schwierigeren Bedingungen“, sagte Arash. „Aber sie haben eine bessere Chance, wenn sie in den nächsten Tagen warm gehalten werden.“
Sie folgte seinem Kopfnicken. In einer der Ecken stand ein gusseiserner Ofen. Dahinter war Kohle und Holz gestapelt.
„Ich hatte gehofft, wir könnten sie mit in die Küche nehmen!“, gestand Lana.
Arash warf ihr einen amüsierten Blick zu. „Versuch das mal ihrer Mutter klarzumachen.“
Er schritt zu dem Herd hinüber, nahm die Deckplatte ab und schaute hinein. Dann öffnete er die Tür und hockte sich davor, um die Asche herauszurütteln. Lana sah deutlich die Glut im Ofen.
„Nun, daran können wir erkennen, dass Sulayman oder jemand anders gestern noch hier war“, stellte er fest, nahm ein paar Stücke Holz und legte sie in die Glut.
Lana trat zu ihm, um ihm zu helfen. Sie suchte nach trockenen Blättern und Zweigen unter den Holzscheiten und reichte sie Arash. Nach ein paar Minuten begann das Feuer zu knacken und zu knistern.
Für die Tiere war reichlich Futter ausgeteilt worden. Derjenige, der sich bisher um die Tiere gekümmert hatte, hatte offenbar damit gerechnet, dass er nicht sofort zurückkehren würde. Aber sie füllten Futter nach und häuften neues Stroh auf. Mit den Eimern, die neben der Tür standen, gingen sie nach draußen in den Schnee.
Die ganze Zeit arbeiteten sie schweigend, doch jeder schien den anderen ohne Worte zu verstehen, und das machte Lana wehmütig. Zu gern hätte sie ihm gestanden, dass sie ihn liebte. Aber sie fragte sich, ob das etwas geändert hätte.
Arash ging hinüber zu einem schmalen Fluss, der in einem kleinen Wasserfall über eine terrassenartige Mauer herunterplätscherte. Dort füllte er die Eimer. Lana schaute ihm dabei zu und folgte ihm zum Haus zurück.
Während Arash dort die Wassertröge füllte, bemerkte Lana, wie sein Blick unwillkürlich zu der Wand hinüberglitt, in deren Mitte sich ein kreisrunder Schatten befand. Sie konnte zwar Arashs Gesichtsausdruck nicht erkennen, aber ihr fiel auf, wie sein Rücken sich straffte und er sich absichtlich von ihr abwandte.
„Was hing dort, Arash?“, fragte sie, ohne lange nachzudenken.
Arash wandte sich ihr zu. Er schien wie aus einem Traum aufzuwachen. „Wie bitte?“
Sie deutete auf die Wand. „Was hat dort gehangen?“
„Das Wappen von Aram“, antwortete er. „Es hat über zweihundertfünfzig Jahre dort gehangen.“
Seine Stimme klang tonlos, aber dennoch verstand sie sofort, dass es ein besonders kostbarer Schatz gewesen sein musste, dessen Verschwinden er als großen Verlust betrachtete.
„Ist es verkauft worden?“, fragte sie leise.
„Verkauft? Nein, kein al Koshravi kann das Wappen von Aram verkaufen. Nur dadurch haben wir unsere Herrschaft und die rechte Führung. Einmal, vor langer Zeit, wurde es gestohlen, aber der Dieb hat es zurückgebracht. Jetzt ist es wieder verschwunden. Wer weiß, wo es ist!“
8. KAPITEL
Schweigend und in Gedanken versunken begann Lana, nachdem sie in die Küche zurückgekehrt waren, das Essen vorzubereiten, während Arash die Paraffinheizkörper füllte und einen davon in die Küche trug. Den anderen beließ er im Nebenraum, wo sie ihn kurz darauf Möbel rücken hörte.
In verschiedenen Kammern und Lagerräumen hatten sie einiges an Vorräten gefunden, das ihnen für die nächsten Tage reichte. In einem Raum hingen auch getrocknete Kräuter und Knoblauchzehen zusammen mit ein paar Stücken Fleisch von der Decke.
Arash schaute hinauf: „Die Bewachung des majlis kostet auch einen Preis.“
„Wenn du mir eins davon herunterholst“, hatte Lana trocken versetzt. „… wird mir schon etwas einfallen, wie ich es uns zum Abendessen zubereiten kann.“
Doch im Augenblick konzentrierte sie sich auf ihr Mittagessen. Es war schön, so zusammenzuarbeiten, gemeinsame Aufgaben zu bewältigen. Das hatte sie sich schon damals in London erträumt, als sie sich in Arash verliebt und von der Erwiderung ihrer Gefühle geträumt hatte. Sie hatte sich schon ausgemalt, wie es sein würde, mit ihm auf einer kleinen Farm zu leben und ein paar Kinder zu haben, die vielleicht
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