Julia Quinn
tatsächlich nicht
wieder gehen, nicht wahr?«
»Nein. Sie scheint eine äußerst
hartnäckige Frau zu sein. Sie geht bestimmt nicht, ehe sie dich gesehen hat. Es
würde mich nicht wundern, wenn sie Kleidung zum Wechseln mitgebracht
hätte!«
»Dann werde ich mich jetzt wohl
frisieren und dann nach unten gehen müssen«, stellte Elizabeth seufzend
fest.
Susan trat an Elizabeths kleine
Frisierkommode und griff nach der Bürste. »Ich helfe dir.«
Elizabeth ahnte, dass das nur ein
Trick von Susan war, weil diese Neuigkeiten von ihr erfahren wollte. Susan
hatte ihr noch nie angeboten, sie zu frisieren. Aber das Bürsten fühlte sich so
gut, an, dass Elizabeth beschloss, sich darauf einzulassen. Es kam selten genug
vor, dass jemand etwas für sie tat.
Elizabeth zählte die Bürstenstriche.
Sie war gespannt, wie viele es brauchen würde, bis Susan anfing, Fragen zu
stellen. Ein Bürstenstrich, zwei, drei vier – aha, vor dem fünften zögerte sie
etwas, bestimmt ging es gleich los ...
»Hat der
Besuch von Mrs. Ravenscroft etwas mit den Ereignissen
von gestern Abend zu tun?«
Fünf Bürstenstriche. Elizabeth war
beeindruckt. Mehr als drei hätte sie Susan nicht zugetraut.
»Lizzie,
hast du mir zugehört?«
»Ich habe nicht die geringste
Ahnung, warum mich Mrs. Ravenscroft besucht«, log sie.
»Hm.«
»Au!«
»Entschuldigung.«
»Gib her!« Elizabeth nahm ihrer
Schwester die Bürste weg. »Und die Haarnadeln auch. Im Umgang mit so spitzen
Gegenständen traue ich dir nicht.«
Susan trat stirnrunzelnd einen
Schritt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich kann mich nicht richtig
konzentrieren, wenn du mich so wütend ansiehst«, murmelte Elizabeth.
»Auch
gut.«
»Susan Mary
Hotchkiss!«
»Sprich
nicht so mit mir, als wärst du meine Mutter.«
Tief durchatmend strich sich
Elizabeth über die Stirn. So etwas hatte ihr an diesem Morgen gerade noch
gefehlt. »Susan, ich werde dir sagen, was du wissen musst, wenn ich dazu in der
Lage bin«, teilte sie ihr ruhig mit.
Susan sah sie eine Weile schweigend
an und dachte offensichtlich über ihre Worte nach.
»Das ist im Moment das Einzige, was
ich dir anbieten kann«, fügte Elizabeth hinzu und befestigte die letzte
Haarnadel. »Also könntest du wenigstens ein bisschen Anstand zeigen und
versuchen, meine Lage zu verstehen.«
Susan nickte und wirkte etwas
zerknirscht. Sie trat zur Seite, als Elizabeth das Zimmer verließ, und folgte
ihr nach unten.
Caroline saß auf dem Sofa im
Wohnzimmer und schrieb eifrig in ein ledergebundenes Notizbuch, als Elizabeth
eintrat.
Beim Klang ihrer Schritte sah
Caroline auf. »Sie sind wohl nicht allzu überrascht, mich zu sehen, nehme ich
an.«
Elizabeth lächelte leicht. »Ich
hatte Sie nicht erwartet, aber jetzt, wo Sie da sind – nein, ich kann nicht
sagen, dass ich überrascht bin.«
Caroline
legte den Stift beiseite und klappte ihr Buch zu. »Blake hat mir alles
erzählt.«
»Ja, er sagte, dass er das tun
würde. Ich ...« Sie verstummte und sah sich mit ärgerlichem Blick nach
Susan um, die untätig in der offenen Tür stand. Ihre Schwester zog sich
daraufhin hastig zurück, dennoch wandte Elizabeth sich wieder an ihren Gast.
»Hätten Sie Lust, ein wenig spazieren zu gehen? Ich weiß nicht, welcher Art Ihr
Gespräch mit mir sein wird, aber wenn es sich um etwas sehr Privates handelt,
sollten wir unbedingt lieber draußen reden!«
Caroline lachte. »Ich liebe
Familien. Sie sind immer so herrlich neugierig.« Sie erhob sich etwas
schwerfällig und legte sich dabei die Hand ins Kreuz. »Bestimmt wünschen Sie
Ihre momentan bis ans Ende der Welt, aber ich bin nie in einer richtigen
Familie groß geworden, und ich finde es wunderbar, wenn jemand so an einem
interessiert ist, dass er sogar bereit ist zu lauschen!«
»Ich nehme an, das kommt ganz auf
die Stimmung an, in der man gerade ist«, räumte Elizabeth ein.
Caroline strich sich über den Bauch.
»Das ist einer der Gründe, warum ich mich so sehr auf dieses Kind freue. Ich
habe keine Familie, die hinter mir steht, also schaffe ich mir selbst
eine.«
Sie verließen das Haus und gingen
los. Caroline hielt immer noch ihr kleines schwarzes Buch in der Hand. Als sie
vom Haus aus nicht mehr zu sehen waren, wandte sie sich Elizabeth zu. »Ich
hoffe, Sie sind nicht gekränkt wegen James' Schenkung.«
»Ich wüsste nicht, wie ich anders
darauf reagieren könnte.«
Caroline sah aus, als wolle sie ihr
einen Vorschlag machen, doch dann schüttelte sie leicht
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