Julia Quinn
sind.«
»Na gut«, räumte Penelope ein. »Setz
sie in deinem Schlafzimmer ab, Blake. Dann will ich wissen, was hier vor sich
geht. Und keinen Unfug mehr über Honig und zahme Vögel.«
Caroline nieste.
Blake wandte sich an seine Schwester
und schlug vor: »Vielleicht könntest du ihr etwas Tee holen?«
»Ha! Wenn du denkst, dass ich sie
hier mit euch beiden allein lasse ...«
»Ich werde Tee holen«, schritt James ein,
bevor der Wortwechsel in ein hitziges Gefecht ausarten konnte.
Sobald er gegangen war, wandte
Penelope ihre Aufmerksamkeit Blake und Caroline zu. Sie musterte sie aus
schmalen Augen und verlangte zu wissen: »Habt Ihr beide eine Affäre?«
»Nein!« gelang es Caroline zwischen
zweimal Niesen auszurufen.
»Dann sollten Sie vielleicht
anfangen, mir Ihre Anwesenheit zu erklären. Ich hatte Sie als eine Dame von
strengen moralischen Grundsätzen eingeschätzt, und es kostet mich all meine
Toleranz und Großzügigkeit, meine Meinung nicht zu ändern.«
Caroline schaute zu Blake. Sie würde
seine Geheimnisse nicht ohne seine Erlaubnis preisgeben. Aber er stöhnte nur
auf, verdrehte die Augen und sagte: »Wir können ihr genauso gut gleich die ganze Wahrheit
erzählen. Der Himmel weiß, sie wird ohnehin alles irgendwann aus irgendjemandem
herausquetschen.«
Die ganze Geschichte zu erzählen dauerte zwanzig Minuten. Es hätten vermutlich auch fünfzehn gereicht, wenn James nicht
zwischendurch mit dem Tee gekommen wäre – zu dem Mrs. Mickle dankenswerterweise
ein paar frische Teekuchen gelegt hatte –, und das Erzähltempo erlahmte etwas,
während alle davon aßen.
Penelope stellte während der
Erzählung keine Fragen, bis auf »Milch?« und »Zucker?«, was eigentlich nicht
zählte, da sie den Tee ausschenkte.
Blake, James und Caroline auf der
anderen Seite unterbrachen sich gegenseitig erstaunlich häufig. Trotzdem war
es ihnen nach knapp zwanzig Minuten gelungen, die Ereignisse der vergangenen
Wochen zur Zufriedenstellung aller Hauptbeteiligten darzustellen.
Als sie geendet hatten, studierte
Caroline Penelopes unergründliche Miene mit einer Mischung aus Neugier und
Furcht. Sie mochte Blakes Schwester sehr gerne, und die Vorstellung, die
Countess würde nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen, schmerzte sie.
Aber Penelope überraschte sie alle,
indem sie leise »Ich verstehe« murmelte, gefolgt von einem noch leiseren »Hmmm.«
Caroline beugte sich vor.
James beugte sich vor.
Blake begann sich vorzubeugen,
merkte jedoch gerade noch rechtzeitig, was er im Begriff stand zu tun, lehnte
sich wieder zurück und schnaubte abfällig. Er kannte die Winkelzüge seiner
Schwester zu gut.
Schließlich holte Penelope tief
Luft, wandte sich zu Blake um und sagte: »Es war abscheulich von dir, deiner
Familie nichts von deiner Tätigkeit für die Regierung zu erzählen, aber auf
dieses deiner Vergehen will ich jetzt nicht näher eingehen.«
»Wie überaus freundlich von dir«,
bemerkte er.
»Es ist in der Tat ein glücklicher
Umstand für dich«, fuhr sie fort, »dass die Gedankenlosigkeit, die hinter
deiner Heimlichtuerei steckt, von etwas viel Schwerwiegenderem überschattet
wird.«
»Tatsächlich?«
Penelope starrte ihn finster an,
während sie mit dem Finger erst auf den Marquis zeigte, dann auf ihren Bruder. »Einer von euch beiden«, verkündete sie, »wird sie heiraten.«
Caroline, die angelegentlich die
Spitzen ihrer Schuhe betrachtet hatte, um ihr »Habe ich es nicht gesagt« –
Lächeln zu verbergen, während Blake von seiner Schwester gescholten wurde, riss
den Kopf hoch. Der Anblick, der sie erwartete, war alles andere als beruhigend.
Penelope zeigte mit dem Zeigefinger
auf sie, und Blake und James waren blass geworden.
An diesem Abend führte Blake eine außerordentlich
unerfreuliche Unterhaltung mit seiner Schwester. Sie versuchte ihn davon zu
überzeugen, dass er Caroline so schnell wie möglich heiraten müsse, während er
sich größte Mühe gab, sie nicht weiter zu beachten.
Er machte sich keine allzu großen
Sorgen über den Ausgang dieses jüngsten Debakels. Er hatte geschworen, nie zu
heiraten; Penelope wusste das, Caroline wusste das, James wusste das. Himmel,
die ganze Welt wusste es. Und James würde sich von der Schwester seines besten
Freundes ganz bestimmt nicht zu etwas drängen lassen, was er eigentlich gar
nicht tun wollte. In der Tat bestand Penelopes einzige Möglichkeit, dafür zu
sorgen, dass Caroline rasch heiratete, darin, Gerüchte in die Welt zu
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