Julia Saison Band 05
okay? Ich war so verdammt wütend auf den Kerl, weil er dich so schlecht behandelt hat. Und dann auch noch verschwunden ist, als du ihn wirklich gebraucht hast …“
„Aber … aber du hast doch gesagt, dass du nach ihm suchst …“
„Und das habe ich auch getan. Ein Jahr lang oder so. Doch dann sind Monate vergangen, ohne dass ich irgendeinen Hinweis gefunden habe. DeDe ist auf die Welt gekommen. Dir ging es gut. Da habe ich angefangen zu denken, dass es dir ohne ihn besser geht. Also habe ich die Akte weggeschmissen. Du hast mich immer wieder gefragt, ob ich ein Lebenszeichen von ihm gefunden habe. Ich habe immer Nein gesagt. Dabei habe ich nur nicht erwähnt, dass ich gar nicht mehr nach ihm suche.“
Kelly verbarg das Gesicht in ihren Händen. „Oh Tanner. Oh nein …“
Er schwieg. Er saß einfach nur neben ihr und wartete.
Schließlich ließ sie die Hände sinken. „Wie konntest du nur?“
Er zuckte nicht zusammen, sondern sah sie nur ruhig und ernst an. „Weil ich gedacht habe, dass ich weiß, was am besten für dich ist.“
Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen.
„Wenn du mich jetzt hasst, verstehe ich das.“
Sie fuhr sich über die Augen und antwortete gepresst: „Wie soll ich dich hassen? Du bist doch mein Bruder. Ich habe dich lieb, egal was passiert.“
Und dann brach es aus ihr hervor: „Aber … aber Tanner, wie konntest du nur?! Das hätte so viel für mich geändert! Mein ganzes Leben wäre anders verlaufen! Herrgott! Im Augenblick bin ich echt wütend auf dich! Und so bald werde ich dir nicht verzeihen können.“
„Das verstehe ich. Und es tut mir leid“, sagte er niedergeschlagen. „So verdammt leid. Doch das hilft auch nichts.“ Er stand auf. „Ich sehe es dir an; du willst, dass ich jetzt gehe.“
Sie stand auch auf.
„Ich werde ihn finden. Mit ihm reden. Wie ich das schon vor Wochen hätte tun sollen.“
„Mach, was du willst“, sagte Kelly. „Aber ich glaube nicht, dass das etwas ändert.“
„Verdammt, Kell. Es tut mir so leid.“
„Es ist nicht alleine deine Schuld. Die Wahrheit ist, dass ich wirklich nicht nach ihm gesucht habe. Das habe ich dir überlassen, obwohl ich genau gewusst habe, was du von ihm hältst. Ich war wütend auf ihn. Weil er mich verlassen hat. Weil ich sein Baby bekommen würde und er einfach weg war. Ich wollte ihn nicht selbst suchen. Wir haben alle Schuld. Wir haben alle Fehler gemacht. Mitch. Du. Und ich auch. Das sehe ich jetzt ein. Schade nur, dass das jetzt wohl keine Rolle mehr spielt.“
Sonntagabend um neun Uhr saß Mitch am Schreibtisch in seinem Eckbüro im obersten Stockwerk in Century City.
Um diese Zeit waren das Büro und mehr oder weniger das gesamte Gebäude verlassen. Ehrlich gesagt hatte auch er keinen Grund, hier zu sitzen und den riesigen Flachbildschirm seines Computers anzustarren.
Aber im Büro zu sein war einfach immer noch besser, als nach Hause in sein futuristisch gestaltetes Anwesen in Malibu zu fahren.
Er vermisste seine Tochter.
Und er vermisste Kelly.
Er konnte nicht mal Crystal anrufen, sie zum Essen ausführen, ihrem verrückten Gerede zuhören und … sich nicht so allein fühlen. Denn sie lebte ja jetzt in Sacramento.
Ein rotes Licht leuchtete auf seinem Telefon auf: der Sicherheitsdienst unten im Erdgeschoss. Er drückte auf die Lautsprechertaste. „Ja bitte?“
„Mr Valentine, hier ist ein Tanner Bravo, der Sie sehen will.“
Sein Herz fing an zu rasen. Kelly, dachte er. DeDe. War ihnen etwas passiert?
Aber nein. Im Falle eines Unfalls hätte man ihn angerufen. Dann würde nicht plötzlich ausgerechnet Tanner hier auftauchen.
Und woher weiß der Typ, fragte sich Mitch, dass ich am Sonntagabend um neun Uhr in meinem Büro hier in L.A. bin?
Nachdem er Mitch zehn Jahre lang nicht finden konnte, hatte Tanner das jetzt auf einmal ziemlich schnell geschafft. Warum? Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. „Schicken Sie ihn hoch.“ Mitch drückte die Lautsprechertaste ein zweites Mal und stand auf, um Kellys Bruder am Aufzug abzuholen.
Die Türen des Aufzugs öffneten sich. Tanner verlor keine Zeit. „Wir müssen uns unterhalten.“
„Hier entlang.“ Mitch führte ihn ein paar Korridore entlang zur offenen Tür seines Büros. Er trat einen Schritt zurück, damit Tanner vor ihm ins Zimmer gehen konnte. „Setz dich.“
Kellys Bruder schüttelte den Kopf. „Was ich dir zu sagen habe, sage ich lieber nicht im Sitzen.“
„Ach ja?“
„Wir sollten uns dabei gegenüberstehen.
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